• Audrey Boateng arbeitet in Hamburg als Model und Schauspielerin.
  • Foto: Boateng/HFR

„Deutschland ist nicht rassistisch“: Jetzt spricht die Anmelderin der Mega-Demo

Audrey Boateng ist noch immer überwältigt. Mit ein paar hundert Menschen wollte die 20-Jährige am Sonnabend ein Zeichen gegen Rassismus setzen – am Ende kamen 14.000 Teilnehmer in Hamburg zu der Demo. „Damit hätte ich niemals gerechnet“, sagt sie zur MOPO.

Immerhin begann alles im kleinen Rahmen. Gemeinsam mit 20 weiteren jungen Menschen tauschte sie sich vor Tagen noch in den sozialen Netzwerken aus. Am Ende stand die Idee für den von einem Polizisten getöteten US-Amerikaner George Floyd auch hierzulande auf die Straße zu gehen, gegen Fremdenhass zu protestieren.

Hamburg: Tausende demonstrieren gegen Rassismus

Tausende folgten schließlich dem Aufruf, protestierten zwischen Gänsemarkt und Europapassage – gemeinsam, trotz unterschiedlicher Hautfarbe. „Es ging nicht um schwarz oder weiß. Es ging darum, gegenseitige Solidarität zu zeigen“, sagt Audrey Boateng.

Video: Das sagen Hamburger zum Alltagsrassismus

Die junge Frau ist in Wiesbaden aufgewachsen, lebt seit zehn Jahren in Hamburg, arbeitet als Schauspielerin und Modell – und ist den Alltagsrassismus leid. Menschen würden beim Anblick von Personen mit Migrationshintergrund die Straßenseite wechseln, in der Bahn ihre Taschen umklammern. Und trotz gleicher Voraussetzungen hätten Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Wohnungsmarkt oder bei der Jobsuche haben.

Rassismus-Demo: Anmelderin schildert Erfahrungen

„Ich habe das selber erfahren“, sagt sie. „Wenn man Migrationshintergrund hat, muss man mehr dafür tun als Personen, die diesen nicht haben. Egal ob man Schwarz ist oder generell eine dunklere Hautfarbe hat.“ Kurzum: Auch Deutschland habe ein Problem mit Rassismus. Aber: „Deutschland ist kein rassistisches Land“, betont Aubrey Boateng. Immerhin sei Deutschland ein Zuwandererland, Menschen würden die Chance erhalten, bleiben zu dürfen.

Audrey Boateng spricht auf der Anti-Rassismus-Demo in Hamburg.

Audrey Boateng spricht auf der Anti-Rassismus-Demo in Hamburg.

Foto:

Boateng/HFR

In einigen Regionen der Bundesrepublik sei multikulturelles Leben auch nicht mehr wegzudenken. „Hamburg ist eine bunte, offene Stadt. Aber auch hier gibt es Alltagsrassismus. Die Menschen gehen jedoch viel offener mit dem Problem um, sprechen über das Thema und versuchen es zu ändern“, sagt sie.

Protest in Hamburg: Rassismus ist wie Corona

So wie am Wochenende, wenngleich die Demo mit ihrer Vielzahl an Teilnehmern aus dem Ruder lief – immerhin gelten weiter die Corona-Richtlinien. Heißt: Nicht zu viele Teilnehmer, schon gar nicht Tausende. Weil der Zulauf nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte, bezeichnet Innensenator Andy Grote (SPD) die Anmelderin als „überfordert“, aber auch als „kooperativ“. So sei zum Beispiel eine Schweigeminute zum Abschluss der Veranstaltung vereinbart worden.

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Klar ist, dass Audrey Boateng unterm Strich stolz ist, dass so viele Menschen trotz Corona auf die Straße gegangen sind. „Die Botschaft ist so noch kraftvoller gewesen“, sagt sie. Gerade auch in diesen Zeiten sei es wichtig, sich gegen Rassismus einzusetzen. Allerdings friedlich. Für die gewaltsamen Auseinandersetzungen am Rande der Demo hat sie kein Verständnis. Wohl aber für die Wut der Demonstranten.

Reckt die Faust in die Höhe: Audrey Boateng fordert mehr Solidarität.

Reckt die Faust in die Höhe: Audrey Boateng fordert mehr Solidarität.

Foto:

Boateng/HFR

„Rassismus ist auch wie ein Virus. Alle suchen nach einem Corona-Heilmittel. Aber für Rassismus ist seit Jahrhunderten kein Heilmittel gefunden worden“, sagt Audrey Boateng. Und im 21. Jahrhundert sei es nun wirklich mal an der Zeit dafür.

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