Taucher Wrack
  • Unter Wasser wird durch Taucher immer häufiger die Totenruhe gestört (Symbolbild).
  • Foto: picture alliance / Shotshop | Addictive Stock

Traurige Realität am Meeresboden: Der Kampf gegen die Plünderer von Seegräbern

Stellen wir uns vor, dass ein Bus vor dem größten Friedhof der Stadt hält. Eine Gruppe Männer mit Spitzhacken und Schaufeln steigt aus und beginnt mit Buddelarbeiten. Sie posieren auf den Gräbern mit Gebeinen, fotografieren sich für Instagram mit Schädeln und stellen sie hinterher so hin, dass sich andere Besucher des Friedhofs erschrecken.

Klingt verrückt? Verachtenswert? Auf Grund der See aber ist es traurige Realität. „Was da unten passiert, ist unerträglich“, sagt mir Christian Lübcke, Hamburger Landesgeschäftsführer beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Der gemeinnützige Verein hat reichlich zu tun. Er kümmert sich um 2,8 Millionen Tote aus zwei Weltkriegen, verteilt auf 46 Länder – und eben auch um Seegräber. Allein in der Ostsee sanken 1945 Hunderte deutsche Schiffe, Tausende Menschen ertranken.

Nach völkerrechtlichen Verträgen wie der Genfer Konvention ist Deutschland dazu verpflichtet, Seegräber und die Ruhe der Toten zu schützen. Doch das wird immer schwieriger. Immer mehr Anbieter laden zu Tauchtouren zwischen Nazi-Grusel, angeblicher Schatzsuche und Nervenkitzel. Dass diese Aktivitäten in der Regel illegal und damit strafbar sind? Ist für manche Anbieter mit eingepreist.


Stefan Kruecken hfr
Stefan Krücken
Stefan Kruecken

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.

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Wer sich mit Lübcke unterhält, hört Begriffe wie „haarsträubend“ oder „Schande“. Aus manchen Wracks rissen Trophäenjäger die komplette Inneneinrichtung heraus, um Teile hinterher auf Ebay zu verscherbeln. „Je bekannter ein Schiff ist, desto mehr Trophäenjäger lockt es an“, berichtet der Experte.

Aus dem Wrack des Flüchtlingsschiffs „Wilhelm Gustloff“, das im Januar 1945 mit mehr als 5000 Menschen in der Ostsee sank, barg die polnische Marine 2019 die Leiche eines polnischen Sporttauchers. Vor der Insel Helgoland plünderten vor einigen Jahren niederländische Taucher den deutschen Kreuzer „Mainz“ mit Brechstangen und stellten die Beute stolz auf Facebook aus. Die Bundespolizei ermittelte wegen Störung der Totenruhe. Doch die Strafverfolgung ist insgesamt schwierig – was auch die Anbieter solcher Tauchtouren wissen.

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Lübcke möchte nun eine Allianz formen, um die Machenschaften der Wrackplünderer zu erschweren. In Hamburg treffen sich kommende Woche Vertreter verschiedener maritimer Museen, von Marine, Polizei und diverser Denkmalschutz- und Landesarchäologiebehörden zur Fachtagung. Ziel: eine gemeinsame Strategie auf den Weg zu bringen.

Zur größten Opfergruppe, die auf See ihre letzte Ruhe fand, gehören Frauen und Kinder. „Hinter jedem zivilen Flüchtling, Handelsmatrosen oder Soldaten steht auch eine Familie“, sagt Lübcke. „Wir sind in der Verantwortung, ihre Angehörigen besser zu schützen.“

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