Wie umweltfreundlich bin ich wirklich? Fünf MOPO-Kollegen machen den Test
Um das Klima zu retten, müssen wir unseren Lebensstil ändern, heißt es überall. Jeder Mensch müsse seinen Beitrag leisten für das große Ganze. Doch wie er oder sie das tut, das ist doch sehr unterschiedlich. Manche schaffen das Auto ab, andere verzichten aufs Fleisch. Doch wie viel bringt das wirklich? Fünf MOPO-Kollegen haben den Test gemacht.
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Um das Klima zu retten, müssen wir unseren Lebensstil ändern, heißt es überall. Jeder Mensch müsse seinen Beitrag leisten für das große Ganze. Doch wie er oder sie das tut, das ist doch sehr unterschiedlich. Manche schaffen das Auto ab, andere verzichten aufs Fleisch. Doch wie viel bringt das wirklich? Fünf MOPO-Kollegen haben den Test gemacht.
Wissenschaftler haben errechnet, dass jeder Mensch pro Tag maximal 6,8 Kilo CO2 verursachen darf, damit wir Zwei-Grad-Klimaziel nicht überschreiten. Um es für den Einzelnen einfacher zu machen, die eigene Klimabilanz zu überprüfen, hat die Non-Profit Organisation „Kairos – Institut für Wirkungsforschung und Entwicklung“ aus Österreich die 6,8 Kilo in 100 Punkte umgewandelt.
Kaum einer schafft eine Klimabilanz von 100 Punkten
„Ein guter Tag hat 100 Punkte“ hilft bei der Berechnung des persönlichen Verbrauchs in den Bereichen Mobilität, Wohnen, Konsum, Ernährung, öffentlicher Verbrauch (zusammengesetzt aus der jeweiligen Infrastruktur und Energieversorgung in einer Stadt) und Urlaub – entweder über die gleichnamige App oder über die Webseite www.eingutertag.org.
„Erschrecken Sie nicht, wenn Sie die 100 Punkte nicht schaffen“, beruhigt Projektgründer Martin Strele. Dieser Wert sei mit unserer mitteleuropäischen Lebensweise praktisch nicht zu erreichen. Der Durchschnittswert liege bei 450 Punkten. „Uns geht es darum, dass nicht nur der einzelne Bürger dafür verantwortlich gemacht werden kann, den Klimawandel zu stoppen“, betont Strele. Vielmehr wolle die Initiative „Ein guter Tag hat 100 Punkte“ einen Dialog eröffnen und damit auch Druck auf die Politik ausüben.
So macht die App am Ende des persönlichen Tests maßgeschneiderte Verbesserungsvorschläge, die man auch in politische Botschaften übersetzen kann. Beispielsweise: „Erhöhung der Mehrwertsteuer für Fleischprodukte“. Über die App kann man sich in lokalen Gruppen zusammenfinden und die Forderungen an die lokale Politik weiterreichen. Insgesamt haben sich laut Strele schon acht regionale Gruppen über „Ein guter Tag“ zusammengefunden.
Und so fiel das Ergebnis der MOPO-Kollegen aus:
Redakteurin Annalena Barnickel (25, aus Eppendorf) kam auf 290 Punkte insgesamt. Sie verteilen sich auf die Bereiche: Mobilität 103 Punkte (35,64 Prozent), Ernährung 36 Punkte (12,46 Prozent), Konsum 33 Punkte (11,42 Prozent), Urlaub 10 Punkte (3,46 Prozent), öffentlicher Verbrauch 32 Punkte (11,07 Prozent) und Wohnen 75 Punkte (25,95 Prozent).
„Das, was meine Klimabilanz zerschießt, ist mein Auto. Ich bin passionierte S- und U-Bahn-Fahrerin, lege 80 Prozent meiner Strecken damit zurück, aber manchmal ist das Auto doch praktischer. Klar, dass dafür auch Car-Sharing ausreichen würde. Für mich steht fest: Wenn das Auto bald nicht mehr über den TÜV kommt, werde ich mir kein neues kaufen. Flugreisen stehen bei mir dafür gar nicht auf dem Programm. Bei meiner Ernährung und meinem Konsum versuche ich, bewusster einzukaufen. Ich verzichte häufiger mal auf Fleisch und kaufe in Second-Hand-Shops ein. In meiner WG versuchen wir seit Jahren, möglichst wenig zu heizen – dafür ist der Stromverbrauch aufgrund der vielen technischen Geräte leider oft viel zu hoch.“
Chefreporter Olaf Wunder, der in Steinkirchen bei Stade lebt, kam auf 633 Punkte insgesamt. Die meisten Punkte gehen bei ihm fürs Wohnen drauf, nämlich 345 Punkte (54,5 Prozent). An zweiter Stelle steht bei dem Pendler das Thema Mobilität auf der Schmutz-Bilanzliste: 160 Punkte (25,28 Prozent). Die Ernährung schlägt bei Olaf Wunder mit 57 Punkten (9 Prozent) zu Buche, Konsum mit 30 Punkten (4,74 Prozent). Das Urlaubsverhalten sorgt für 9 Punkte (1,42 Prozent) und der öffentliche Verbrauch beträgt 32 Punkte (5,06 Prozent).
„Ja, ich esse Fleisch. Das wird auch so bleiben. Ich fahre viel Rad – aber nur zum Vergnügen. Da ich im Alten Land wohne, bin ich aufs Auto angewiesen. Das nächste wird aber immerhin elektrisch sein. Ich bin immer schon sparsam beim Energieverbrauch gewesen und da ich zur Miete wohne, kann ich an der Ölheizung im Haus nichts ändern. Wärmepumpe oder Solarkollektoren wären mir lieber, aber davon müsste die Hausbesitzerin erst überzeugt werden. Ich werde auch weiterhin reisen und dabei nicht aufs Flugzeug verzichten. Ich finde es wichtig, sich die Welt anzusehen. Nicht Flugzeuge meiden, ist der richtige Weg, sondern Flugzeuge bauen, die umweltschonend sind.“
MOPO-Praktikantin Menel Messoukat kam auf 306 Punkte insgesamt. Auch bei ihr erzeugt die Mobilität mit 138 Punkten am meisten CO2 und nimmt 45,1 Prozent ihrer Gesamtbilanz ein. Das Wohnen steht mit 54 Punkten an zweiter Stelle (17,65 Prozent), der Urlaub mit 36 Punkten an dritter Stelle (11,76 Prozent). Für den Konsum gehen bei Menel Messoukat 33 Punkte drauf (10,78 Prozent), für den öffentlichen Verbrauch 32 Punkte (10,46 Prozent). Am wenigsten CO2 produziert die 22-Jährige bei der Ernährung: 13 Punkte (4,25 Prozent).
„Im Alltag ernähre ich mich weitgehend vegan und fahre bei schönem Wetter mit dem Fahrrad. Da ich kein Auto habe, nutze ich ansonsten die öffentlichen Verkehrsmittel und pendle am Wochenende ab und an mit dem Zug nach Bremen. Bei meinem Klamottenkonsum versuche ich mich auf das Nötigste zu beschränken. Die Möbel in meinem WG-Zimmer stammen von meiner Vorgängerin. Viel dazugekauft habe ich nicht. Zugegebenermaßen bestelle ich Dinge oft im Internet und nutze, wenn es schnell gehen muss, Amazon Prime. Und ich verreise viel und gerne. Anfang des Jahres ging es beispielsweise nach Thailand – das hat meine Klimabilanz ganz schön nach unten gezogen. Ich koche wenig, bestelle gerne und hole mir ab und an einen Kaffee zum Mitnehmen. So kommt leider recht viel Verpackungsmüll zusammen. Andererseits achte ich beim Wocheneinkauf auf die Herkunft der Lebensmittel und kaufe viel Bio. Wasser- und Stromverbrauch sind bei mir gering bis durchschnittlich. Meine technische Ausrüstung beschränkt sich auf Laptop, Tablet, Handy und Kopfhörer. Ausgetauscht werden die Geräte nur, wenn sie wirklich nicht mehr zu gebrauchen sind.“
MOPO-Chefredakteur Maik Koltermann hat von allen Kollegen die niedrigste CO2-Bilanz: 224 Punkte insgesamt! Spitzenreiter (41,52 Prozent) ist für den 47-Jährigen aus Neugraben, die Mobilität mit 93 Punkten, die aber dennoch verhältnismäßig niedrig ist, weil Koltermann ein mit Ökostrom geladenes E-Auto fährt. Es folgt in der Bilanz die Ernährung mit 47 Punkten (20,98 Prozent), der öffentliche Verbrauch mit 32 Punkten (14,28 Prozent). Das Wohnen nimmt 18 Punkte in Anspruch (8,04 Prozent), der Konsum 28 Punkte (12,5 Prozent). Für Urlaub gehen bei Koltermann nur 6 Punkte drauf (2,68 Prozent).
„Jetzt steh ich da wie ein Öko-Streber. Dabei nehme ich mich eigentlich gar nicht so sehr zurück. Aber ein paar Eckpunkte retten offenbar meine Bilanz. Unser Haus ist recht neu, aber für fünf Leute nicht übermäßig groß. Außerdem aus Holz und sehr gut isoliert. Geheizt wird mit Wärmepumpe und Ökostrom. Sparsam bin ich auch beim Konsum. Ich kaufe eh nicht allzu viel, aber wenn, dann fast alles Second Hand: Klamotten, Möbel. Geräte. Und: Ich hasse fliegen. Sowieso und schon immer. Und seitdem klar ist, wie schädlich das ist, ist mir das eigentlich die Fernreise nicht mehr wert. Wir haben sogar zwei olle Autos, aber eins fährt mit Ökostrom – und das andere ziemlich wenig. Aber: ich esse noch Fleisch. Und ich surfe recht viel im Netz.“
MOPO-Redakteur Frank Wieding (56) kommt insgesamt auf 317 Punkte. Das liegt vor allem an seiner Wohnsituation – 131 Punkte (41,45 Prozent). Auch die Mobilität macht immerhin 170 Punkte (35,76 Prozent) aus. Der öffentliche Verbrauch liegt bei 32 Punkten (10,13 Prozent), der Konsum bei 23 Punkten (7,28 Prozent). Kaum eine negative Rolle spielt für Wiedings CO2-Bilanz die Ernährung (14 Punkte, 4,43 Prozent) und noch weniger der Urlaub (3 Punkte, 0,95 Prozent).
„Ich wohne mit meiner Frau und zwei Katzen in Sülldorf in einem Reihenhaus von 1957 auf komfortablen 120 Quadratmetern. Damit ist klar – das verhagelt meine Ökobilanz. Die Gasheizung tut ihr Übriges und der ökologische Fußabdruck ist ziemlich im roten Bereich. Und obwohl ich in der Stadt meistens das E-Bike benutze, bin ich auch bei der Mobilität kein Öko-Streber – auch wenn ich hier ein besseres Ergebnis erwartet hätte. Es zeigt aber, wie verzerrt man manchmal sein eigenes Handeln einschätzt. Auto, Fleisch, Wohnen, Reisen – jeder von uns weiß, dass unser Konsum für die Umwelt Mist ist. Ich lebe seit Jahren vegan. Ursprünglich aus ethischen Gründen, aber auch das Klima hat was davon. Nun muss zeitnah das persönliche Projekt „Energiewende“ starten: Gasheizung raus und Photovoltaik aufs Dach. Das reduziert meinen ökologischen Fußabdruck wenigstens etwas. Für eine Top-Bilanz wird auch das leider nicht reichen.“