Abzocke immer schlimmer: 100 Euro Miete pro Quadratmeter – für ein WG-Zimmer!
Wenn es schon keine günstigen Wohnungen mehr gibt in Hamburg, dann könnte man sich doch erst einmal mit einem WG-Zimmer zufrieden geben, oder? Pech gehabt. Schon längst haben Firmen auch diesen Ausweg der Wohnungssuchenden für sich entdeckt und buhlen inzwischen um den höchstmöglichen Zimmerpreis: 900 Euro? 1000 Euro? 1600 Euro? Vermietet! Bislang sind Hamburgs Ämter gegen die Gier und den dubiosen „Möblierungszuschlag“ von Profi-Anbietern machtlos.
Wenn es schon keine günstigen Wohnungen mehr gibt in Hamburg, dann könnte man sich doch erst einmal mit einem WG-Zimmer zufrieden geben, oder? Pech gehabt. Schon längst haben Firmen auch diesen Ausweg der Wohnungssuchenden für sich entdeckt und buhlen inzwischen um den höchstmöglichen Zimmerpreis: 900 Euro? 1000 Euro? 1600 Euro? Vermietet! Bislang sind Hamburgs Ämter gegen die Gier und den dubiosen „Möblierungszuschlag“ von Profi-Anbietern machtlos.
Das Portal „WG-Gesucht“ bezeichnet sich selbst als „Deutschlands Nummer 1 für WGs“. Mehr als 16 Millionen Menschen besuchen die Website pro Monat in der Hoffnung, hier eine Unterkunft zu finden. Das Prinzip ist simpel: Wohngemeinschaften stellen ihre freien Zimmer online, um Nachmieter zu finden.
Immer mehr professionelle Anbieter auf „WG-Gesucht“
Doch inzwischen drängen sich immer mehr professionelle Firmen dazwischen. Eine davon nennt sich „Melanie“ und hat immer das gleiche Bild einer Frau am PC als Profilbild – wer genau dahinter steckt, ist nicht ersichtlich. 17 WG-Zimmer bietet dieses Unternehmen derzeit in Hamburg an, die meisten in Wilhelmsburg, Harburg und Heimfeld, zu Quadratmeterpreisen zwischen 47 und 63 Euro. Mal möbliert, mal unmöbliert.
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Das erscheint allerdings fast schon günstig im Vergleich zu dem Hamburger Co-Living Anbieter „Stacey“, der derzeit drei Angebote in Hamburg auf „WG-Gesucht“ geschaltet hat. Auf der eigenen Website finden sich allerdings noch mehr: 995 Euro kostet ein zehn Quadratmeter großes Zimmer in Eppendorf, das sind schlappe 99,50 Euro pro Quadratmeter. Dafür ist es möbliert, und gereinigt wird es auch. Besonders viel kann es dort allerdings auch nicht zu reinigen geben.

Ist zu wenig Platz? Kein Problem. Wer sich auch mal im Zimmer die Beine vertreten möchte, der kann für 1195 Euro ein 14-Quadratmeter-Apartment mieten. Das entspricht 85 Euro pro Quadratmeter. Auf St. Pauli oder in Eimsbüttel gibt es die gleichen „Suites“ zu den gleichen Preisen.
Der Kommentar zum Thema: Vergesst nicht immer die WG-Zimmer!
Alleine ist „Stacey“ mit dieser Praxis übrigens nicht: Auch „Spot a Home“ verlangt im nicht ganz so zentralen Volksdorf 1600 Euro für ein Zimmer mit „2 Single Beds“. Ob da dann zwei Leute drin schlafen oder wie groß der Raum überhaupt ist – unklar. MOPO-Anfragen an die beiden Anbieter blieben dazu unbeantwortet.

„WGs sind bei vielen Vermietern beliebt, da bei einer Vermietung der einzelnen Zimmer häufig eine höhere Gesamtmiete erzielt werden kann, als bei einer Vermietung der gesamten Wohnung“, sagt „WG-Gesucht“-Sprecherin Annegret Mülbaier der MOPO. Deshalb sei der WG-Markt zunehmend für professionelle Anbieter attraktiv. Seit 2021 werden sie auf „WG-Gesucht“ immerhin optisch von privaten Anbietern unterschieden.
Warum sind den Hamburger Ämtern die Hände gebunden?
Dass Firmen mehr Geld verdienen wollen, ist klar – aber warum kommen sie mit ihren Mondpreisen durch? Alexander Fricke, Sprecher des Bezirks Hamburg-Nord, erklärt, dass den Ämtern die Hände gebunden seien. Mietwucher könne bei den Eppendorfer Angeboten von „Stacey“ nach aktueller Rechtslage nicht nachgewiesen werden.
Das Problem: Sobald ein Stuhl, ein Bett oder ein Schrank im Zimmer steht, können Vermieter einen „Möblierungszuschlag“ auf die Nettokaltmiete verlangen. Dieser muss nicht extra aufgeführt werden, so dass nicht klar ist, wie hoch die alleinige Miete ohne Möbel eigentlich ist. Ein Schlupfloch im Gesetz.
So will Hamburg das Wohnraumgesetz verändern
Die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen versucht bereits seit Jahren, diese Lücke im Gesetz auf Bundesebene zu flicken. Im November 2021 flog ihr Vorschlag allerdings von der Tagesordnung, denn eine Mehrheit war nicht in Sicht. Im Juni 2023 startete Bausenatorin Karen Pein (SPD) einen zweiten Hamburger Anlauf – mit Erfolg. Der Gesetzentwurf, der Vermieter dazu verpflichten soll, den „Möblierungszuschlag“ offenzulegen, wurde vom Bundesrat beschlossen. Die Bundesregierung bat Ende Juli die Präsidentin des Bundestages, das Gesetz auf die Tagesordnung zu bringen – das ist noch nicht passiert.
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Für Marc Meyer, Anwalt bei „Mieter helfen Mietern“, geht das alles nicht weit genug. „Die Praxis, Wohnungen absichtlich zu teilen, um diese zimmerweise zu vermieten, muss untersagt werden“, sagt er. „Für mich ist das eine Zwangs-WG. Das, was auf dem Wohnungsmarkt diesbezüglich abläuft, ist einfach nur lumpig und sauteuer.“
Zudem, wendet er ein, blieben einzelne Zimmer auch bei einer Gesetzesänderung im Hamburger Mietenspiegel unsichtbar. Daraus folgt wiederum: Selbst wenn die Möblierung in Zukunft einzeln aufgeführt wird und nur die Miete zurückbleibt – es wird keine ortsübliche Vergleichsmiete für WG-Zimmer geben, anhand derer sich zum Beispiel Wucher messen lässt. Das Geschäftsmodell von „Stacey“, „Spot a Home“ und Co. bleibt also erst einmal weiterhin lukrativ.