Wir leben seit 46 Jahren auf einem Campingplatz in Hamburg
Die Bienen summen, die Blumen leuchten farbenfroh, über der Elbe steht der strahlend blaue Himmel, auf dem Tisch ein Stück frisch gebackener Kirsch-Streuselkuchen. Eine Aussicht, die es sonst nur von Villenterrassen im Blankeneser Treppenviertel gibt. Aber Ute Salmeron (85) und Peter Kruse (80) verbringen ihre Sommer auf einem Campingplatz in Wittenbergen. Er ist erst seit ein paar Jahren dabei, sie schon viel länger. Denn niemand wohnt hier schon so lange wie sie, 40 Jahre nämlich. Warum das so toll ist, hat sie der MOPO erzählt..
Die Bienen summen, die Blumen leuchten farbenfroh, über der Elbe strahlt blau der Himmel, auf dem Tisch steht ein Stück frisch gebackener Kirsch-Streuselkuchen. Dazu eine Aussicht, die es sonst nur von Villenterrassen im Blankeneser Treppenviertel gibt: Ute Salmeron (85) und Peter Kruse (80) verbringen ihre Sommer auf einem Campingplatz in Wittenbergen. Er ist erst seit ein paar Jahren dabei, sie schon viel länger. Niemand campt hier schon so lange wie sie, 46 Jahre. Warum das so toll ist, hat sie der MOPO erzählt.
Den Kirschkuchen hat Peter Kruse gebacken. Der Lüneburger ist ein Alleskönner – Gärtner, Bäcker, Koch, Handwerker, Gute-Laune-Paket. Seine Lebensgefährtin Ute Salmeron ist froh, ihn gefunden zu haben. Wo? „Im Internet. Da soll man ruhig mal hingehen, da findet man noch Männer“, sagt sie. „2010 starb mein spanischer Ehemann Carlos. Lange konnte ich nicht alleine sein und alleine hätte ich das hier auch gar nicht geschafft.“
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Das hier: Das ist ihr Platz auf dem „ElbeCamping“-Campingplatz in Wittenbergen. Nur ein Zaun trennt ihn vom Elbstrand, ein paar hübsche Rankgitter von dem Platz daneben. Peter kümmert sich um die Rosen in dem kleinen Garten vor dem alten Wohnwagen. Dazwischen sind ein kleiner Teich, zwei Windspiele mit Schiffen und Leuchttürmen und zwei Flaggen. Das Hamburger Landeswappen betont ihre Liebe zur Hansestadt, die spanische Flagge erinnert an ihren verstorbenen Mann.
- Salomon/Florian Quandt In der Vergangenheit haben die Nachbarn viel Zeit miteinander verbracht – zum Beispiel am Wasser. (Archivbild)
In der Vergangenheit haben die Nachbarn viel Zeit miteinander verbracht – zum Beispiel am Wasser. (Archivbild) - Salomon/Florian Quandt Ute Salmeron war schon in ihren 40ern gerne in Wittenbergen.
Ute Salmeron war schon in ihren 40ern gerne in Wittenbergen. - Salomon/Quandt Abendliche Partys gehörten zum Alltag auf dem Campingplatz – der Affe war immer dabei. (Archivbild)
Abendliche Partys gehörten zum Alltag auf dem Campingplatz – der Affe war immer dabei. (Archivbild) - Salomon/Florian Quandt Ute Salomon (85) liebte das Wasser schon immer. (Archivbild)
Ute Salomon (85) liebte das Wasser schon immer. (Archivbild)
Seit die ehemalige Fotolaborantin („Wir waren Pioniere. Heute ist der Beruf ausgestorben“) auf den Campingplatz kam, hat sich eine Menge verändert. „Früher gab es hier fast täglich große Partys“ erzählt sie und kramt ein paar Schwarz-Weiß-Fotos hervor. Darauf zu sehen: Eine Gruppe aus Frauen mit Hüten und Männern mit Schnäuzern und einem großen Stoff-Affen. „Den hatten wir immer dabei, fragen Sie nicht warum“, sagt Salmeron. Die Camper sitzen um eine große Tafel, darauf ein paar Astra-Knollen, darüber Lampions. Auf einem anderen Bild stehen sie neben einem kleinen Boot. Einer spielt Akkordeon, einer Drehorgel, andere singen. Auch der Affe ist wieder mit dabei – ein bisschen unheimlich sieht er schon aus.
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Während sie über die alten Zeiten sinniert und ihren Kaffee schlürft, fährt hinter dem Zaun ein großes Frachtschiff vorbei. „Schiffe gucken geht hier gut“, sagt Salmeron. Ihr Peter befestigt gerade das lose Fenster an dem Camper. „Der ist von 1972 und war damals schon gebraucht. 9000 D-Mark haben wir bezahlt“, erklärt die 85-Jährige.

„Heute würde den keiner mehr so nehmen, die Ansprüche haben sich verändert.“ Es sei jetzt eher Glamping bei den jungen Leuten angesagt – Glamour-Camping. „Der geht langsam kaputt, aber das macht nichts. Werden uns keinen neuen kaufen“, sagt sie und blickt liebevoll auf ihren alten Wagen.
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Einiges hat sich verbessert, seitdem Ute Salmeron 1977 hierherkam. „Ich spüre den Fortschritt. Wir können hier fernsehen“, sagt sie. „Aber nur, solange die Sonne scheint. Wenn die Solarplatten nicht genug Licht abbekommen haben, geht das Gerät manchmal einfach mitten im Film aus. So ist das halt.“ Die Gemeinschaft auf dem Platz ist anders als früher. „Man ist mehr für sich, aber hilft sich gegenseitig. Wenn jemand etwas braucht, helfen ihm die anderen. Manchmal fragen sie mich als erfahrene Dauercamperin um Rat.“ Gerade ist Peter dabei, die Dusche bei den Nachbarn zu pflastern.

Einmal im Jahr gibt es einen „ElbeCamp-Tag“ für Familien auf dem Gelände. Die Interessierten können u.a. an Nachhaltigkeits-Workshops oder einem Mitmachzirkus teilnehmen.
Die Saison geht vom 1. April bis zum 15. Oktober. In der Zeit dazwischen und bei ganz katastrophalem Wetter schlafen die beiden bei Peter in Lüneburg, wo sie im Chor singen, oder bei Salmeron in der Lutterothstraße (Eimsbüttel). „Am Ende der Saison müssen hier alle Blumen weg“, berichtet die 85-Jährige. „Beim Ab- und Aufbau meckern immer alle, dass es so anstrengend ist. Aber man macht es doch immer wieder.“
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Aufbau macht deutlich mehr Spaß, sagt sie. „Der Beginn einer neuen Saison ist immer aufregend. Wer ist noch da? Wer hat einen neuen Partner? Sind alle noch gesund? Ist jemand bedauerlicherweise verstorben?“ An diesem Nachmittag haben die beiden nicht mehr viel vor. Ute Salmeron wird sich durch ihre alten Fotos blättern und auf die Elbe blicken, während Peter Kruse noch ein bisschen bei den Nachbarn hilft. „Das ist unser kleines Paradies“, sagt er. „Ich bin am allerliebsten hier!“