1426 tote Pelztiere – Tierschützer fordern: Stoppt die Jagd auf Nutrias!
Ein Junggeselle lebt im Schlosspark in Bergedorf, zahllose pelzige Familien sind glücklich in den Gräben von Nettelnburg oder Kirchwerder, und in Neuallermöhe sind sie besonders zahm, weil sie von Kindern gefüttert werden. Es geht um Nutrias, die sich im Bezirk Bergedorf stark vermehrt haben. Doch die Nager sind vielen ein Dorn im Auge – zuletzt wurde sogar eine Schwanzprämie auf sie ausgesetzt! Natürschützer sind entsetzt – und haben eine klare Forderung.
Ein Junggeselle lebt im Schlosspark in Bergedorf, zahllose pelzige Familien sind glücklich in den Gräben von Nettelnburg oder Kirchwerder, und in Neuallermöhe sind sie besonders zahm, weil sie von Kindern gefüttert werden. Es geht um Nutrias, die sich im Bezirk Bergedorf stark vermehrt haben. „Die Tiere werden seit Jahren geschossen, das bringt gar nichts“, so das Urteil von 17 Tierschutzvereinen. Sie fordern jetzt, dass die Jagd eingestellt wird.
Kinder seien in Gefahr, Hunde würden gebissen und hunderttausende Euro an Fraßschäden verursacht: Das alles wurde in Bergedorf über die Nager mit den orangefarbenen Zähnen kolportiert, bis der Druck so groß war, dass die Umweltbehörde im Sommer einen Topf mit mehr als 30.000 Euro an Schwanzprämien für Jäger zur Verfügung stellte. Pro erlegtem Tier gibt es seither zehn Euro. Ob seitdem mehr Nutrias getötet werden, ist noch nicht klar. Aber auch bevor es den Anreiz gab, wurden in der vergangenen Jagdsaison von März 2022 bis März 2023 mehr als 1400 Nutrias in Hamburg von Jägern geschossen und in Fallen gejagt (und dann getötet).

Nun haben 17 Tierschutzvereine auf Initiative der Wildtierstation Looki in Bergedorf einen offenen Brief an Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) geschrieben. Sie fordern, dass die Jagd auf Nutrias nicht verschärft, sondern – im Gegenteil – eingestellt wird. „Durch Abschüsse kann man die Zahl der Tiere nicht eindämmen“, sagt Looki-Chefin Vanessa Haloui. In ihrer Wildtierstation lebt derzeit „Nouki“, eine wenige Monate alte Nutria, deren Mutter tot im Gebüsch lag.
Nutrias in Bergedorf: Gutachten noch nicht fertig
Haloui und ihre Mitstreiter, darunter auch der Hamburger Tierschutzverein, fordern, dass endlich Fakten auf den Tisch kommen, bevor weitere Maßnahmen ergriffen werden. „Schluss mit dieser Hexenjagd auf die Nutrias.“ Tatsächlich hat die Umweltbehörde ein Gutachten in Auftrag gegeben, dessen Veröffentlichung immer wieder verschoben wurde. Darin soll geklärt werden, wie viele Nutrias überhaupt in Bergedorf leben, ob und welche Schäden sie verursachen.
Die Jäger vor Ort haben eine klare Meinung zu den auch als Sumpfbiber bezeichneten Neozoen aus Südamerika, etwa der Hegering-Vorsitzende Gerald Eggers: „Das ist eine invasive Art, die gehören ausgerottet.“ Die Kreisvorsitzende der Bergedorfer Grünen, Jenny Jasberg, wohnt selbst in Neuallermöhe und kennt die Lage aus eigener Anschauung. Die Bürgerschaftsabgeordnete teilt die Einschätzung der Tierschützer. „Ich beobachte das vor Ort selbst: Wenn ein männliches Tier verschwindet, dann gibt es sehr schnell viel mehr Nutrias als vorher.“ Der Grund ist laut den Tierschützern, dass dann junge männliche Tiere das Revier besetzen und sehr schnell Nachkommen zeugen.
Tierschützer: Nutrias kastrieren, statt zu schießen
Daher setzen Haloui und auch Jasberg eher auf Kastration und Sterilisation der Elterntiere. Dann blieben die Reviere besetzt und es gebe keine weitere Vermehrung. „Aber zunächst einmal brauchen wir das Gutachten“, so Jasberg. Erst dann könne man sagen, ob die Bestände überhaupt reduziert werden müssten. „Nutrias sind ja nicht gefährlich, es geht ja nur um die Frage, ob sie massive Schäden anrichten.“
Das könnte Sie auch interessieren: Diese Wilhelmsburgerin kämpft für den Erhalt eines einzigartigen Waldes
Zudem sei auch noch gar nicht geklärt, ob Nutrias nicht sogar einen Nutzen bringen. „Es könnte auch sein, dass sie die Wasserqualität verbessern. Außerdem halten sie Ratten und Bisamratten fern“, so Jasberg. Ein Fortschritt wäre aus ihrer Sicht schon, wenn die Nager nicht mehr gefüttert würden. „Hier stehen ja an jeder Brücke Schilder, die darauf hinweisen, aber die Tiere sind halt flauschig und putzig und sehr schnell zahm.“ Deshalb würden sie von Kindern gern gefüttert.