57 Euro pro Quadratmeter: Dieses Projekt zeigt Hamburgs Wohnungs-Irrsinn
Wer nicht aus Hamburg kommt, aber hier studieren will, steht vor einem Problem: Die Wohnheime der Unis sind hoffnungslos überfüllt, und auch bei den WG-Castings stapeln sich die Bewerber. Da ist es doch eigentlich nur sinnvoll, wenn in der Innenstadt hunderte Studentenapartments entstehen – so wie gerade in der Wendenstraße in Hammerbrook. Einziger Haken: Die Preise liegen bei unverschämten 42 Euro pro Quadratmeter. Wie ist das rechtlich überhaupt möglich?
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Wer nicht aus Hamburg kommt, aber hier studieren will, steht vor einem Problem: Die Wohnheime der Unis sind hoffnungslos überfüllt, und auch bei den WG-Castings stehen die Bewerber Schlange. Da ist es doch eigentlich nur sinnvoll, wenn in der Innenstadt hunderte Studentenapartments entstehen – so wie gerade an der Wendenstraße in Hammerbrook. Einziger Haken: Die Preise liegen bei unverschämten 42 Euro pro Quadratmeter – und bei einigen sogar noch mehr. Wie ist das rechtlich überhaupt möglich?
Wo früher ein Bürohaus aus den 70er Jahren stand, errichtet die International Campus Group derzeit um die 700 möblierte Apartments. Bereits im Oktober 2024 – also zum nächsten Wintersemester – sollen diese fertig werden. Auf dem Areal, nur etwa 150 Meter vom Hamburger Hauptbahnhof entfernt, entstehen zwei Wohnkonzepte: Das eine heißt „Havens Living“ und richtet sich an Berufstätige oder Pendler, das andere, „The Fizz“, richtet sich an eine studentische Zielgruppe.
Studentenapartments kosten 42 Euro pro Quadratmeter
Allerdings muss es sich dabei um Studenten mit einem besonders dicken Portemonnaie handeln: Für ein möbliertes Apartment von 20 Quadratmetern Größe fallen 850 Euro monatlich an. Eigenes Bad, Strom und Wlan sind immerhin inklusive – dazu kommen ein Fitness-Studio, Lounges und eine Dachterrasse.
Für einen Großteil der Studenten ist das kaum zu stemmen. „Diejenigen mit Bafög-Sätzen können sich das auf keinen Fall leisten“, sagt Rolf Bosse, Chef des Mietervereins zu Hamburg. „Es ist abgehoben, zynisch und unverschämt, so etwas Studentenquartier zu nennen.“
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Abnehmer für derart teure Wohnungen gibt es aber doch: An der Kieler Straße in Altona-Nord stehen bereits derartige Studentenapartments, ebenfalls von der International Campus Group. Derzeit sind alle belegt, es gibt sogar eine Warteliste.
So viel kosten die möblierten Apartments in Hamburg
Zu den Studentenunterkünften kommen dann noch knapp 250 Apartments von „Havens Living“ dazu – genau wie an der Kieler Straße. Dort geht der Preis für das Standard-Apartment laut Website zwischen 28 und 37 Quadratmetern bei 1599 Euro los – das entspricht unglaublichen 57 Euro pro Quadratmeter.
„Für die Investoren ist der Markt mit möblierten Luxusapartments sehr lukrativ“, sagt Heike Sudmann, Wohnungsexpertin der Hamburger Linken. Schließlich sind die beiden Beispiele in Altona-Nord und Hammerbrook nicht die einzigen ihrer Art: Auch im Münzviertel wirbt der dortige Investor vom „Neuen Hühnerposten“ mit möblierten, hochpreisigen Mini-Apartments.
Wieso können Investoren die Miete so derart hochtreiben?
Wieso können die Investoren aber überhaupt derartige Mondpreise aufrufen? Das liegt daran, dass der Hamburger Mietenspiegel, der die zulässige Höchstmiete definiert, auf möblierte Wohnungen nicht anwendbar ist. Bei Möblierung dürfen monatliche Zuschläge für die Einrichtung gefordert werden. Ihre Höhe richtet sich nach den Anschaffungskosten und dem Alter des Mobiliars. Daher ist es für Mieter nicht so einfach zu überprüfen, ob sie zu viel zahlen.
Laut Martina Koeppen, Wohnungsexpertin der Hamburger SPD, hat Hamburg bereits 2019 eine Initiative beim Bund angestoßen, um das Mietrecht bei möblierten Apartments diesbezüglich zu ändern. „Bundesjustizminister Marco Buschmann ist am Zug, um das Mietrecht an dieser Stelle sozialer und gerechter zu gestalten“, sagt sie. Der wiederum sieht dazu keinen Anlass.
Möblierte Luxusapartments: Was kann die Stadt unternehmen?
Die Wohnungen in Hammerbrook bezeichnet Koeppen als All-inclusive-Luxussegment, „das nicht unserer wohnungsbaupolitischen Zielsetzung entspricht“. Solche Angebotsmieten seien „unanständig“ und trügen nicht zu einer ausgeglichenen Quartiersentwicklung bei.
Linken-Politikerin Sudmann kritisiert allerdings, dass Senat und Verwaltung derartige Abzock-Apartments bereits im Baurecht verhindern könnten und müssten. In der vom Bezirk Hamburg-Mitte ausgestellten Baugenehmigung für die Wendenstraße ist jedenfalls nur von „Mietwohnungen“ die Rede – geförderte, bezahlbare Sozialwohnungen sind nicht vorgesehen. „Derartige Projekte wie an der Wendestraße heizen das Wohnraum-Problem in Hamburg an“, ist Rolf Bosse überzeugt.