• Jürgen H. (59), Fliesenleger und „Schwiegervater in spe" des Rappers
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„Streiten ständig“: Vater von Gzuz‘ Freundin plaudert Privates aus

Dritter Verhandlungstag gegen Rapper Gzuz von der 187 Strassenbande – und Amtsrichter Johann Krieten fühlt sich in die Anfänge des Gerichtsfernsehens erinnert: „Ich komme mir vor wie bei Barbara Salesch damals, wenn plötzlich jemand aus dem Publikum nach vorne sprang und rief ‚Ich war’s!'“ Tatsächlich waren für zwei Anklagevorwürfe unvermittelt Entlastungszeugen aufgetaucht. Einer davon: der Schwiegervater in spe, der freimütig aus dem Familien-Nähkästchen plauderte.

Die Staatsanwaltschaft wirft Kristoffer Jonas Klauß (34), wie der Rapper bürgerlich heißt, unter anderem vor, dass er an Silvester 2018 mit einer Schreckschuss-Pistole in die Luft geballert hat. Das Beweisvideo hat der Rapper selbst auf Instagram gepostet, was nicht so schlau ist, wenn seit 2008 ein Waffenverbot besteht.

Gzuz: Polizei findet Schreckschusspistole

Bei der Durchsuchung seines Hauses in Halstenbek kurz darauf gab Gzuz an, er habe die Waffe „von einem Nachbarn geliehen, für einen Videodreh.“ Nun die überraschende, Salesch-artige Wende im Prozess: „Die Schreckschusspistole ist meine“, behauptet Jürgen H. (59), Fliesenleger und zukünftiger Schwiegervater des Angeklagten.  

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Jürgen H. (59), Fliesenleger und „Schwiegervater in spe“ des Rappers

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Lamprecht

Er habe dem Lebensgefährten seiner Tochter deren Elternhaus in Halstenbek für 350.000 Euro verkauft, mit allem Inventar – und dabei vergessen, dass im Nachtschrank ja noch die Waffe und ein Teleskopschlagstock lagen. Wo er die Waffen herhabe, will der Richter wissen. Antwort: „Ich renoviere viele Altbauten, da findet man so was.“

Gzuz: Schwiegervater in Plauderlaune

Der Handwerker ist in Plauderlaune, erzählt von der Beziehung zwischen seiner Tochter und dem Rapper („Die sind mal nett zueinander und dann wieder nicht, die streiten ja ständig und dann ist er wieder tagelang nicht da und sie ist alleine mit den beiden Kindern“) und dass „der Jonas“ den Hauskauf sehr unkonventionell abwickeln wollte („er sagte, ich komm vorbei und bring das Geld“). Auch, dass Rapper und Schwiegervater sich mal zerstritten hatten, weil der Schwiegersohn nicht den üblichen Handwerkerlohn für den neuen Wintergarten zahlen wollte, erfahren Gericht und Zuhörer: „Ich sagte, Jonas, so viel kostet das und das musst du zahlen.“

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Verteidiger Christopher Posch mit Mandant Jonas Klauß alias Rapper Gzuz.

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Strassenbande 187-Rapper: Lügt der Schwiegervater?

Wieso er sich gerade jetzt als Zeuge gemeldet habe, will Krieten wissen. Der angehende Schwiegervater windet sich, berichtet von seinem gestrigen Geburtstagsessen in Hamburg und dass er „sowieso in der Stadt“ gewesen sei. Er kann auch nicht erklären, warum ein Anwalt neben ihm sitzt, den er noch nie gesehen hat. Den „Zeugenbeistand“ habe der Verteidiger organisiert: „Ich dachte, wenn der schon mal da ist, kann ich den auch nehmen.“

Richter Krieten: Zweifel an Aussage des Rapper-Schwiegervaters

Krieten erklärt, dass Jürgen H. auf jeden Fall ein Verfahren wegen unerlaubtem Waffenbesitz droht – und möglicherweise auch eines wegen uneidlicher Falschaussage: „Ich habe Zweifel an Ihren Angaben.“

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Amtsrichter Johann Krieten

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Der Anwalt des Zeugen bittet darum, kurz mit seinem unbekannten Mandanten sprechen zu dürfen. Nach wenigen Augenblicken kommen beide zurück in den Gerichtssaal – und der angeblich Waffen besitzende Fliesenleger will plötzlich gar nichts mehr sagen.

Rapper Gzuz: Familienleben erstmal lernen

Vor dem Gerichtssaal stellt sich Jürgen H. aber freimütig den TV-Kameras, spricht über die Kindheit seines Schwiegersohnes: „Es gibt Kinder, die haben keine Liebe kennengelernt. Wenn die dann selber Kinder haben, müssen die erst mal lernen wie das geht, Familie. Und da müssen wir ihm alle bei helfen, dass das klappt.“ Der Rapper und seine Lebensgefährtin haben zwei kleine Mädchen (6 und 1). Mehrfach erwähnt Jürgen H. mit Stolz die „acht, neun Goldenen Schallplatten“ des Rappers: „Das ist schon eine tolle Leistung in dem Alter.“

Auch ein zweiter Zeuge, den Verteidiger Christoph Posch überraschend präsentiert, macht keine gute Figur: Ein Freund, Personal Trainer der Strassenbande, behauptet, die Drogen, die im Dezember 2018 in der Wohnung des Rappers in der Neustadt gefunden wurde, seien seine.

Gzuz: Freund des Rappers sagt als Zeuge aus

Er habe ein halbes Jahr in der Wohnung des Angeklagten gewohnt. Nein, an die Adresse könne er sich jetzt nicht mehr erinnern. Auch, ob Gzuz mal in der Wohnung war, sei ihm entfallen. Und von weiteren Besuchern falle ihm jetzt nur noch eine Frau namens „Diamond“ ein, deren richtigen Namen er nicht mehr wisse. Dass in der Wohnung Briefe und Kontoauszüge des Angeklagten lagen, sei ihm nicht aufgefallen („ich wühle nicht in der Post“). Aber dass er seine Drogen in genau den Gläsern aufbewahre, die in der Anklage aufgezählt werden, das wisse er noch ganz genau.

Amtsrichter Krieten: Ordnungsgeld gegen Zeugen verhängt

Krieten, in bewährter „Richter Knallhart“-Manier, verhängt ein Ordnungsgeld von 200 Euro gegen den Zeugen, weil der so „mauert“.

Auch dem kiffenden Sporttrainer steht der von der Verteidigung organisierte Anwalt zur Seite. Und das Schauspiel wiederholt sich: Anwalt und Mandant haben sich noch nie gesehen, gehen kurz vor die Tür des Gerichtssaals – und bei der Rückkehr erklärt der Zeugenbeistand, dass der Zeuge nichts mehr sagen werden. 

Der Verhandlungstag endet, alle Beteiligten gehen in Urlaub. Mit einem Urteil ist frühestens Mitte August zu rechnen.

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