Alexandra aus Hamburg: Die Sängerin mit dem toten Baum wäre jetzt 80 Jahre alt
„Mein Freund der Baum ist tot, er fiel im frühen Morgenrot.“ Dieses Lied hat sie untersterblich gemacht: Alexandra. In den 60er Jahren gelang der Hamburgerin ein kometenhafter Aufstieg. Sie hatte das Zeug zu einer großen Chansonsängerin, und wenn das Schicksal ihr nur mehr Zeit gegeben hätte, dann wäre sie womöglich eine deutsche Juliette Greco geworden, hätte in einer Reihe gestanden mit Edith Piaf, Charles Aznavour, Gilbert Bécaud und Hildegard Knef. Doch sie starb bereits mit 27 Jahren – unter Umständen, die bis heute zu Spekulationen Anlass geben.
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„Mein Freund der Baum ist tot, er fiel im frühen Morgenrot.“ Dieses Lied hat sie untersterblich gemacht: Alexandra. In den 60er Jahren gelang der Hamburgerin ein kometenhafter Aufstieg. Sie hatte das Zeug zu einer großen Chansonsängerin, und wenn das Schicksal ihr nur mehr Zeit gegeben hätte, dann wäre sie womöglich eine deutsche Juliette Greco geworden, hätte in einer Reihe gestanden mit Edith Piaf, Charles Aznavour, Gilbert Bécaud und Hildegard Knef. Doch sie starb bereits mit 27 Jahren – unter Umständen, die bis heute zu Spekulationen Anlass geben.
Zu Alexandras 80. Geburtstag am 19. Mai zeigt das Hamburger „Metropolis Kino“ am Donnerstag ab 16 Uhr den Dokumentarfilm „Alexandra – die Legende einer Sängerin“. Neben dem Berliner Filmemacher und Alexandra-Biograf Marc Boettcher ist auch Sibylle Kynast mit dabei, die einst mit Alexandra, Inga Rumpf und Udo Lindenberg bei der legendären Folkgruppe „City Preachers“ gesungen hat.

Und es gibt noch eine zweite Gedenkveranstaltung: Am Sonntag, 22. Mai, veranstaltet das Altonaer Theater ab 18 Uhr eine Konzert-Show, bei der die in München lebende Sängerin Cornelia Corba berühmte Lieder der Gesangslegende vorträgt und außerdem aus dem kurzen, aber bewegten Leben Alexandras erzählt. Noch sind Karten zu bekommen!
Es gibt zwei Gedenkveranstaltungen zu Alexandras 80. Geburtstag
Als Doris Treitz wird Alexandra am 19. Mai 1942 in Heydekrug in Ostpreußen (heute Silute/Litauen) geboren. Es ist Krieg und sie noch nicht einmal ein Jahr alt, als die Familie nach Kiel flüchtet, wo Alexandra ihre Kindheit verbringt. Nach der Scheidung der Eltern zieht die Mutter 1960 mit den Töchter nach Hamburg.

Alexandras neues Zuhause ist eine Drei-Zimmer-Wohnung im vierten Stock eines Neubaus am Marktplatz in Rothenburgsort. Sie besucht die Meisterschule für Mode in Hamburg, wird 1962 bei der Miss-Germany-Wahl neunte, jobbt in einem Hotel als Zimmermädchen und tingelt abends mit ihrer Gitarre durch die Kneipen auf dem Kiez, singt selbstgeschriebene Lieder.
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Alexandra wird angedicht, sie habe slawisches Blut in den Adern
Alexandra verliebt sich in den 30 Jahre älteren Exilrussen Nikolai Nefedov, der Untermieter ihrer Mutter ist. Das ungleiche Paar heiratet und fasst den Entschluss, in die USA auszuwandern. Doch kaum ist der gemeinsame Sohn auf der Welt, lässt sich Alexandra auch schon wieder scheiden.

Sie arbeitet jetzt hart an ihrem Erfolg, besucht eine Schauspielschule, nimmt Gesangsunterricht, verdient ihren Lebensunterhalt als Angestellte in einer Autovermietung. Dann wird der Plattenproduzent und Textdichter Fred Weyrich auf sie aufmerksam, der ihr einen Vertrag anbietet.
Mit ihren melancholischen Liedern und ihrem Aussehen passt sie gut in ein Format, das bisher noch nicht von der deutschen Schlagerbranche vermarktet wird: Russland. Ihr wird angedichtet, dass slawisches Blut in ihren Adern fließe, dass sie eine „Zigeunerin“ sei und nirgends so richtig zu Hause. Dazu passend singt sie: „Sehnsucht – das Lied der Taiga“, „Schwarze Balalaika“ und „Zigeunerjunge“.
Das Schwermütige, Stille, fast Verzweifelte ist musikalisch voll im Trend damals. Und so ist Alexandras erste LP gleich ein Riesenerfolg. Sie hetzt von Auftritt zu Auftritt, tourt durch Russland und die Bundesrepublik, verliebt und entliebt sich in rasanter Folge – und fühlt sich bald physisch und psychisch ausgelaugt.

„Mein Freund der Baum“ wird erst nach dem Tod der Sängerin ein Hit
Mit der Musik, die sie macht, ist sie unzufrieden. Diese ganze Russland-Masche ist ihr zuwider. Sie will eigene Lieder singen, will nicht Schlager-, sondern Chansonsängerin sein. Mit Udo Jürgens nimmt sie den gemeinsamen Titel „Illusionen“ auf, einen Song, hinter dem sie steht, der allerdings beim Publikum wenig Gefallen findet. Selbst das Lied „Mein Freund der Baum“, das aus ihrer Feder stammt und heute als ihre Erkennungsmelodie gilt, floppt zunächst. Es wird erst zum Hit, als sie bereits tot ist.

1969 wird ihr die „Goldene Europa“ verliehen, der Preis für die beste Nachwuchssängerin. Sie ist ein umjubelter Star, aber niemand ahnt, wie schlecht es ihr gesundheitlich geht. Sie erleidet einen Zusammenbruch, erholt sich anschließend im schweizerischen Davos von den körperlichen und seelischen Strapazen und von einer verschleppten Bronchitis. Im Sommer nimmt sie sich eine Auszeit, will mit ihrer Mutter Wally und ihrem Sohn Alexander Urlaub machen. Den ersten seit Beginn ihrer Karriere. Das Ziel: Sylt.
Alexandras früher Tod: Wirklich ein Unfall oder Mord?
Doch da kommen die drei nie an. Alexandra sitzt am Steuer ihres Mercedes 220 S Coupés und fährt am Donnerstag, 31. Juli 1969, in Tellingstedt (Kreis Dithmarschen/Schleswig-Holstein) auf eine Kreuzung zu. Gleich zwei Stoppschilder missachtet sie. Ein Lkw rammt das Auto und schiebt es noch 20 Meter weit vor sich her. Alexandra ist sofort tot, ihre Mutter stirbt wenige Stunden später im Krankenhaus. Nur der Sohn überlebt leicht verletzt.
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Bis heute wird spekuliert: War das wirklich ein Unfall? Oder war es Mord? Stecken Geheimdienste dahinter? Jede Menge wilder Theorien gibt es. „Alles Unsinn“, davon ist Marleen Zaus, Cousine und enge Freundin von Alexandra, überzeugt. Im Gespräch mit der MOPO sagt sie: „Alexandra war einfach übermüdet. Außerdem hatte sie es eilig, weil sie unbedingt den Autozug nach Sylt erreichen wollte. Da war nichts manipuliert.“

Auch Alexandras Sohn Alexander (59), der heute in Boston lebt und sein Geld mit dem Design von Küchen verdient, glaubt nicht an eine Verschwörung. Er findet, die Leute sollten sich lieber daran erinnern, was für eine Ausnahme-Sängerin seine Mutter gewesen sei.