Sanitäter mit der Leiche eines Besatzungsmitglieds der „Raptor“ auf der Ägäisinsel Lesbos
  • Sanitäter mit der Leiche eines Besatzungsmitglieds der „Raptor“ auf der Ägäisinsel Lesbos
  • Foto: picture alliance/dpa/AP | Panagiotis Balaskas

Nur einer überlebte: Der geheimnisvolle Untergang der „Raptor“

Der Sturm tobt unablässig, und der kleine Frachter meldet einen schweren Wassereinbruch. Ausfall der Maschine! Nun ist das Schiff nur noch ein Spielzeug der Wellen. Es ist Sonntagvormittag, kurz nach acht Uhr, als vor der Insel Lesbos eine Rettungsaktion der griechischen Coast Guard startet. Nur einer sollte überleben. Der späte „Mayday“ Ruf des Kapitäns wirft allerdings Fragen auf.

13 Seeleute sind an Bord der „Raptor“ (englisch: „Raubvogel“). Nur einer wird das Unglück überleben. Er kommt mit starken Unterkühlungen in ein Krankenhaus.

Untergang der „Raptor“ vor der griechischen Insel Lesbos

Was sich am vergangenen Wochenende in der Ägäis ereignete, klang zunächst „nur“ wie ein Drama, das beweist, wie gefährlich die Seefahrt auch heute noch ist. Doch vermutlich steckt hinter dem Untergang noch viel mehr. 


Stefan Kruecken hfr
Stefan Krücken
Stefan Kruecken

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.

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Der schwer verletzte Überlebende berichtet von einem wahren Krimi auf See. Demnach hat der Kapitän erst ein „Mayday“ abgesetzt, als die Lage für Schiff und Crew bereits aussichtslos war. Auf keinen Fall dürfe Hilfe von außen angenommen werden, beschwor er in den Stunden vor dem Untergang seine Mannschaft. Niemand dürfe an Bord.

Was war in den Laderäumen der „Raptor“?

Warum nicht? Weil etwas anderes in den Laderäumen war als 6000 Tonnen Salz wie in den Papieren angegeben? Die „Raptor“, 106 Meter unter der Flagge der Komoren, steht seit einiger Zeit auf einer Art „schwarzen Liste“ der Seeverkehrsbehörden. Dutzende Mängel und Unregelmäßigkeiten wurden moniert, vor allem Manipulationen am sogenannten „Öl-Tagebuch“.

Darin muss der Chef der Maschine, der „Chief“, dokumentieren, welche Tanks wann mit welcher Menge Treibstoff befüllt waren. Anhand dieser Angaben lässt sich rekonstruieren, wie viele Seemeilen ein Schiff tatsächlich zurückgelegt hat, auch wenn der Kapitän das vorgeschriebene Ortungssystem AIS ausgeschaltet hat. Verdacht: Die „Raptor“ ist ein Schmugglerschiff.

Überlebender sagt: Angaben zur Route waren frisiert

So soll der einzige Überlebende des Untergangs ausgesagt haben, dass der offizielle Zielhafen Istanbul nur ein Zwischenstopp war. Alle Angaben zur Route waren demnach frisiert. In Wahrheit sollte die Reise in einen Hafen der Ukraine gehen, in einen Landesteil, der von russischen Invasionstruppen besetzt ist.

Was bedeuten würde, dass sich ganz bestimmt mehr als Salz in den Laderäumen befindet. Etwa Waffen für Putins Ukraine-Krieg? Oder Munition? Das Schiff, 39 Jahre alt, gehört einer Firma in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria, die es einer libyschen Reederei abkaufte.

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13 Seeleute sind im Sturm auf der Ägäis ertrunken. Ob sich der Überlebende mit seinen Aussagen als Zeuge in Gefahr gebracht hat, das ist eine weitere Frage. Das Wrack liegt in knapp zweihundert Metern Tiefe auf Grund. 

Einfach wird es nicht, das Geheimnis der „Raptor“ zu lüften.

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