Anwohner sauer: Ärger um neue Flüchtlings-Unterkunft in Farmsen-Berne
Ärger um die neue Unterkunft: Am Luisenhof in Farmsen-Berne wird 2023 eine Unterkunft für Geflüchtete mit über 300 Plätzen errichtet. Vor Kurzem hatte schon die Einrichtung einer Unterkunft für bis zu 40 minderjährige Geflüchtete für Unmut im Viertel gesorgt. Die Anwohnenden befürchten eine Stigmatisierung ihres Viertels, Wertverfall ihrer Grundstücke und den Verlust einer Grünfläche. Die MOPO war vor Ort.
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Ärger um die neue Unterkunft: Am Luisenhof in Farmsen-Berne wird 2023 eine Unterkunft für Geflüchtete mit über 300 Plätzen errichtet. Vor Kurzem hatte schon die Einrichtung einer Unterkunft für bis zu 40 minderjährige Geflüchtete für Unmut im Viertel gesorgt. Die Anwohnenden befürchten eine Stigmatisierung ihres Viertels, Wertverfall ihrer Grundstücke und den Verlust einer Grünfläche. Die MOPO war vor Ort.
Etwa 50 bis 60 Anwohnerinnen und Anwohner aus Farmsen-Berne sitzen in einer Sporthalle am Berner Heerweg. Der Bezirk Wandsbek berichtet über Pläne für die neue Unterkunft. Die Stimmung ist angespannt, zwei Polizeibeamte begleiten den Abend.
Sie hätten Angst vor Stigmatisierung, klagen die Farmsen-Berner: In letzter Zeit würden in ihrem Stadtteil besonders viele Geflüchtete untergebracht. Im etwa zwei Kilometer entfernten Pulverhofsweg sind vor einigen Wochen 20 unbegleitete minderjährige Geflüchtete in einen Neubau gezogen, zum Unmut der Nachbarn. Rund 70 Anwohnende der beschaulichen Wohnstraße hatten einen Einwand an den Bezirk verfasst. „Man ist zwiegespalten“, sagt eine Anwohnerin der MOPO. „Die Geflüchteten müssen irgendwo hin, aber warum ausgerechnet hier in so ein schickes neues Haus?“ Sie befürchtet, dass durch die jungen Flüchtlinge der Wert der umliegenden Grundstücke sinken könnte.
Neue Flüchtlingsunterkunft: Anwohner haben Bedenken
Heike Opitz, stellvertretende Bezirksamtsleiterin in Wandsbek, versucht, die Wogen zu glätten: „Ich weiß, dass es große Bedenken aus der Bevölkerung gibt. Dem wollen wir uns heute widmen.“ Andrea Steinbeck (46) gehört zu den vielen, die die Pläne der Behörde ablehnen: „Wir werden nicht eingebunden. Die Infrastruktur in Farmsen-Berne ist sowieso nicht gut, wir bekommen keine Plätze für die Kinder in Kitas und Turnvereinen. Wie soll das erst mit so vielen neuen Einwohnern sein?“ Von der Stabsstelle für Flüchtlinge heißt es, dass im Regelsystem noch Kita-Plätze frei sind. Auch an den Schulen gebe es Kapazitäten. Diese Aussage beruhigt die Anwesenden kaum, sie berichten von gegenteiligen Erfahrungen.
Unterschriftensammlung für die Wiese
Anwohner Wolfgang Koschnick (36) übergibt dem Bezirk eine Liste mit mehr als 3000 gesammelten Unterschriften. Die Unterzeichnenden möchten die Wiese Am Luisenhof erhalten, sprechen sich gegen die Unterkunft an diesem Platz aus.
Farmsen-Berne: Angst vor Stigmatisierung
„Es ist die letzte intakte Wiese, die für die Farmsener frei zugänglich ist“, sagt Koschnick. Mehrere Eingaben hat er beim Bezirk gemacht, um andere Plätze, etwa eine nicht mehr genutzte Sportanlage, vorzuschlagen. Eine Antwort bekam er nicht. Mit dem Argument „Naturschutz“ hatten auch einige Blankeneser versucht, 2016 ein Asylheim in ihrer Nachbarschaft zu verhindern.
Der Bau der Unterkunft Am Luisenhof startet 2023: In neun Monaten sollen die Wohnmodule zusammengebaut sein. Vorerst könnten sie für bis zu fünf Jahre stehenbleiben. Rund 14 Millionen Euro kosten die Baumaßnahmen. Was mit der Wiese passiert, wenn die fünf Jahre verstrichen sind, will Wolfgang Koschnick wissen, bekommt aber keine Antwort. Das Asylheim in Blankenese wird demnächst abgerissen, auf der einstigen Brachfläche sollen Sozialwohnungen gebaut werden.
„Auf alles zurückgreifen, was zur Verfügung steht”
Etwas hilflos sitzen die Damen und Herren vom Bezirk den Anwohnenden gegenüber. „Wir müssen auf alles zurückgreifen, was uns zur Verfügung gestellt wird“, sagt Heike Opitz.
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Tatsächlich haben die Zahlen der Geflüchteten seit Jahresbeginn die große Flüchtlingswelle von 2015/16 längst übertroffen. Überall muss die Stadt von Woche zu Woche neue Unterkünfte bauen, nutzt dafür auch Hotels, Sporthallen, Wohnwagen und Zelte. Der Bezirk, in dem bisher die meisten Plätze bereitgestellt wurden, ist übrigens nicht Wandsbek, sondern Hamburg-Mitte. „Natürlich ist es eine Belastung für den Stadtteil, aber das lässt sich nicht ändern“, sagt Opitz.