Neu eröffnet: Hamburgs Bahnhofsmission ist einmalig in Deutschland
Hamburg hat einen neuen Ankerplatz für Gestrandete: Direkt am Hauptbahnhof ist am Montag die neue Bahnhofsmission eingeweiht worden. In dem grünlich schimmernden Holzhaus mit den großen Fenstern ist jeder willkommen – egal ob Zugreisende ohne Möglichkeit zur Weiterfahrt, Frierende, Hilfesuchende oder Obdachlose.
Hamburg hat einen neuen Ankerplatz für Gestrandete: Direkt am Hauptbahnhof ist am Montag die neue Bahnhofsmission eingeweiht worden. In dem grünlich schimmernden Holzhaus mit den großen Fenstern ist jeder willkommen – egal ob Zugreisende ohne Möglichkeit zur Weiterfahrt, Frierende, Hilfesuchende oder Obdachlose.
Lose Kabel hängen von der Decke, die Rohre sind noch unverputzt. Ganz fertig ist die Bahnhofsmission, die ursprünglich im Westflügel des Hauptbahnhofs untergebracht war und in den letzten drei Jahren einen zugigen Container am Glockengießerwall bezogen hatte, noch nicht. Dennoch ist der große Unterschied zu früher schon jetzt zu sehen.
Neue Bahnhofsmission in Hamburg: Helle, offene Räume mit moderner Architektur
Denn das von dem Architekten Carsten Roth entworfene Gebäude auf städtischem Grund erwartet die Hilfesuchenden in hellen, offenen Räumen. Auf den 400 Quadratmetern riecht es nach frischem Holz. Am großen Empfangstresen stehen die Helfer mit ihren blauen Westen und dem Kreuz auf der Brust. Leute wie Hans-Werner Schulz-Ehlers, der schon seit 30 Jahren bei der Bahnhofsmission arbeitet.
„Es ist schön, dass wir jetzt so viel Platz haben“, freut sich Schulz-Ehlers. Denn man wisse nie, wie viele Menschen kommen. Mal ist es eine Mutter mit zwei Kindern, deren Zug nicht weiterfährt. Mal sind es Frierende, die sich nur kurz mal aufwärmen wollen und einen Tee trinken. 2015 kümmerten sich Schulz-Ehlers und seine 90 Kollegen, die meisten Ehrenamtliche, um die vielen Flüchtlinge, die am Hauptbahnhof ankamen.
Hamburg: Bahnhofsmission mit Notpflegebereich
Derzeit sind es vor allem ältere Obdachlose. Auffällig sei, dass sie zunehmend pflegebedürftig sind, erzählt Schulz-Ehlers. Umso wichtiger sei es, dass die neue Bahnhofsmission in Hamburg nun – deutschlandweit einmalig – über einen Notpflegebereich verfügt. Zwei Pflegefachkräfte und ein Pflegehelfer werden sich ab März um die Kranken kümmern, ihre Wunden desinfizieren und verbinden. Es gibt eine Liege sowie einen Waschraum mit Sitzbadewanne, Dusche und rollstuhlgerechter Toilette.

„Viele Menschen, die zu uns kommen, sind psychisch krank“, berichtet Schulz-Ehlers. Der erfahrene Helfer weiß: „Sie wollen nicht zum Arzt und auch nicht die bestehenden Angebote, die es in der Stadt gibt, nutzen.“ Grund ist wohl auch häufig die fehlende Krankenversicherung.
Die neue Pflegestation sei niedrigschwelliger. Wer ohne Anmeldung und ohne weite Wege nur einen Raum weiter gehen muss, nehme diese Hilfe eher an.
Ehrenamtliche haben ein Ohr für Menschen in Not
Manche Hilfestellungen sind ganz einfach. Manche schwierig. In seinen 30 Jahren bei der Bahnhofsmission hat Schulz-Ehlers viel erlebt. „Wenn wir alleinreisende Kinder am Waggon abholen und ihnen beim Umsteigen in den richtigen Zug helfen, ist das für uns eine Sache von zehn Minuten. Für die Kinder und ihre Eltern ist dieser Umstieg aber vielleicht etwas, das ihnen viele schlaflose Nächte beschert hat“, berichtet der bärtige Mann von seiner täglichen Arbeit.

In Erinnerung geblieben ist ihm auch ein Mann, der mit einem schweren psychotischen Schub in die Bahnhofsmission gekommen war. „Der hat uns eine ganze Schicht lang beschäftigt“, erinnert sich Schulz-Ehlers.
Ein halbes Jahr später sei der Mann gesund, ordentlich und sortiert zu Besuch gekommen. „Sie haben mir das Leben gerettet“, sagte der Genesene und bedankte sich bei den blauen Engeln der Bahnhofsmission. „Das tut dann gut“, sagt der Helfer, der die meisten Menschen ja doch nicht wieder sieht.
Senator Tjarks: „Ein Bahnhof ist auch ein soziales Wesen“
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) bedankte sich bei der Eröffnung des Gebäudes, in das die Deutsche Bahn fünf Millionen Euro investiert hat, bei Schulz-Ehlers und seinen Kollegen für ihren Einsatz rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr. Der Hamburger Hauptbahnhof sei nach dem Gare du Nord in Paris der am zweitstärksten frequentierte Bahnhof Europas. „Ein Bahnhof ist mehr als ein Verkehrsknotenpunkt“, so Tjarks. „Er ist auch ein soziales Wesen.“
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Angesichts der Passagierzahlen, die schon bald auf 750.000 pro Tag steigen werden, sei es wichtig, Ankerpunkte zu schaffen. „Wenn wir verkehrliche Infrastruktur und öffentliche Räume neu denken und planen, müssen wir immer Anlaufstellen für Menschen mitdenken, die Unterstützung, Beratung und Schutz benötigen“, so Tjarks.
Die Hamburger Bahnhofsmission war 1895 als zweite Einrichtung dieser Art in Deutschland gegründet worden. Sie war anfangs vor allem als Anlaufstelle für in Not geratene, häufig weibliche Reisende gedacht, die als Folge von Industrialisierung und Landflucht in die Großstädte drängten und dort Schleppern und Zuhältern in die Hände fielen. Träger der Bahnhofsmission sind die hoffnungsorte/Verein Stadtmission in Kooperation mit dem katholischen Caritas-Verband und dem Evangelischen Kirchenkreisverband Hamburg.