733 Euro für ein Bett: Stadt verlangt Mega-Miete für Unterkünfte
Menschen, die arbeiten gehen, aber in einer städtischen Unterkunft leben, müssen ab dem 1. September deutlich mehr Gebühren für ihren Schlafplatz bezahlen: Die Stadt verlangt dann fast 35 Prozent mehr als bisher – dagegen sind Indexmieten ein Witz. Besonders dramatisch sind die Folgen für Bewohner, die einem Vollzeitjob mit Mindestlohn nachgehen.
Menschen, die arbeiten gehen, aber in einer städtischen Unterkunft leben, müssen ab dem 1. September deutlich mehr Gebühren für ihren Schlafplatz bezahlen: Die Stadt verlangt dann fast 35 Prozent mehr als bisher – dagegen sind Indexmieten ein Witz. Besonders dramatisch sind die Folgen für Bewohner, die einem Vollzeitjob mit Mindestlohn nachgehen.
Der Bewohner einer Unterkunft für Wohnungslose ist entsetzt: „Ich zahle jetzt 522 Euro für ein Bett im Doppelzimmer mit zwei Duschen auf dem Flur für 16 Bewohner. Ab September soll ich 733 Euro zahlen, das ist doch Wahnsinn.“ Er arbeitet Vollzeit für Mindestlohn, bekommt als Alleinstehender mit Steuerklasse 1 also 1490 Euro netto ausgezahlt, wovon die Hälfte dann an die Stadt ginge. „Ich weiß nicht, wie ich mit dem Rest über die Runden kommen soll“, sagt er zur MOPO, „geschweige etwas ansparen, um irgendwann mal eine Kaution oder so zu bezahlen.“ Warum er sich keine eigene Wohnung sucht? Trockenes Lachen: „Versuche ich natürlich die ganze Zeit.“
Die Sozialbehörde bestätigt die Mega-Erhöhung: Alle, die mehr als 1450 Euro netto verdienen, zahlen grundsätzlich den Höchstsatz für ihre Unterbringung, also ein Bett in einem Doppelzimmer. Dieser Höchstsatz für die sogenannten „Selbstzahler“ steigt ab September von 522 auf 733 Euro.

Carola Ensslen, Bürgerschaftsabgeordnete der Linken, fasst sich an den Kopf: „Wenn man kurz über 1450 Euro hat, dann sind das ab September 50 Prozent für die Gebühren. Das geht gar nicht. Da muss der Senat in jedem Fall nachbessern.“
Das sagt die Behörde zu der Mega-Erhöhung
Aber warum wird überhaupt in so einem Riesenschritt erhöht? Die Behörde betont, dass die Bewohner in öffentlichen Unterkünften keine Miete, sondern eine „Unterbringungsgebühr“ zahlen, in der unter anderem auch Personalkosten – etwa für Sozialarbeiter und Dolmetscherinnen – und Baukosten enthalten sind. Dabei muss die Stadt sich an das Gebührengesetz halten: Alle Kosten für den Betrieb müssen durch die Gebühren gedeckt sein. Nun musste die Stadt durch den Ukrainekrieg aber plötzlich viele zusätzliche Plätze schaffen, Containerdörfer errichten, Gewerbebauten umwandeln, Hotelzimmer anmieten, weshalb die alten Gebühren nicht mehr kostendeckend waren.
Die Folge: Für ein Doppelzimmer mit Gemeinschaftsdusche und Küche auf dem Flur bekommt das städtische Unternehmen „Fördern & Wohnen“ ab September 1466 Euro im Monat. Dass es in den Unterkünften keinen Aufschrei gibt, liegt daran, dass nur zehn Prozent „Selbstzahler“ sind, für die meisten Bewohner überweist ohnehin die Stadt die Gebühren. Und wer weniger als 1450 Euro verdient, zahlt nur den ermäßigten Satz von 210 Euro für sein Bett.
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Aber muss man die Grenze für den Höchstsatz denn unbedingt so ziehen, dass automatisch alle Mindestlöhner die Hälfte ihres Einkommens für einen Schlafplatz abgeben müssen? Die Behördensprecherin kündigt Korrekturen an: „Die Sozialbehörde beabsichtigt, die Einkommensgrenze mit einer neuen Gebührenverordnung Anfang 2024 anzupassen.“ Bis dahin rät die Sozialbehörde: „Bewohner können auch ihren Anspruch auf aufstockende Leistungen beim Jobcenter prüfen lassen“. Vorteil für Hamburg: Wohngeld zahlt der Bund.