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  • Angriff vor der Synagoge in Hamburg: Die Spurensicherung am Sonntagabend am Tatort.
  • Foto: Röer

Angriff vor Hamburger Synagoge: Kommentar: Judenhass ist so präsent wie lange nicht

Ein Mann wird mitten in Hamburg beinahe getötet – weil er ein Jude ist. Wenn wir ehrlich sind, hat Hamburg am Sonntag nur Glück gehabt, nicht weltweit zum Symbol für den neuen alten Judenhass geworden zu sein. Ein Hass, der seit Jahrhunderten vor allem in Europa wütet, der nicht totzukriegen ist, als hätte der Kontinent nichts gelernt aus all den Pogromen, den Vertreibungen, dem Holocaust.

Der Täter ist offenbar nicht schuldfähig, sitzt in der Psychiatrie. Können wir den Anschlag deshalb als Einzelfall, als Tat eines Verrückten abtun?

Das wäre zu einfach. Nach der großen Flüchtlingskrise wurde in Talkshows über importierten Antisemitismus durch Einwanderer debattiert. Ja, den gibt es. Doch wir müssen gar nicht auf Fremde zeigen: Der Boden für Hass und Hetze ist auch in Deutschland fruchtbar, das hat der Anschlag in Halle gezeigt, und das konnten wir gerade bei vielen „Corona-Kritikern“ live beobachten: In atemberaubender Geschwindigkeit erwuchs aus einer Pandemie ein Sammelsurium an antisemitisch durchsetzten Verschwörungsfantasien.

Angriff vor Hamburger Synagoge: Der Antisemitismus in der bürgerlichen Gesellschaft

Verbreitet werden diese nicht nur am rechten Rand, sondern in der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft. Impfgegner laufen mit gelben Sternen durch deutsche Städte, faseln von der „Endlösung der Coronafrage“.

Auf Facebook und YouTube wird munter verbreitet, dass Bill Gates die Menschheit im Auftrag der jüdischen Rothschild-Familie per Zwangsimpfung dezimieren will. Die irre „QAnon-Bewegung“ glaubt, eine globale Elite würde Kinderblut als Droge nutzen – und bedient so das Motiv des kindermordenden Juden. Und all jene, die von der „New World Order“, der „Neuen Weltordnung“ raunen, propagieren das Klischee des Strippen ziehenden Juden, der die Welt regieren will.

Und was können wir tun? Was heißt es, wenn jetzt gesagt wird, Antisemitismus gehe jeden etwas an?

Nun, dafür muss keiner zum Helden werden. Man kann das Wort ergreifen, wenn wieder „die Juden“ verantwortlich gemacht werden, dass Dinge falsch laufen. Man kann Hassschleudern wie YouTube und Facebook boykottieren. Man kann aufstehen, wenn Juden im Namen eines anderen Gottes diffamiert werden. Und man kann der jüdischen Gemeinde Solidarität ausdrücken. Am Ende kommt es auf jeden Einzelnen an.

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