Gemälde eines alten Schiffes

Die „Koning Willem de Tweede“ sank im Juni 1857. Foto: Maritiem Museum Rotterdam

Von Gold und Rausch und einem alten Wrack

Der Sturm wütet immer schlimmer und drückt das niederländische Handelsschiff in die Guichen Bay, eine Bucht an der Südostküste Australiens. Brecher schlagen auf das Deck, und an Bord bricht eine Panik aus. Wassereinbruch! Das Schiff sinkt schnell.

Der Kapitän bindet sich an ein Fass, mit dem er an den Strand treibt. Er wird einer von nur neun Überlebenden sein. 16 Besatzungsmitglieder der „Koning Willem de Tweede“ ertrinken im Juni 1857 beim Versuch, in einem Rettungsboot sicheres Land zu erreichen.

Wrack nach jahrelanger Suche entdeckt

Nun hat ein Forscherteam des Australian National Maritime Museums das Wrack nach jahrelanger Suche entdeckt. Finanziert wurde das Projekt von verschiedenen Einrichtungen in den Niederlanden und Australien. Die Wissenschaftler werteten historische Aufzeichnungen aus, um das Suchgebiet immer weiter einzugrenzen, und verwendeten ein Magnetometer – eine Art Metalldetektor – um Eisenteile aufzuspüren.

Probleme machen die Bedingungen auf dem Grund des Meeres: Feiner Sand, der leicht aufgewirbelt wird, erzeugt einen „Unterwasser-Schneesturm“, in dem die Taucher nichts mehr sehen. Die Wissenschaftler hoffen darauf, Artefakte wie die Schiffsglocke sichern zu können – und viele andere Teile, die etwas über die Crew und die Reise des Schiffes erzählen.


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Wenige Tage vor dem Untergang hatte das 43 Meter lange Schiff, aus Eichen in der Nähe von Rotterdam gebaut, mehr als 400 chinesische Minenarbeiter in die Stadt Robe gesegelt. In der benachbarten Kolonie Victoria war der Goldrausch ausgebrochen, vergleichbar mit dem in Kalifornien. Innerhalb von nur zehn Jahren verdreifachte sich die Bevölkerung Australiens.

Glücksritter aus der ganzen Welt wurden angelockt

Die Aussicht auf schnellen Reichtum lockte Glücksritter aus der ganzen Welt an. Unter ihnen waren viele chinesische Goldsucher – die schon bald zum Ziel rassistischer Anfeindungen wurden. Obwohl die Chinesen meist bereits ausgebeutete Gebiete bearbeiteten, warfen ihnen die westlichen Konkurrenten Diebstahl vor.

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Alltägliche Gewalt steigerte sich zum organisierten Aufruhr wie dem „Buckland Riot“, bei dem ein bewaffneter Mob chinesische Camps überfiel, prügelte und raubte. In einem Gerichtsverfahren wurden später alle Angreifer freigesprochen. Die Behörden erhoben eine „Einreisesteuer“ für jeden Chinesen, der in Victoria ankam: 10 Pfund, für die Glückssucher eine unerschwingliche Summe.


Stefan Kruecken hfr
Stefan Krücken

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.

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Die Chinesen umgingen diese Gebühr – buchstäblich – auf einem Hunderte Kilometer weiten Umweg. Sie landeten auf Schiffen wie der „Koning Willem de Tweede“ in Robe an und wanderten wochenlang Richtung Osten. Der Fund des alten Wracks bedeutet also mehr. „Es ist wichtig für die Region, aber es erzählt auch eine größere Geschichte“, sagte ein Experte im australischen Fernsehen. „Es ist eine Geschichte der Migration.“

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