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  • Philipp Amthor sitzt für die CDU im Bundestag und gratuliert dem Grundgesetz mit einem Grundgesetz-Kommentar des NS-Juristen Theodor Maunz.  
  • Foto: Philipp Amthor/Jens Oellermann

72 Jahre Grundgesetz: Phillip Amthor greift bei der Gratulation daneben

Berlin –

Erst vor ein paar Wochen ist CDU-Mann Phillip Amthor in Mecklenburg-Vorpommern auf Platz eins der Kandidatenliste für die Bundestagswahl gewählt worden. Echte CDU-Prominenz also und Jurist obendrein. Am Sonntag gratulierte er der Verfassung zum 72-jährigen Bestehen – mit einem Grundgesetz-Kommentar des NS-Juristen Theodor Maunz in der Hand. 

„Am 23. Mai 1949 wurde unsere Verfassung in einer feierlichen Sitzung des Parlamentarischen Rates ausgefertigt und verkündet – ein Grund zum Feiern!“, schreibt Phillip Amthor (28) auf seiner Facebook-Seite. „Das Grundgesetz ist das Fundament unseres Staates und mir persönlich ein steter Wegbegleiter meiner politischen Arbeit. Gerade angesichts aktueller Debatten und Tendenzen wünsche ich dem Grundgesetz: Bleib wie Du bist und auch prinzipientreu im Sturm des Zeitgeistes!“

Philipp Amthor gratuliert dem Grundgesetz 

Dieser Post wird von einem Foto begleitet: In der Hand hält Amthor darauf nicht eine Ausgabe des Grundgesetzes, sondern einen Gesetzeskommentar. Die gehören zum wichtigsten Handwerkszeug von Juristen. Einer der wichtigsten Grundgesetzkommentare, „Maunz-Dürig“, trägt noch immer den Namen des bedeutenden NS-Juristen Theodor Maunz – und genau den hält der studierte Jurist Amthor in den blauen Himmel über dem Reichstag. 

In der Hand: Eine Ausgabe des umstrittenen NS-Juristen Theodor Maunz

Maunz hat viele Generationen von Juristin:innen geprägt, denn sein Grundgesetzkommentar ist ein wichtiges Arbeitsmaterial für Verfassungsjuristen. Maunz war Professor für Öffentliches Recht an der Uni München und von 1954 bis 1964 Kultusminister in Bayern, aber er war eben auch ein wichtiger Vertreter des „NS-Rechtsdenkens“.

Noch 1943 hatte er das Buch „Gestalt und Recht der Polizei“ veröffentlicht, in dem er rechtfertigt, dass „polizeiliche Schutzhaft auch zulässig ist nach einem freisprechenden Urteil oder nach Verbüßung einer gerichtlichen Strafe“. Genau das bedeutete damals für viele Menschen Konzentrationslager oder Tod. Wegen Texte dieser Art musste Maunz 1964 als Kultusminister zurücktreten.

Kritik an Amthor aus Schleswig-Holstein

Der Landesvorsitzende der Grünen in Schleswig-Holstein, Steffen Regis, kritisierte Amthors Facebook-Post. „Dass Amthor zum Tag des Grundgesetzes ausgerechnet das Werk des NS-Juristen Theodor Maunz statt das Grundgesetz selbst hochhält, ist übel“, schreibt er auf Twitter. „Das Staatsexamen allein macht niemanden zum verantwortlichen Juristen und Amthor beweist abermals, dass er es nicht verstanden hat.“

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Amthor galt lange als der Shooting-Star in der CDU. Seit 2008 ist er in der CDU und der Jungen Union. Bei der Bundestagswahl 2017 holte er im Wahlkreis „Meckenburgische Seenplatte I – Vorpommern-Greifswald II“ mit 31,2 Prozent der Erststimmen ein Direktmandat und ist damit der jüngste Abgeordnete, der je einen Wahlkreis gewonnen konnte. 

Aber dann brachte ihn eine Lobbyismus-Affäre ins Stolpern. Er musste im Juni 2020 auf eine Kandidatur für den Landesvorsitz verzichten. Die CDU-Vertreterversammlung Mecklenburg-Vorpommerns wählte den 28-Jährigen Ende März mit großer Mehrheit auf Platz eins der Landesliste für die Bundestagswahl am 26. September. (ilk)

Anmerkung: In einer früheren Version dieses Textes hieß es versehentlich, Philipp Amthor halte einen „Palandt“ in der Hand. Dieser kommentiert aber das Bürgerliche Gesetzbuch und nicht das Grundgesetz. Findige jurainteressierte MOPO-Leser:innen haben uns darauf aufmerksam gemacht.

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