Mit dem Segelschiff: Dieser Hamburger Käptn holt Kaffee und Rum aus der Karibik
Kurs auf weiße Strände, türkisfarbenes Meer und Palmen: Kapitän Cornelius Bockermann (63) sticht mit seinem Gaffelschoner „Avontuur“ (Afrikaans für Abenteuer) in diesen Tagen von Hamburg aus in See. Mit dem Zweimaster geht es über den Atlantik Richtung Karibik – nur mit der Kraft des Windes. Fast wie in einem alten Piratenfilm lädt seine Crew dort Kaffee, Kakao und Rum. Bockermann will beweisen, dass sauberer Frachttransport möglich ist.
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Kurs auf weiße Strände, türkisfarbenes Meer und Palmen: Kapitän Cornelius Bockermann (63) sticht mit seinem Gaffelschoner „Avontuur“ (Afrikaans für Abenteuer) in diesen Tagen von Hamburg aus in See. Mit dem Zweimaster geht es über den Atlantik Richtung Karibik – nur mit der Kraft des Windes. Fast wie in einem alten Piratenfilm lädt seine Crew dort Kaffee, Kakao und Rum. Bockermann will beweisen, dass sauberer Frachttransport möglich ist.
„Natürlich könnte ich die Fracht auch viel billiger per Containerschiff transportieren“, sagt Bockermann. „Mit philippinischen Arbeitskräften, die einen Hungerlohn verdienen und einem Schiff, das beim Verbrennen von Schweröl mächtig die Umwelt verschmutzt.“ Doch diese billige Fracht koste uns alle am Ende eben viel mehr – durch Umweltschäden und Maßnahmen wie das Ausbaggern der Elbe für große Containerriesen.
Der Schiffseigner weiß, wovon er spricht. Der Mann aus der Wesermarsch hat einige Jahre in Westafrika für die Ölindustrie gearbeitet, betrieb auch eine Schlepp- und Bergungsreederei. „Bis ich meinen Erweckungsmoment hatte“, sagt er lachend. 2015 kaufte er die „Avontuur“, ließ sie aufwändig instandsetzen und setzte ein Jahr später Segel für seine erste Frachttour.
Segelschiff Avontuur sticht in Hamburg in See
Der aktuelle Törn ist schon der zehnte. Mit an Bord ist immer eine 15-köpfige Crew aus Profis und freiwilligen Helfern aus aller Welt, sogenannten „Shipmates“. Sie wechseln nach jedem Törn. Die aktuelle Crew wird jetzt fast ein ganzes Jahr unterwegs sein, bis sie Hamburg wieder anläuft. Vier Mal wird die Mannschaft den gigantischen Atlantik in ihrer 43 Meter langen „Nussschale“ überqueren. Zunächst geht es nach Frankreich, dann auf die Kanaren, von dort in die Karibik und nach Kolumbien, zurück nach Frankreich, wo entladen wird und die Runde neu beginnt.
Mittlerweile weiß Bockermann, dass das Geschäft viel schwieriger ist, als er es sich vorgestellt hat. Nur eins der Probleme: Auf dem Weg Richtung Karibik und Südamerika fährt das Schiff fast ohne Ladung. Ärmere Länder können es sich nicht leisten, in Europa Waren zu bestellen. „Mit dem Frachtsegeln Geld zu verdienen, das ist sehr anstrengend.“ Aber er hält sein Projekt über Wasser, will beweisen, dass sauberer Frachttransport möglich ist. „Es gibt doch auch gar keine Alternative“, betont er: „Wir müssen weg von fossilen Brennstoffen.“
Windkraft statt Schweröl – „Avontuur“ segelt klimaneutral
Containerschiffe transportieren mehr als 90 Prozent der weltweit gehandelten Güter, angetrieben durch die Verbrennung von Schweröl. Die Weltschifffahrt stößt jährlich mehr CO2-Emissionen aus als die gesamte Bundesrepublik Deutschland. Die 15 größten Containerschiffe produzieren in einem Jahr so viele Schwefeldioxid, wie 750 Millionen Autos, rechnete der Nabu vor einigen Jahren aus.
Schon lange wird nach alternativen Antrieben für Handelsschiffe gerufen, doch passiert ist wenig. So hat etwa das Hamburger Unternehmen Skysails schon 2008 einen Lenkdrachen für Containerschiffe entwickelt. Die Technik funktionierte, doch die Innovation war den Reedereien zu teuer. Und weil Öl billig war und bei Schiffen nicht besteuert wird, fehlte der finanzielle Druck. Jetzt aber steigen die Ölpreise – und vielleicht bekommen die riesigen Drachen demnächst eine neue Chance, Frachter über die Ozeane zu ziehen.
Hamburg hatte in den 20ern schon Schiff mit Windrotor
Es gab sogar in den 20er Jahren schon die Entwicklung eines Windrotors (Flettner Rotor): Dabei bläst der Wind gegen einen großen rotierenden Zylinder, der das Schiff antreibt. Auch das setzte sich damals nicht durch. Heute wird wieder an der Technologie herumgetüftelt. Sie wird als Zusatzantrieb auf Fähren und Frachtern eingesetzt.
Auch wenn die „Avontuur“ nächstes Jahr zurück nach Hamburg kommt, geht es im Hafen ganz klassisch zu. Die Ladung wird per Flaschenzug und Muskelkraft gelöscht. Cornelius Bockermann: „Unser Projekt ist sehr anstrengend, aber das spornt mich erst recht an.“ Aber zwischen dem Ablegen und der Rückkehr liegen auch viele Wochen Karibik mit herrlichem Wetter und der Verkostung des Avontuur-Rums, da kann die Crew Kraft (und mehr) tanken.