40.000 Euro pro Monat: Das Geschäft mit den Ukraine-Hunden
Fast 120.000 Euro hat die Stadt Hamburg bereits für die Unterbringung und Quarantäne der Hunde und Katzen ukrainischer Flüchtlinge bezahlt – alleine von März bis Mai. Das Geld geht an das private „Reso-Zentrum für benachteiligte Tiere“ in Mienenbüttel, das in dem ehemaligen LPT-Tierversuchslabor eröffnet wurde. Die Tagessätze pro Tier sind höher als die Summen, die die Stadt für die Unterbringung im Tierheim Süderstraße zahlt. Was steckt dahinter?
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Fast 120.000 Euro hat die Stadt Hamburg bereits für die Unterbringung und Quarantäne der Hunde und Katzen ukrainischer Flüchtlinge bezahlt – alleine von März bis Mai. Das Geld geht an das private „Reso-Zentrum für benachteiligte Tiere“ in Mienenbüttel, das in dem ehemaligen LPT-Tierversuchslabor eröffnet wurde. Die Tagessätze pro Tier sind höher als die Summen, die die Stadt für die Unterbringung im Tierheim Süderstraße zahlt. Was steckt dahinter?
Die jeweiligen Verträge der Stadt mit dem Reso-Zentrum im Landkreis Harburg und dem Hamburger Tierschutzverein (HTV) sind im Transparenzportal der Stadt einzusehen. Daraus geht hervor, dass die Unterbringung eines Hundes ohne Isolation in Mienenbüttel mit 21 Euro am Tag vergütet wird, während der HTV pro behördlich sichergestellten Hund 16 Euro am Tag erhält.
Für Eingangsuntersuchungen bei Hunden werden 75 Euro (Resozentrum) und 62 Euro (HTV) erstattet. Die Unterbringung von Katzen kostet die Stadt im Reso-Zentrum 17 Euro pro Tag, der HTV bekommt 7 Euro. Eingangsuntersuchungen von Katzen: 53 Euro (Reso-Zentrum) versus 42,50 Euro (HTV).
Höhere Tagessätze für Reso-Zentrum in Mienenbüttel
Warum bekommt das Reso-Zentrum in Mienenbüttel (Ortsteil von Neu Wulmstorf) höhere Erstattungen? Wird hier Geld verdient an der Not der Stadt, die wegen des Krieges schnell Unterbringungsmöglichkeiten braucht, nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere? Laut einer Kleinen Anfrage der AfD an den Senat hat Hamburg von März bis Mai monatlich rund 40.000 Euro für die Versorgung der ukrainischen Hunden und Katzen überwiesen. Für die Monate danach liegt noch keine Abrechnung vor.
Die Leiterin des Reso-Zentrums, Doris Firlus, will sich auf MOPO-Nachfrage nicht offiziell äußern, weist den Vorwurf der Bereicherung aber entschieden zurück. So müsse sie etwa den Transport der Tiere von den Unterkünften nach Mienenbüttel selbst bezahlen.
Die für Tierschutz zuständige Justizbehörde erklärt auf MOPO-Nachfrage, dass die Tagessätze „nicht miteinander vergleichbar“ seien und verweist auf zusätzliche Jahrespauschalen, etwa für den Tierrettungsfahrdienst, die der HTV erhalte. Diese haben mit den Tagessätzen tatsächlich wenig zu tun, denn für diese Pauschalen verpflichtet der HTV sich, für die Stadt rund um die Uhr Fundtiere und sichergestellte Tiere mit dem Struppiwagen abzuholen.
Ukraine-Hunde müssen in Quarantäne
Das kürzlich eröffnete private Zentrum vor den Toren der Stadt war eigentlich als Resozialisierungseinrichtung für Listenhunde konzipiert. Dann kam der Ukrainekrieg und nun sind bisher rund 250 Hunde und Katzen aus der Ukraine in Mienenbüttel gelandet, einige nur für zehn Tage, viele auch länger. Der Grund: Auch geimpfte Haustiere müssen in Quarantäne und dürfen, wenn bei einer Blutuntersuchung ein ausreichender Impfschutz nachgewiesen wurde, nach zehn Tagen entlassen werden.
Das Problem: Auch nach der Quarantäne, die bis zu drei Wochen dauern kann, haben viele Halter keine Möglichkeit, ihre Tiere zurückzuholen, etwa, weil sie in öffentlicher Unterbringung wohnen. Diese Tiere bleiben im Reso-Zentrum, Unterbringung und Tierarztkosten übernimmt die Stadt. Der Vertrag läuft bis Juni 2023.
Hamburger Tierheime sind voll
Der HTV zeigt sich überrascht von den unterschiedlichen Tagessätzen: „Wir haben diese Zahlen mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen“, so HTV-Sprecher Sven Fraass: „Wir sind mit den Behörden im Gespräch – und diese neuen Erkenntnisse werden natürlich mit einfließen.“
Warum die Stadt die Tiere der Flüchtlinge im Landkreis Harburg unterbringt, wo die Halter ihre Lieblinge nur mit großer Mühe und langer Anfahrt besuchen können? „Bei den Hamburger Tierheimen sind keine ausreichenden Kapazitäten für die Unterbringung der Tiere vorhanden“, erklärt die Justizbehörde. Tatsächlich leidet der HTV unter dramatischem Personalmangel.
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Was viele Tierschützer erbost: Vermieter des Reso-Zentrum ist nach MOPO-Informationen Jost Leuschner, der frühere Eigentümer des Horror-Labors, der mit dem Grundstück nun erneut Geld verdient. Die Justizbehörde erklärt auf MOPO-Anfrage, dass derzeit überlegt wird, auch nach Juni 2023 behördlich sichergestellte Tiere nach Mienenbüttel zu bringen.
Dem HTV, bisher alleinige Anlaufstelle für die Stadt, könnte damit eine Einnahmequelle versiegen. Das, so HTV-Sprecher Fraass, sei aber keine Bedrohung: „Wir erheben keinen Anspruch darauf, der alleinige Vertragspartner zu sein. Unsere finanzielle Zukunft ist davon auch ganz und gar nicht abhängig, da die vertraglich geregelte Unterbringung der sichergestellten Tiere in unserem Tierheim nicht einmal kostendeckend beglichen wird.“