An diesen Schulen scheitern besonders viele Hamburger Kinder
Die 6. Klasse ist für Hamburgs Gymnasiasten entscheidend: Wer am Ende des Schuljahres schlechte Noten hat, wird abgeschult. Das heißt, er oder sie muss danach in die siebte Klasse einer Stadtteilschule wechseln. Von welchen Hamburger Schulen die meisten Kinder nach der 6. Klasse abgehen müssen und wo es nur wenige Wechsler gibt.
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Die 6. Klasse ist für Hamburgs Gymnasiasten entscheidend: Wer am Ende des Schuljahres schlechte Noten hat, wird abgeschult. Das heißt, er oder sie muss danach in die siebte Klasse einer Stadtteilschule wechseln. Von welchen Hamburger Schulen die meisten Kinder nach der 6. Klasse abgehen müssen und wo es nur wenige Wechsler gibt, zeigt eine aktuelle Senatsantwort auf eine Linken-Anfrage. Dabei fällt auch auf: Nicht alle Kinder haben dieselben Chancen.
Auffällig ist, dass Schulen mit vielen Abschulungen oft einen niedrigen Sozialindex aufweisen. Dieser Index zeigt die sozio-ökonomische Zusammensetzung der Schülerschaft auf einer Skala von eins bis sechs: Eine eins ist die niedrigste Bewertungsstufe für Schulen mit vielen Kindern aus schwierigen Verhältnissen. Eine sechs erhalten Schulen, auf die eher Kinder aus privilegierten Verhältnissen gehen.
Hier scheitern die meisten Sechstklässler
Das Gymnasium Marienthal im Bezirk Wandsbek hat mit rund 26 Prozent die höchste Abschulungsquote. Der Sozialindex des Gymnasiums liegt bei zwei. Dahinter folgt das Helmut-Schmidt-Gymnasium (Wilhelmsburg) mit fast 24 Prozent und ebenfalls einem Zweier-Sozialindex.
Weitere Gymnasien, von denen oft gewechselt werden musste: das Gymnasium Osterbek (Bramfeld) mit rund 21 Prozent und einem Sozialindex von vier. Das Goethe-Gymnasium (Lurup) mit etwa 22 Prozent und einem Dreier-Index und das Louise-Weiss-Gymnasium (Hamm) mit rund 19 Prozent und einem Index von zwei.
Große Unterschiede zwischen den Hamburger Gymnasien
Umgekehrt haben die Gymnasien mit niedrigen Abschulungsquoten einen hohen Sozialindex. Vom Gymnasium Walddörfer (0,6), dem Johanneum (0,7) und dem Gymnasium Othmarschen (0,9) hat weniger als ein Prozent aller Schüler die Schulform gewechselt. Alle drei Schulen sind mit dem höchsten Sozialindex sechs bewertet. Vom Gymnasium Rissen (1,2) dem Gymnasium Blankenese (1,8) und dem Christianeum (1,8) mussten weniger als zwei Prozent der Schüler abschulen. Auch sie haben alle einen hohen Sozialindex.
Zwar geben Hamburgs Lehrer in der Grundschule eine Empfehlung für die weiterführende Schule ab – ob ein Kind dann aber auf die Stadtteilschule oder das Gymnasium geht, entscheiden letztendlich Eltern und Kinder. Wer am Ende der sechsten Klasse wegen seiner Noten den Sprung in die siebte Klasse des Gymnasiums nicht schafft, wird abgeschult.
Schüler haben nicht dieselben Startchancen
Im Schuljahr 2022/23 waren stadtweit insgesamt 709 Schülerinnen und Schüler davon betroffen. Das geht aus einer Senatsantwort auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Die Zahl ist ähnlich zu der im Schuljahr 2021/22, damals wurden 710 Schülerinnen und Schüler abgeschult.
Warum aber gibt es so große Unterschiede zwischen den Schulen? „Schülerinnen und Schüler aus sozial benachteiligten Stadtteilen erzielen in Deutschland, wie in allen anderen westlichen Staaten, in der Regel schwächere schulische Leistungen“, heißt es aus der Schulbehörde. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führten das auf die unterschiedliche Bildung und Erziehung in den Familien zurück. „Schon im Alter von drei Jahren zeigen Kinder aus sozial benachteiligten Familien einen deutlichen Lernrückstand.“
Hamburg gelinge es mit vielen Fördermaßnahmen für Schulen in sozial benachteiligter Lage, wie zum Beispiel mehr Lehrerstellen, mehr Förderangebote und kleineren Klassen, diese Unterschiede zwischen den Kindern ein Stück weit auszugleichen. Als Beispiel nennt die Schulbehörde die guten Ergebnisse der Hamburger Viertklässler im Bereich „Lesen“ im Vergleich zu den anderen Stadtstaaten.
Linke: Empfehlung fürs Gymnasium abschaffen
„Leider machen das Elternhaus und die Unterstützung von dort weiterhin viel aus“, sagt Sabine Boeddinghaus, Schulexpertin der Linken, zur MOPO. „Man muss dazu aber auch sagen, dass es zum Beispiel in Wilhelmsburg nur ein Gymnasium gibt, auf das alle zu gehen versuchen.“ Boeddinghaus findet es wichtig, dass die Schulen in solchen Gebieten noch besser ausgestattet werden, um mehr Eltern anzusprechen.
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Am liebsten wäre es der Linken-Politikerin, wenn die Gymnasialempfehlung komplett abgeschafft würde. Die Anfrage ergab nämlich auch, dass fast 40 Prozent derjenigen, die die Schulform gewechselt haben, eine Gymnasialempfehlung hatten. „Bei dieser Quote könnten die Lehrkräfte genauso gut einfach raten. Eine pädagogische Begründung für die Schulformempfehlung gibt es sowieso nicht“, sagt Boeddinghaus.