Hamburg verliert mehrere Hektar Wald – zugunsten von Autofahrern!
Während innerhalb der Stadt die Straßen für Autos verengt und für Radfahrer verbreitert werden, geht der Autobahnausbau in Hamburg munter weiter. So soll ab 2025 die A1 zwischen Harburg und Moorfleet verbreitert werden. Allein sieben Hektar Waldflächen und streng geschützter Biotope müssen gerodet werden, darunter teils alter Baumbestand. Wo zum Ausgleich neue Bäume hinkommen und wie Kraniche vom Brüten abgehalten werden sollen, das überrascht dann doch.
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Während innerhalb der Stadt die Straßen für Autos verengt und für Radfahrer verbreitert werden, geht der Autobahnausbau in Hamburg munter weiter. So soll ab 2025 die A1 zwischen Harburg und Moorfleet verbreitert werden. Sieben Hektar Waldflächen und streng geschützte Biotope müssen gerodet werden, darunter teils alter Baumbestand. Wo zum Ausgleich neue Bäume hinkommen und wie Kraniche vom Brüten abgehalten werden sollen, das überrascht.
Alle reden von der Verkehrswende, dem schwächelnden Hafen und dem Ausstieg aus fossilen Rohstoffen, doch in den Planungen wird noch von massiven Wachstumsraten ausgegangen. Allein innerhalb Hamburgs erwarten Verkehrsplaner auf der Autobahn 1 in den nächsten Jahren einen Zuwachs um mehr als 20 Prozent an Pkw und Lkw. Für die erwarteten 160.000 Autos pro Werktag soll daher die A1 von sechs auf acht Spuren verbreitert werden.
Die Pläne umfassen den etwa acht Kilometer langen Bereich zwischen der Abfahrt Harburg und dem Autobahndreieck Südost (bei Moorfleet). Die Planungen laufen auf Hochtouren, 2025 sollen die Arbeiten beginnen, und aktuell werden die Naturschutzverbände angehört. Und die laufen Sturm gegen die Pläne. Denn für die massive Verbreiterung der Fahrbahn müssen in großem Umfang Bäume und Gehölze gerodet werden.
„Allein für den Abschnitt im nördlichen Bereich der A1 müssen sieben Hektar Wald und Gehölze weggenommen werden“, sagt Gisela Bertram vom BUND. Und das alles auf Hamburger Gebiet. Insbesondere in dem Bereich, wo die A255 abführt und die A1 sich nach Osten wendet, gibt es sehr viele alte Baumbestände und wertvolle Gehölzstreifen. „Da stehen teils alte Eichen, die große Mengen Kohlenstoff binden“, so Bertram.
Hamburger Wald wird in Ludwigslust neu gepflanzt
Ausgeglichen werden sollen diese massiven Eingriffe in die Natur in starkem Umfang außerhalb Hamburgs. „Der Waldbestand soll in Ludwigslust-Parchim neu hergestellt werden.“ Das ist 138 Kilometer entfernt. Dort haben sich die Naturschutzverbände auch schon überrascht gezeigt, denn auf den dafür ausgewählten Grünlandflächen gibt es ebenfalls schützenswerte Tiere und Pflanzen. Das einzig Gute: Für jeden Hektar Wald, der dem Autobahnausbau in Hamburg zum Opfer fällt, werden im Osten zwei Hektar Wald gepflanzt.
Dadurch, dass die schützenden Baumstreifen entlang der Autobahn verschwinden, wird es auch deutlich lauter. Die Anwohner in Kirchdorf-Süd erhalten zum Glück endlich einen Lärmschutz. Für die Naturflächen entlang der Straße wird es den allerdings nicht geben.
„Die Umweltbehörde hat bestehende Ausgleichsflächen sehr schön hergerichtet, Gebiete vernässt und Gräben angelegt“, schildert Bertram. Doch dort wird es in Zukunft richtig laut und das könnte die ganze Arbeit zunichte zu machen, weil Vögel durch Lärm vertrieben werden. „Auch Wiesenvögel sind empfindlich gegen Lärm, nicht nur Menschen.“
Mit dem Holzhafen, dem Heuckenlock, der Rhee und der Auenlandschaft Obere Tideelbe sind laut BUND und Nabu gleich mehrere Naturschutz- und Natura-2000-Gebiete entlang der A1 direkt von Flächenverlust und ökologischer Entwertung betroffen. Sie alle werden Flächen an die Verbreiterung verlieren.
Problematisch ist auch, dass die Bäume und Gehölze vor allem im Bereich der Elbinsel Wilhelmsburg verlorengehen, die in den nächsten Jahren ohnehin stark versiegelt wird, weil dort lauter neue Baugebiete entstehen. Für das Spreehafenviertel etwa sollen acht Hektar Wald (der „Wilde Wald“) gerodet werden.
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Vollends absurd wird es, wenn etwa ein brütendes Kranichpaar bei Neuland aktiv am Nestbau gehindert werden soll, weil es sonst den Autobahnausbau an dieser Stelle aufgrund seiner Schutzwürdigkeit womöglich gefährden könnte. Bertram: „Ich bin gespannt, ob dann zur Brutzeit immer jemand Arme schwenkend die Vögel vertreibt.“