Zahl der Nachtflüge „inakzeptabel“: Warum Amsterdam trotzdem kein Vorbild ist
Wer in einer Einflugschneise des Hamburger Airports wohnt, weiß: Startende und landende Flugzeuge können in der Nacht richtig stören. In Amsterdam soll ein allgemeines Nachtflugverbot kommen, auch in Hamburg sind die Forderungen nach strengeren Regeln laut. Zieht der Hamburger Airport bald nach? Das sagt die Hamburger Lärmschutzbeauftragte.
Wer in einer Einflugschneise des Hamburger Airports wohnt, weiß: Startende und landende Flugzeuge können in der Nacht richtig stören. In Amsterdam soll ein allgemeines Nachtflugverbot kommen, auch in Hamburg sind die Forderungen nach strengeren Regeln laut. Zieht der Hamburger Airport bald nach? Das sagt die Lärmschutzbeauftragte.
Eigentlich sollte es am Hamburger Himmel in der Nacht schön ruhig sein – denn Flugzeuge dürfen zwischen 23 Uhr und 24 Uhr nur starten und landen, wenn sie verspätet sind. Und zwischen 0 Uhr und 6 Uhr morgens dürfen sie das nur, wenn sie eine Einzelausnahmegenehmigung haben oder medizinische Hilfsflüge, andere Notfälle und Flüge hoheitlicher Stellen sind.
Doch trotzdem starteten oder landeten im Jahr 2022 in der Nacht 873 Flugzeuge in Hamburg: Das ist ein Plus von circa 29 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 – und das trotz der „Pünktlichkeitsoffensive“, die 2016 von der Umweltbehörde ins Leben gerufen wurde und die Verspätungen, die für Starts und Landungen nach 23 Uhr verantwortlich sind, minimieren sollte.
„Inakzeptabel“: Fluglärmschutzbeauftragte kritisiert hohe Zahl an Nachtflügen
Die Zahl aus dem Jahr 2022 sei zwar „inakzeptabel“, wie Hamburgs Fluglärmschutzbeauftragte Gudrun Pieroh-Joußen der MOPO sagte – doch von einem Scheitern der Pünktlichkeitsoffensive möchte sie trotzdem nicht sprechen: „Viele der Probleme, die zu Verspätungen führten, waren durch die Airlines nicht vorhersehbar, wie zum Beispiel der Ukraine-Krieg, der den gesamten Luftverkehr im Osten Europas störte. Auch die Auswirkungen des Personalmangels wurden unterschätzt.“
Amsterdam plant striktes Verbot von Nachtflügen
Die Betreiber des Amsterdamer Großflughafens Schiphol haben vor gut einer Woche verkündet, dass im Jahr 2025 dort ein allgemeines Nachtflugverbot eingeführt werden soll. „Zu lange haben wir nur an Wachstum gedacht und zu wenig an dessen Kosten“, sagte Flughafenchef Ruud Sondag.
Und auch in Hamburg sind die Forderungen nach strikteren Regeln für Nachtflüge laut – beispielsweise von der Linksfraktion und dem BUND. Doch dass die niederländische Hauptstadt Hamburg als Vorbild dienen könnte, sieht die Fluglärmschutzbeauftragte nicht: „In Hamburg gibt es bereits heute Beschränkungen, die strenger sind als das, was für Amsterdam geplant ist. So sollen dort zwischen 0 und 6 Uhr keine Flugzeuge mehr starten und zwischen Mitternacht und 5 Uhr keine Flugzeuge mehr landen dürfen. In Hamburg gelten Beschränkungen schon ab 23 Uhr“, so Pieroh-Joußen.

Über Anpassungen bei den Nachtflugbeschränkungen entscheidet der Hamburger Senat. Denn die Regelungen sind in den einzelnen Betriebsgenehmigungen der Flughäfen festgelegt – und diese werden von den jeweiligen Bundesländern im Rahmen für jeden Flughafen einzeln erteilt.
Doch so leicht kann die Hamburger Regierung wohl nicht über striktere Nachtflugverbote entscheiden – denn der Airport gehört zu 49 Prozent dem kanadischen Anteilseigner „Public Sector Pension Investment Board“, erklärt Pieroh-Joußen. Zudem sei eine Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft zu beachten, die vorsieht, dass vor einer Nachtflugbeschränkung umfangreiche Konsultationen aller Betroffenen vorzunehmen sind. „Ohne Zustimmung der Bundesregierung und der EU-Kommission ist es kaum möglich, bestehende Beschränkungen zu verschärfen“, so Pieroh-Joußen weiter.
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Verbesserungsbedarf sieht Pieroh-Joußen vor allem bei der Verspätungsregelgung zwischen 23 Uhr und Mitternacht. Denn: „Leider gibt es (…) Fluggesellschaften, die Verspätungen nach 23 Uhr in Kauf nehmen, um möglichst viele Umläufe am Tag planen zu können. Die Verspätungsregelung zwischen 23 und 24 Uhr lädt auch dazu ein. Wir bräuchten eine Regelung, die den Schutz der Anwohner:innen in den Vordergrund stellt.“
Für dieses Jahr bleibt die Fluglärmschutzbeauftragte optimistisch: „Sofern die Luftfahrtbranche ihre Probleme in den Griff bekommt, könnte 2023 hinsichtlich der Nachtruhe besser werden als das Vorjahr.“