Kapitän Donald Trump? Dann doch lieber Florian Silbereisen
Nach knapp 200 Begegnungen mit alten Kapitänen habe ich einen Eindruck davon, was einen guten Chef auf der Brücke ausmacht. Gerecht sollte er sein, gütig, klar in der Ansage, immer beherrscht, niemals eitel. Ein guter Kapitän regelt Dinge, ohne sich aufzuplustern. Autorität entsteht durch Handeln, nicht durch vier aufgenähte Streifen auf dem Ärmel.
Wenn der Präsident eines Landes vergleichbar ist mit einem Kapitän, dann haben die USA tatsächlich ein Problem. Trifft nur eines der genannten Kriterien auf Donald Trump zu? Gegen ihn wirkt Florian Silbereisen auf dem „ZDF-Traumschiff“ wie eine hochseriöse Wahl.
Wohin Trump und seine MAGA-Minions das ihnen anvertraute Schiff steuern, wird man noch sehen, aber weil es ein sehr großes Schiff ist, droht vielen kleineren Kähnen im Fahrwasser Schaden. Mich erinnert die Entwicklung an den Untergang eines Frachters unter amerikanischer Flagge, vor etwas mehr als zehn Jahren.
Die „El Faro“ steuerte mitten in einen Hurrikan
Oktober 2015, Atlantik, südöstlich von Florida: Die „El Faro“, 241 Meter lang, war auf der Reise von Jacksonville nach Puerto Rico, als ein Hurrikan aufzog. Alle anderen Schiffe wichen „Joaquin“ aus. Die „El Faro“ steuerte mitten hinein. Was an Bord geschah in den letzten Stunden, zeichnete ein Datenrekorder auf der Brücke auf.
„Niemand, der klar bei Verstand ist, würde da reinfahren“, sagte ein Offizier wenige Stunden vor dem Untergang.
„Wir schon. Juchhu!“, erwiderte die zweite Offizierin.
Der Kapitän lag in seiner Koje, während Matrosen vor Angst ihre Rettungswesten überprüften. Er schlief auch noch, als eine sehr große Welle den Frachter traf und auf die Seite warf. Als er endlich auf der Brücke erschien, meinte er lapidar: „Nun, so ist das jeden Tag vor Alaska.“

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.
Alle aktuellen Folgen dieser Kolumne finden Sie hier.
Der Maschinenraum meldete einen problematischen Ölstand und das Schiff krängte, doch es fuhr weiter ins Auge des Sturms. Mannschaftsmitglieder schickten zu diesem Zeitpunkt Abschiedsgrüße an ihre Liebsten. Erst als ein Wassereinbruch in den Laderäumen gemeldet wurde, änderte der Kapitän den Kurs.
Keine halbe Stunde später fiel die Maschine aus. Immer mehr Wasser drang ins Schiff ein. Der Kapitän informierte die Reederei mit den Worten, man befinde sich „in keiner so guten Verfassung“. Minuten später schrillten Alarmsirenen durch die Gänge.
Der Kapitän schrie nun, dass jeder das Schiff verlassen solle. Die „El Faro“ legte sich auf die Seite. Ein verängstigter Seemann rief ihm zu: „Hilf mir. Hilf mir!“
„Keine Panik“, antwortete der Kapitän.
Darauf der Seemann: „Ich bin geliefert.“
Das könnte Sie auch interessieren: Kolumne: „Ich fürchte, ich muss Hamburg ein Opernhaus kaufen“
Einige Schreie sind noch zu hören, dann stoppt die Aufnahme auf der Brücke der „El Faro“. 33 Crewmitglieder und der Kapitän starben. Das Wrack liegt auf dem Grund des Atlantiks, 4700 Meter in der Tiefe.
Anmerkungen oder Fehler gefunden? Schreiben Sie uns gern.