AfD beschäftigt Rechtsextreme im Bundestag: Auch Hamburger sind darunter
Rassisten, Antisemiten, Neonazis und Schläger: Die AfD im Bundestag beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Milieu. Das berichtet die „Tagesschau“ unter Berufung auf eine Recherche des „Bayerischen Rundfunks“. Darunter befinden sich auch Rechtsextreme aus Hamburg und dem norddeutschen Raum.
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Rassisten, Antisemiten, Neonazis und Schläger: Die AfD im Bundestag soll mehr als 100 Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Milieu beschäftigen, berichtet die „Tagesschau“ unter Berufung auf eine Recherche des „Bayerischen Rundfunks“. Darunter befinden sich auch Rechtsextreme aus Hamburg und dem Norden.
Marie-Therese Kaiser ist 27 Jahre alt und stammt aus Sottrum in Niedersachsen. Das ehemalige Model arbeitet für den Parlamentarischen Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, und moderiert ein vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuftes Video-Format namens „Ein Prozent“, das 2019 sowohl von Facebook als auch von Instagram wegen seiner Radikalität gesperrt wurde.
Verurteilt wegen Volksverhetzung: AfD-Mitarbeiterin Marie-Therese Kaiser
Darüber hinaus engagiert sich Kaiser nach eigenen Angaben bei der Fraueninitiative „Lukreta“ – laut Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen ein Personenzusammenschluss mit „inhaltlichen und personellen Bezügen zur ,Identitären Bewegung Deutschland’“. Dazu erklärt Kaiser nach einer Anfrage des „Bayerischen Rundfunks“, die „Beurteilung der AfD und ihres oppositionellen Vorfelds durch die Verfassungsschutzämter“ sei „durchweg parteipolitisch geprägt und infolgedessen kein Maßstab für mein politisches Handeln“.
Der Verfassungsschutz Niedersachsen wiederum hat den AfD-Kreisverband Rotenburg, der Kaiser als Vorsitzende anführt, als Verdachtsfall eingestuft. Laut „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ (HBgR) wurde Kaiser vom Amtsgericht Rotenburg im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt, weil sie sich im Wahlkampf 2021 der Volksverhetzung schuldig gemacht haben soll, indem sie afghanische Geflüchtete pauschal als „Gruppenvergewaltiger“ bezeichnete.
Schon 2018 war Kaiser als 21-Jährige aufgefallen, als sie zusammen mit bekannten Rechtsextremisten die Hamburger Aufmärsche unter dem Motto „Merkel muss weg“ organisierte und dabei zum Aushängeschild der Bewegung wurde.
Hamburger Jörg Schneider gehört seit Langem der Burschenschaft Germania an
Neben Kaiser ist auch der Hamburger Jörg Schneider für die AfD-Fraktion in Berlin tätig. Er ist sogar Bundestagsabgeordneter. Seine rechte Vergangenheit reicht weit zurück: Gegenüber der MOPO bestätigte Schneider, seit 1988 der Hamburger Burschenschaft Germania anzugehören. Diese wurde 2013 erstmals vom Hamburger Verfassungsschutz als Verdachtsfall geführt. Seit 2014 gibt es im Hamburger Verfassungsschutzbericht stets ein ganzes Kapitel, das sich allein mit der Germania beschäftigt.
Aus Reihen der Germania stammt auch der Hamburger Walter Mario Brockmann, der als Referent für die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel arbeitet. Laut Recherchen des HBgR hat Brockmann sowohl Kontakte zur rechtsextremistischen Identitären Bewegung als auch zur NPD. Seit 2018 ist Brockmann mit einer Tochter des neurechten Verlegers Götz Kubitscheck verheiratet.
Hamburger „Bündnis gegen Rechts“: „Uns verwundern die Recherchen der ‚Tagesschau‘ nicht“
Der Hamburger AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Krzysztof Walczak hat laut HBgR zumindest im November 2021 noch zusätzlich zu seinem Mandat als Mitarbeiter des völkischen MdB Markus Frohnmaier gearbeitet, der „Angriffe auf das staatliche Gewaltmonopol“ legitimiere, so der Wortlaut eines Verfassungsschutzgutachtens. Walczak soll sich in den sozialen Medien mehrfach gegen Schwule, Abtreibung, sexuelle Vielfalt und den „Multi-Kulti-Misch-Masch“ geäußert haben.
Weder Brockmann noch Walczak wollten sich gegenüber der MOPO zu ihren rechtsextremen Verbindungen äußern. Anfragen dazu blieben unbeantwortet.
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Die AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Olga Petersen postete am Mittwoch ein gemeinsames Bild mit dem Thüringer AfD-Landrat Robert Sesselmann in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Ich freue mich besonders heute nicht nur zur aktuellen Stunde zu sprechen, sondern auch unseren Ehrengast Robert Sesselmann begrüßen zu dürfen“, schrieb sie unter das Bild. Der thüringische Landesverband wird vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Sesselmann ist der erste gewählte Landrat der AfD in Deutschland.
Auf MOPO-Anfrage schreibt die AfD: „Herr Sesselmann war als normaler Besucher im Rathaus. Die AfD-Fraktion hat sich gefreut, den ersten AfD-Landrat im Rathaus, der ja auch nach Prüfung der Thüringer Verwaltung den Demokratie-TÜV bestanden hat, im Rathaus zu begrüßen.“ Die Thüringer Landesverwaltung hatte Sesselmann nach der Wahl einzeln überprüft und gesagt, dass er nicht zu der Gruppe von Mitgliedern gehöre, die rechtsextremistische Bestrebungen verfolgen.
Weitere Rechte aus dem Norden im Dienste der Berliner AfD-Fraktion sind laut Hamburger „Bündnis gegen Rechts“ der aus der Landsmannschaft Mecklenburgia Rostock stammende Julian Islinger, der für den MdB Jan Ralf Nolte arbeitet, sowie Marcus Schmidt, ebenfalls Mitglied der Mecklenburgia und Pressesprecher der AfD im Bundestag seit 2020.
Dazu erklärte Felix Krebs vom Hamburger „Bündnis gegen Rechts“: „Uns verwundern die Recherchen der ‚Tagesschau‘ nicht. Wir machen schon seit Jahren auf die Verbindungen der AfD zur extremen Rechten aufmerksam. Auch auf die von Hamburg in den Bundestag.“