China in Hamburg: Ein Galgenstrick aus Häfen
Hat Hamburg einen monströsen Fehler in seinem Hafen gemacht? Das ist die Frage, die wie ein böses Gespenst über der Entscheidung der Bundesregierung schwebt, die Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco am Terminal Tollerort zu genehmigen. Die Antwort werden wir erst später erfahren, und ich hoffe, dass sie nicht mit „Wie bescheuert war es eigentlich ...“ beginnt.
Hat Hamburg einen monströsen Fehler in seinem Hafen gemacht? Das ist die Frage, die wie ein böses Gespenst über der Entscheidung der Bundesregierung schwebt, die Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco am Terminal Tollerort zu genehmigen. Die Antwort werden wir erst später erfahren, und ich hoffe, dass sie nicht mit „Wie bescheuert war es eigentlich …“ beginnt.
24,99 Prozent des Terminals gehen also nach monatelangem Streit in Berlin, aber auch in Brüssel und bis nach Washington, an Cosco. Trotz aller Warnrufe und Bedenken, besonders unter Aspekten der Sicherheit. Mehrere Ministerien und auch der Verfassungsschutz waren klar dagegen, wie zu lesen ist. Hamburg wird damit Hafen Nummer 15 in Europa, an dem der chinesische Überwachungsstaat beteiligt ist.
„Ein systemischer Gegner hockt in unserem Wohnzimmer“
Das US-Magazin „Newsweek“ schreibt von einem „Halsband an Häfen“, das von Piräus bis Polen reicht. Im Jade-Weser-Port Wilhelmshaven zum Beispiel pachtete die „China Logistics Group“ ein Stück Boden für 99 Jahre, für ein neues Logistikzentrum. Praktischerweise direkt neben Deutschlands größtem Militärhafen, einer Schnittstelle hochsensibler NATO-Kommunikation. Halsband? Im Konfliktfall wohl eher ein Galgenstrick.
Man werde die Chinesen auf keinen Fall an „kritischer Infrastruktur“ beteiligen, beruhigte Hamburgs Bürgermeister Tschentscher noch vor Wochen die Debatte. Als das Terminal aber als genau dies eingestuft wurde, war der Punkt plötzlich unkritisch. Und nun hockt ein systemischer Gegner – eine Supermacht mit einem grundsätzlich anderen Bild von Welt, Gesellschaft und Mensch – in unserem Wohnzimmer.

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.
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Ich hatte erwartet, dass solche Themen nach dem Entsetzen über Russlands Vernichtungskrieg in der Ukraine anders gespielt werden. Anscheinend sahen Kanzler Olaf Scholz und Bürgermeister Peter Tschentscher (beide SPD) aber keine andere Wahl. Weil sie fürchten müssen, dass Hamburgs Hafen vollends abgehängt wird von Antwerpen und Rotterdam – wo die Chinesen übrigens 17,85 Prozent am Euromax-Terminal halten. Womöglich ist die „Zeitenwende“ längst eine Realität, nur ganz anders, als sie diskutiert wird.
Cosco und Werte: SPD zeigt sich bemerkenswert flexibel
Von Europa ist traurigerweise wenig die Rede, und selbst wenn eine Allianz der großen Nordhäfen Rotterdam-Hamburg-Antwerpen eine Utopie bleiben mag: Wäre jetzt nicht ein guter Zeitpunkt, es zumindest mal zu probieren?
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Die SPD zeigt sich bemerkenswert flexibel in Fragen aller Werte, die nicht in einem Geschäftsbericht auftauchen. Was in China-Fragen Tradition hat, denn seit Jahren gibt Klaus von Dohnanyi eine Art postsenile PR-Außenstelle für Xi. In einem Statement jubelt die Partei über „Planungssicherheit für den Hafen“ und Die Linke mosert über die angeblich „hysterische Diskussion“. Mit dem Anbiedern an Diktaturen kennt man sich bei der Linken aus.