An der Davidwache: Hamburgs korruptester Polizist war ein Elite-Cop
Polizist auf der Davidwache zu sein, der berühmtesten Polizeiwache der Welt, das ist schon was. Und innerhalb dieser ausgewählten Truppe gibt es noch mal eine Elite: die Zivilfahnder, die im direkten Kontakt mit dem Rotlichtmilieu stehen. Das bedeutet aber auch, dass ein Beamter manchmal auf Leute trifft, die das, was er im Monat verdient, auch mal an einem Tag einstreichen. Vor gut 40 Jahren erlag ein Top-Fahnder der Versuchung, in diesem Milieu die Hand aufzuhalten. Er nahm ein tragisches Ende.
Hajo H. war 32 Jahre alt und Polizeiobermeister, als er 1976 zur Davidwache kam. Nach kurzer Zeit Dienst auf dem Streifenwagen spezialisierte sich der agile und redegewandte Schutzmann auf das Glücksspiel im Milieu.
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Polizist auf der Davidwache zu sein, der berühmtesten Polizeiwache der Welt, das ist schon was. Und innerhalb dieser ausgewählten Truppe gibt es noch mal eine Elite: die Zivilfahnder, die im direkten Kontakt mit dem Rotlichtmilieu stehen. Das bedeutet aber auch, dass ein Beamter manchmal auf Leute trifft, die das, was er im Monat verdient, auch mal an einem Tag einstreichen. Vor gut 40 Jahren erlag ein Top-Fahnder der Versuchung, in diesem Milieu die Hand aufzuhalten. Er nahm ein tragisches Ende.
Hajo H. war 32 Jahre alt und Polizeiobermeister, als er 1976 zur Davidwache kam. Nach kurzer Zeit Dienst auf dem Streifenwagen spezialisierte sich der agile und redegewandte Schutzmann auf das Glücksspiel im Milieu.
Auf St. Pauli gab es damals diverse legale und illegale Spielkasinos, meist wurden sie von Griechen betrieben. Hier wurden jedes Jahr viele Millionen umgesetzt.
Hamburgs korruptester Polizist war Elite-Fahnder
H. war nach kurzer Zeit der einzige Beamte der Davidwache, der sich mit der komplizierten Rechtslage beim Glücksspiel und mit den ausgefeilten Tricks der Kasino-Betreiber auskannte. Zunächst gab er den unbestechlichen Beamten und schrieb bei Gesetzesverstößen fleißig Anzeigen gegen die Kasino-Bosse. Das führte nicht selten dazu, dass das Wirtschafts- und Ordnungsamt die Läden schloss.
Betroffenen Kasino-Betreibern gab H. irgendwann den Tipp, sich doch vertrauensvoll an einen Griechen zu wenden, der gute Kontakte zum Amt hätte. Wer den Mann dann anrief, sah sich schnell mit dreisten Forderungen konfrontiert. Bevor er überhaupt tätig wurde, verlangte er schon mehrere tausend Mark. Nach ersten Zahlungen erschien er monatlich und kassierte so etwas wie Schutzgeld. „Zuletzt wollte er die Hälfte meiner Umsätze“, sagte ein Betroffener 1982 der MOPO.
Als der Kasino-Chef nicht mehr zahlen wollte, erschien ein kräftiger Jugoslawe und bedrohte ihn massiv. Hinter allem steckte Hajo H. – er stopfte sich so jahrelang die Taschen voll. Der Fahnder fühlte sich dabei sogar so sicher, das er zum Schluss auch frech vor Weihnachten in die Kasinos an der Reeperbahn spazierte und die Hand aufhielt. Bei den Kasino-Betreibern hatte sich schnell herumgesprochen, dass der Beamte sich vor allem über massive goldene „Krügerrand-Münzen“ sehr freute. Wer besonders großzügig war, bekam dann auch mal direkt vor einer Razzia einen Tipp von H. und konnte sich in Ruhe darauf vorbereiten.
1980 erhielt die Polizei erste Hinweise darauf, dass der angesehene Elite-Fahnder bestechlich sei. Doch die internen Ermittlungen verliefen im Sande. Auch die Tatsache, dass der Beamte (Bruttogehalt 2500 Mark, heute etwa 1250 Euro) einen extrem teuren Mercedes 280SE fuhr, kam den Vorgesetzten offenbar nicht komisch vor.
Mit dieser Luxus-Limousine baute H. 1982 in Norderstedt einen Unfall und flüchtete zu Fuß. Offenbar hatte er getrunken. Im Wagen fanden Polizisten unter dem Reserverad eine Pistole: Die Walther PPK war einem Polizisten der Davidwache aus dem Schreibtisch gestohlen worden.
Polizist der Davidwache: Bei Hausdurchsuchung 40.000 Mark gefunden
Schließlich wurde H.s Haus durchsucht. Die Kripo fand 40.000 Mark in bar und Goldmünzen im selben Wert. Außerdem entdeckten die Ermittler Akten und Kopien von Anzeigen der Davidwache.
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1984 musste sich der korrupte Polizist vor Gericht verantworten. Da kam heraus: Hajo H. hatte über die Jahre mehrere hunderttausend Mark kassiert. Das Urteil: drei Jahre und sechs Monate Haft.
Nach seiner Haftentlassung eröffnete H. in Langenhorn einen Tabakwarenladen, später stand er auf Wochenmärkten und verkaufte Waren aller Art. Er trank immer mehr. Im Juli 1992 entdeckten Passanten auf einem Parkplatz am EKZ Langenhorn beim Krohnstieg eine leblose Person in einem VW Passat. Bei dem Toten handelte es sich um den ehemaligen Top-Fahnder der Davidwache. Gerichtsmediziner stellten später bei der Obduktion ein multiples Organversagen fest – H. hatte sich offenbar zu Tode getrunken.