„Sterben auf Raten“: Wie 2G-Plus Hamburgs Gastronomie in die Krise stürzt
Die Nachricht schockte Hamburgs Gastronomie-Szene: Ab nächsten Montag soll in allen Kneipen, Bars und Restaurants 2G-Plus gelten. Warum Restaurant- und Barbetreiber davon wenig halten – und was sie stattdessen fordern: Jetzt lesen mit MOPO+ – vier Wochen lang zum Testpreis von nur 99 Cent!
Die Nachricht schockte Hamburgs Gastronomie-Szene: Ab nächsten Montag soll in allen Kneipen, Bars und Restaurants 2G-Plus gelten. Das heißt, es haben nur noch Geimpfte oder Genesene Zugang, die einen negativen Corona-Test vorweisen können. Zusätzlich gilt weiterhin die Sperrstunde ab 23 Uhr. In der Hamburger Gastro-Szene herrscht Fassungslosigkeit.
„Das ganze ist ein Sterben auf Raten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis noch mehr Gastronomen das Handtuch werfen und die Mitarbeiter neue Branchen suchen. Mir wäre ein kompletter Lockdown jetzt lieber“, sagt Carlos Sequeira zur MOPO. Er betreibt unter anderem das „Bairro Alto“ in der Schanze. Viele seiner Gastro-Kollegen sehen das ähnlich.
Hamburgs Gastronomen wollen lieber einen Lockdown
„Wir sind eher für einen Lockdown, als für die neuen Regelungen. Alles wird nur umständlicher und auch den Gästen bringt das Essengehen keinen Spaß mehr“, sagen die Jungs vom „Diggis Smalls“ im Grindelviertel.
Timo Bartels und Malte Leider, die Inhaber der „Teigfabrik“ in Ottensen und Winterhude, sind frustriert über die Entscheidung des Senats. „Als es den Übergang von 3G zu 2G gab sind schon viele Reservierungen weggebrochen. Jetzt gibt es schon wieder kurzfristig neue Regelungen“, sagt Bartels.
Dehoga: Gastronomie sollte die Wahl haben
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht das Gesamtbild etwas anders, betont aber, dass es Rechtssicherheit geben müsse. „Grundsätzlich ist es für die Gastronomie besser, die Wahl zu haben, als ein genereller Lockdown“, sagt der Hamburger Dehoga-Vizepräsident Niklaus Kaiser. Man müsse hier das große Ganze sehen.
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Es gebe neben Einzelläden auch Restaurants in Hotels und Restaurants, die sich auf das Mittagsangebot konzentrieren oder für Büros kochen. „Wichtig ist allerdings, dass die Läden eine Rechtssicherheit haben, dass sie Hilfe bekommen, egal wofür sie sich entscheiden.“
Hamburgs Bars besonders hart getroffen
Besonders hart trifft die neue Verordnung die Bars, in denen das Geschäft meist erst spät am Abend richtig losgeht. Die Gastro einfach dicht machen dürfen die Länder zwar laut des Infektionsschutzgesetzes nicht, Hamburg könnte aber zum Beispiel die Sperrstunde selbstständig aufheben. „Warum muss denn jemand, der getestet ist, um 23 Uhr nach Hause gehen?“, fragt Stephan Fehrenbach von der „Laundrette“ in Ottensen.
An den Wochenenden habe er schon jetzt mehr als 50 Prozent weniger Gäste als vor der Pandemie. „Mit 2G Plus werden es noch weniger. Aber wenn ich den Laden selbst schließe, habe ich gar keine Chance mehr auf irgendwelche Corona-Hilfen“, so Fehrenbach. Wen die Verordnung vorliegt, werde er sie genau lesen und überlege Notfalls auch dagegen zu klagen.
„Alle geöffneten Bars werden rote Zahlen schreiben“
Fehrenbach gibt zu, er sei müde von immer neuen Regeln, bei denen es an jeglicher Logik fehle. Maik Henning, Vorstand vom Barkombinat und Betreiber der Bar „Gun Club“ auf St. Pauli, sagt: „Ich habe meinen Laden eigentlich nur noch auf, damit ich meine Mini-Jobber nicht wieder entlassen muss.“ Das gesamte Barkombinat, ein Zusammenschluss von Bars und Kneipen in Hamburg, sieht den kommenden Wochen mit großer Sorge entgegen und spricht sich unter den gegebenen Umständen für einen Lockdown aus.
Ein wirtschaftlicher Betrieb sei schon im Dezember kaum möglich gewesen. „Mit 2G Plus und Sperrstunde werden alle Bars, die geöffnet bleiben, rote Zahlen schreiben“, so eine Sprecherin. Das Problem: Bisher ist nicht bekannt, ob eine freiwillige Schließung des Betriebs diesen von der Überbrückungshilfe ausschließt. Und so werden manche den Laden offenhalten, selbst wenn kaum noch Gäste kommen.