19-jährige Hamburgerin kämpft um das Leben der Hamas-Geiseln
Für Familie Hirsch aus Hamburg findet der Krieg gegen Israel nicht nur auf dem Fernsehschirm statt: Zwei der drei Kinder waren in Israel, als die Terroristen der Hamas angriffen. Die Älteste setzt sich aus Hamburg mit außergewöhnlich großem Engagement für die Befreiung der rund 150 Menschen ein, die als Geiseln genommen wurden. Vor allem eine Verschleppte liegt Noa Hirsch am Herzen.
Für Familie Hirsch aus Hamburg findet der Krieg gegen Israel nicht nur auf dem Fernsehschirm statt: Zwei der drei Kinder waren in Israel, als die Terroristen der Hamas angriffen. Die Älteste setzt sich aus Hamburg mit außergewöhnlich großem Engagement für die Befreiung der rund 150 Menschen ein, die als Geiseln genommen wurden. Vor allem eine Verschleppte liegt Noa Hirsch am Herzen.
Die Vermisste ist die Schwester eines Freundes, den Noa Hirsch kennenlernte, als sie vergangenes Jahr in einem Internat in Israel ihr Abitur machte. „Meine Hoffnung ist, dass wir den politischen Druck auf die Bundesregierung erhöhen“, sagt die 19-Jährige und bittet die MOPO ausdrücklich darum, über das Schicksal der Frau zu berichten.
„Yarden Roman hat einen deutschen Pass und ist Nachfahrin von Holocaust-Überlebenden. Schon deshalb ist die Außenministerin verpflichtet, nichts unversucht zu lassen.“ Noa hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) direkt angeschrieben: „Ich bitte Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um diese unschuldige Frau wieder zurückzubringen.“
Deutsch-israelische Patchwork-Familie: Sie haben die schlimmsten Tage ihres Lebens hinter sich
Noas Mutter, die 54-jährige Michal Hirsch, unterstützt die Kampagne ihrer Tochter: „Je mehr Öffentlichkeit, desto größer Yardens Chance zu überleben.“

Die MOPO zu Besuch bei dieser deutsch-israelischen Patchwork-Familie. Im Wohnzimmer ihrer Altbau-Wohnung in Eppendorf sind sie alle versammelt: Vater Tim Schulz (57), ein Architekt, Mutter Michal Hirsch, die mit Modeartikeln handelt. Neben der 19-jährigen Noa gibt es noch den Sohn Lion (17) und die Tochter Shirly (15). Hinter ihnen allen liegen die schlimmsten Tage ihres Lebens, denn den Krieg in Israel haben sie nicht, wie die meisten anderen, auf dem Fernseher verfolgt, sondern hautnah mitbekommen.
Das gilt vor allem für die beiden Jüngsten, die dasselbe Internat in Israel besuchen, an dem die große Schwester 2022 Abitur gemacht hat. Als der Terrorangriff der Hamas begann, waren Lion und Shirly vor Ort. Der 17-Jährige erzählt, dass er an dem fraglichen Samstag vor einer Woche um 6.30 Uhr vom Lärm der Granateneinschläge wach geworden sei. „Sirenen heulten, alle waren in Panik.“
Seine 15-jährige Schwester erzählt: „Ich hatte große Angst. Ich wusste erst gar nicht, was zu tun ist. Dann haben uns die älteren Schüler mit in die Schutzräume genommen, die es überall auf dem Campus gibt.“
Lehrer bewaffneten sich, um die Schule zu verteidigen
Panik brach aus, als sich an der Schule herumsprach, dass es unzähligen Hamas-Terroristen gelungen war, die Sperranlagen an der Grenze zu überwinden und ins Land einzudringen. „Lehrer und Bedienstete haben sich sofort bewaffnet, um im Falle eines Angriffs die Schule gegen Terroristen zu verteidigen“, erzählt Lion. „Das war gespenstisch.“
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Und die Eltern in Hamburg? Denen war sofort klar: „Wir müssen die Kinder da rausholen.“ Weil zu diesem Zeitpunkt das Auswärtige Amt noch keine Evakuierung plante, buchte Mutter Michal kurzerhand einen Flug nach Israel. Vor Ort organisierte sie dann unter abenteuerlichen Umständen Rückflugtickets für sich und ihre Kinder. Seit Donnerstag ist die ganze Familie wieder in Hamburg. Aber ganz vorbei ist der Albtraum noch nicht. Das wird erst der Fall sein, wenn Yarden Roman, die befreundete Geisel, wieder frei ist.
Die 36-jährige Frau war im Kibbuz Be’eri in die Hände der Terroristen gefallen. Dieser Kibbuz hat aufgrund der Massaker, die dort vor einer Woche verübt wurden, traurige Berühmtheit erlangt. „Yarden, ihr Mann Alon und ihr dreieinhalbjähriges Kind Geffen wurden als Geiseln genommen“, erzählt Noa Hirsch. „Sie haben versucht, die Flucht zu ergreifen, sind vom Auto abgesprungen und davongerannt. Die Terroristen eröffneten das Feuer. Alon konnte sich mit dem Kind verstecken, aber Yarden ist seither verschwunden. “

Noa Hirsch setzt nun ihre ganze Hoffnung auf die Politik. Mutter Michal Hirsch glaubt, dass es am ehesten der Türkei gelingen könnte, die Hamas zur Freilassung der Geisel zu bewegen. „Von allen Europäern haben die schließlich den engsten Draht zur Terrororganisation.“ Aber schnell müsse es gehen. Es komme auf jede Stunde an. Sobald die Bodenoffensive der israelischen Armee beginne, sinke die Überlebenschance.
Auch um die Sicherheit ihrer eigenen Familie fürchtet Michal Hirsch. „Es gibt Menschen in Deutschland, die applaudieren angesichts der Gräuel“, sagt die Frau kopfschüttelnd. „Diese Menschen glauben, Israel habe es nicht anders verdient. Sie sehen nicht, dass es Hamas nicht um Frieden oder um die Palästinenser geht. Deren alleiniges Ziel ist es, Juden zu massakrieren.“
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Michal Hirsch erzählt, sie habe vorgestern auf Instagram einen proisraelischen Beitrag gepostet. Davon, was dann passierte, ist sie immer noch erschüttert: „Ich habe nichts als Hassnachrichten bekommen.“
Michal Hirsch kämpft gegen Antisemitismus: „Nie wieder – das ist jetzt!“
Wie gehen die Kinder mit dieser Situation um? „Es ist zurzeit nicht ohne Risiko, sich als Jude zu outen“, sagt der 17-jährige Sohn Lion. Und wenn sich seine Schwester Shirly mit ihren Freundinnen in einem Café trifft, dann redet sie über die Lage in Israel aus Sicherheitsgründen kein Wort – schließlich weiß sie nicht, wer am Nachbartisch sitzt.
Dass solche Sicherheitsmaßnahmen nötig sind in Hamburg im Jahr 2023, frustriert Mutter Michal Hirsch. Sie verlangt von der Politik, hart durchzugreifen gegen Antisemitismus. „Die Zeit der Sonntagsreden ist vorbei“, findet sie. Mit Blick auf die sechs Millionen ermordeten Juden des Holocaust habe es jahrzehntelang geheißen: Nie wieder! „Jetzt muss sich erweisen, wie ernst das alles gemeint war“, sagt sie. „Israel und die Juden brauchen Solidarität. Nie wieder – das ist heute!“