Wie reiche Nachbarn einen Leuchtturm dimmten
Direkt neben dem Leuchtturm der belgischen Hafenstadt Ostende zog ein Immobilienentwickler einen Komplex mit Luxus-Apartments hoch. „Lange Nelle“, so heißt der Leuchtturm, ist 58 Meter hoch und wurde vom Designer Ignacio van Isacker mit blauen Wellen verziert. Er dient seit 1947 nicht nur als Wahr-, sondern auch als wichtiges Seezeichen. Noch in 25 Seemeilen Entfernung können Kapitäne und Steuerleute sein Feuer über dem Meer sehen. Nun leben wir in einer Zeit, in der Leute im Hafen wohnen möchten, um sich dann aber über das Schlagen von Containern, das Tuten der Schiffe aufzuregen. Oder eben über „störendes Licht“.
Direkt neben dem Leuchtturm der belgischen Hafenstadt Ostende zog ein Immobilienentwickler einen Komplex mit Luxus-Apartments hoch. „Lange Nelle“, so heißt der Leuchtturm, ist 58 Meter hoch und wurde vom Designer Ignacio van Isacker mit blauen Wellen verziert. Er dient seit 1947 nicht nur als Wahr-, sondern auch als wichtiges Seezeichen. Noch in 25 Seemeilen Entfernung können Kapitäne und Steuerleute sein Feuer über dem Meer sehen. Nun leben wir in einer Zeit, in der Leute im Hafen wohnen möchten, um sich dann aber über das Schlagen von Containern, das Tuten der Schiffe aufzuregen. Oder eben über „störendes Licht“.
In Bremerhaven kauften Leute eine Immobilie im Neuen Hafen und klagten allen Ernstes, als der Dreimaster „Schulschiff Deutschland“ an die Kaje gelegt wurde: Das Schiff verdecke die Sicht. Und ja, richtig geahnt – in Ostende beschwerten sich reiche Bewohner wegen des „störenden Lichts“. Alle zehn Sekunden! Welche Zumutung! Kann ja auch keiner ahnen, dass ein Leuchtturm nachts leuchtet.

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.
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Anwohner beklagen das „störende Licht“
Zu den Absonderlichkeiten unserer Zeit gehört nicht nur, dass manche Leute in ihrem Egoismus und ihrer Arroganz auf Ideen kommen, für die man sie auslachen müsste, sondern dass sie diese Ideen mit ihrem Geld und Einfluss durchbringen.
Der Druck, den der millionenschwere Immobilienentwickler des Apartmenthauses auf Belgiens Maritime Agency aufbaute, reichte anscheinend aus. Am Leuchtturm – eigentlich denkmalgeschützt – installierte man eine Blende. Sie sorgte dafür, dass „Lange Nelle“ nur noch in Richtung See strahlte.
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„Wir können den Bewohnern von Ostende nicht ihr Licht nehmen“
Doch dann regte sich Widerstand in Ostende.
„Wer war zuerst da: Der Leuchtturm oder diese Luxus-Apartments?“, fragte eine Petition in der Hafenstadt. Mehr als 10.000 Unterschriften kamen rasch zusammen.
Die Empörung wurde immer größer, bis sie den Bürgermeister und dann den Heimatminister für Flandern erreichte. Matthias Diependaele überlegte nicht lange. „Wir können den Bewohnern von Ostende nicht ihr Licht nehmen, nur weil sich ein paar Leute beschweren“, befand er. Die Blende am Turm muss weg – Feuer frei für „Lange Nelle“.
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Nicht lange ist es her, dass saßen wir mit unseren Kindern in einer Sommernacht am Hafenbecken und aßen Fritten. Wir sahen zu, wie der Strahl des Leuchtturms über die Stadt huschte. Ich mochte Ostende, das leicht siffige Seebad, das sich mit Streetart und Kultur neu erfand, als die Fähren nach England nicht mehr gingen und Kutter nicht mehr so häufig kamen, schon immer gut leiden.
Heute mag ich Ostende noch ein bisschen mehr.