Hamburgs Industrie: Wer wie Energie spart – und wer dazu schweigt
Kürzer duschen, weniger heizen: Angesichts der Energiekrise gibt es viele Tipps, damit wir kostengünstig durch den Winter kommen und das Klima schonen. Anders als in Berlin, fließt in Hamburg allerdings der größte Teil der Gas-Reserven gar nicht in die Privathaushalte – sondern in die Industrie. Was tun die Unternehmen, um ihren Verbrauch zu reduzieren? Die MOPO hat nachgefragt. Wer transparent geantwortet hat und wer sich trotz massivem Energieverbrauch in Schweigen hüllt: Lesen Sie mehr mit MOPO+ – jetzt vier Wochen lang für nur 99 Cent testen!
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Kürzer duschen, weniger heizen: Angesichts der Energiekrise gibt es viele Tipps, damit wir kostengünstig durch den Winter kommen und das Klima schonen. Anders als in Berlin, fließt in Hamburg allerdings der größte Teil der Gas-Reserven gar nicht in die Privathaushalte – sondern in die Industrie. Was tun die Unternehmen, um ihren Verbrauch zu reduzieren? Die MOPO hat nachgefragt.
Nicht alle Unternehmen wollten sich in die Karten schauen lassen. Ausgerechnet die Aluhütte Trimet, die zu den größten Energieverbrauchern in Hamburg zählt, lehnte ein Selbstauskunft ab. Ein Sprecher verwies lediglich auf ein Statement des Vorstandsvorsitzenden Philipp Schlüter, wonach man die Produktion gedrosselt habe.
Kupferhütte Aurubis nutzt industrielle Abwärme
„Das derzeitige Strompreisniveau sorgt dafür, dass die Kosten für die Herstellung von Aluminium in einem Maße gestiegen sind, dass sich keine kostendeckende, geschweige denn Gewinn bringende Produktion bewerkstelligen lässt“, so Schlüter in einer öffentlichen Erklärung.
Ganz anders die Kupferhütte Aurubis, die ebenfalls zu den Energieschluckern der Hansestadt gehört und einen offenen Umgang damit pflegt. So hat Aurubis in Hamburg im Jahr 2021 laut eigener Umwelterklärung 427.628 Megawattstunden Gas und 680.010 Megawattstunden Strom verbraucht.
Um den Verbrauch nachhaltiger und effizienter zu gestalten, wurden verschiedene Maßnahmen eingeleitet: Seit 2018 wird die industrielle Abwärme, die bei der Produktion entsteht, genutzt und zur Versorgung der östlichen HafenCity sowie Rothenburgsorts verwendet. Künftig soll die Wärmeauskopplung noch weiter ausgebaut werden, um so insgesamt 120.000 Tonnen CO2 einzusparen. Dafür wurde ein langfristiger Liefervertrag mit Wärme Hamburg geschlossen.
An anderen Standorten hat Aurubis den Umstieg auf erneuerbare Energien schon weitgehend vollzogen: In Belgien stammen ab Januar 2023 gut 90 Prozent des Energiebedarfs aus Windkraft. In Bulgarien wurde 2021 die größte unternehmenseigene Photovoltaikanlage des Landes installiert. Auch in Deutschland soll der Umbau weitergehen.
ArcelorMittal stellt Direktreduktionsanlage vorübergehend außer Betrieb
Auch der Verbrauchs-Gigant ArcelorMittal zeigt sich transparent: Der Jahresverbrauch habe 2021 bei einer Terawattstunde gelegen, der Gasverbrauch bei zwei Terawattstunden. Um den Verbrauch zu senken, sei der Betrieb der Anlage mit dem höchsten Gasverbrauch (Direktreduktionsanlage) Anfang des Jahres gedrosselt worden. Aktuell laufe die Anlage bei nur noch 20 Prozent. Erst kürzlich hatte der Stahlkonzern bekannt gegeben, dass die Direktreduktionsanlage, aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise zum vierten Quartal bis auf weiteres ganz außer Betrieb genommen wird.
„Der dort erzeugte Eisenschwamm für die Stahlproduktion wird aus Kanada zugekauft, damit wir weiter Stahl herstellen können“, so ein Sprecher zur MOPO. Langfristiges Ziel sei es, Gas als Energieträger komplett durch Wasserstoff zu ersetzen, um so die gesamte Produktion klimaneutral zu gestalten. Ab 2025 solle dafür eine Demonstrationsanlage zum Einsatz kommen, die jährlich rund 200.000 Tonnen Stahl mit Wasserstoff herstellen wird. Sobald Wasserstoff grün verfügbar sei, solle die gesamte Anlage umgestellt werden.
H&R Ölwerke will pro Jahr 0,5 Prozent Energie einsparen
H&R Ölwerke in Neuhof will seine Verbrauchszahlen genau wie Trimet nicht öffentlich machen. Eine Sprecherin erklärte, es gebe jedoch firmenintern das Ziel, jedes Jahr 0,5 Prozent Energie gegenüber dem Vorjahr einzusparen. Für 2021 seien sogar 0,8 Prozent erreicht worden.
Viel ist das nicht. Die Sprecherin wies jedoch darauf hin, dass die Chemieindustrie per se nun mal energieintensiv sei. „Die parallele Einsparung von Emissionen und Energie ist für Unternehmen der chemischen Industrie leider nicht ohne weiteres möglich.“ Man sei aber an dem Thema dran. So werde das Erdgas innerhalb der Produktionsprozesse zur Erzeugung von Prozesswärme verwendet. Der Strom stamme unter anderem aus einer Wasserstoffelektrolyseanlage.
Terminalbetreiber HHLA setzt auf LED und dreht die Heizung runter
Bei Hamburgs größtem Terminalbetreiber im Hafen, der Hamburger Hafen und Logistik AG, lag der Gasverbrauch 2021 bei 7,5 Millionen Kubikmetern, der Stromverbrauch bei 342 Millionen Kilowattstunden. Das Unternehmen weist darauf hin, dass 60 Prozent davon aus erneuerbaren Energien stammt. Der Einsatz alternativer Energiequellen sei seit vielen Jahren wesentlicher Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie der HHLA, die durch die Elektrifizierung auf die Senkung der CO2-Emissionen zielt.
Für die nächste Heizperiode plane man die Regulierung von Temperaturen, so eine Sprecherin. Außerdem werde bis Ende des Jahres die Umstellung der Beleuchtung auf LED abgeschlossen. Dadurch werde Strom vergleichbar mit dem Verbrauch von 400 Haushalten eingespart.
Hochbahn schaltet Geräte außerhalb der Kernzeiten ab
Bei der Hamburger Hochbahn lag der Gasverbrauch 2021 bei 13 Millionen Kilowattstunden, der Stromverbrauch bei 162 Millionen Kilowattstunden. Wie Unternehmenssprecher Christoph Kreienbaum betont, ist die Einsparung von Energie wesentlicher Teil der Strategie zu Erreichung des Firmenziels, bis 2030 klimaneutral zu sein. Dabei setzt die Hochbahn auf Ökostrom, auf die Rückspeisung von Bremsenergie bei allen U-Bahnen sowie auf stationäre Energiespeicher.
Seit Sommer habe man verschiedene Maßnahmen eingeleitet, zu der Schulungen zum energiesparenden Fahren gehören, die Absenkung von Heiztemperaturen in Werkstätten und Büros sowie Gemeinschaftsflächen oder das Abschalten von Elektrogeräten wie Kaffeeautomaten, Paternoster, Beleuchtung, Drucker außerhalb der Kernzeiten. Aktuell prüfe man außerdem die Absenkung der Temperatur in der kompletten U-Bahn-Flotte um ein Grad Celsius, die Absenkung der Kühlung im Sommer sowie die Nutzung des eigenen Standard-Holzeinschlags zur Wärme- und Stromgewinnung.
Universitätsklinikum Eppendorf: Patient:innenversorgung ist sicher
Zu den großen Energieverbrauchern gehören auch Krankenhäuser wie beispielsweise das UKE. Die Klinik verbrauchte 2021 Energie (Strom, Erdgas und Fernwärme) in Höhe von 151.265 MWh, wovon 12.700 aus dem eigenen Blockheizkraftwerk stammten.
Eine Sprecherin erklärte, das Krankenhaus verfolgte seit Jahren eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Aktuell stellten die hohen Energiekosten eine „große Belastung“ dar. Auf die momentane Situation sei das UKE als Teil der kritischen Infrastruktur jedoch gut vorbereitet. „Die Patient:innenversorgung ist zu keiner Zeit gefährdet.“
Hamburg Wasser: Das Gas kommt aus dem Faulturm
Noch vor 30 Jahren war Hamburg Wasser der größte Energieverbraucher der Stadt. Das hat sich inzwischen geändert. „Beim Energiebedarf sind wir inzwischen nur zu geringen Anteilen auf externe Energielieferungen angewiesen, weil wir seit Jahrzehnten die Eigenproduktion ausgebaut haben“, so Sprecher Ole Braukmann.
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So deckt Hamburg Wasser aktuell 77 Prozent seines Strombedarfs von 166 Gigawattstunden (im Jahr 2021) selbst ab, indem es Windkraft und Photovoltaik nutzt sowie indem das Unternehmen Gas verstromt, das bei verschiedenen Reinigungsschritten und Abbauprozessen im Klärwerk entsteht. Bis 2025 soll die Eigenerzeugungsquote auf 90 Prozent steigen. Die Gasproduktion in den Faulbehältern ist sogar so groß, dass sie den Eigenbedarf von 13 Gigawattstunden (im Jahr 2021) um mehr als ein Vierfaches übersteigt und an Hamburg Energie verkauft wird.
Fazit: Die Energiekrise stellt auch Hamburgs Industrie vor große Kosten und Herausforderungen. Aber die Unternehmen sind dran. Die Überlegungen und Maßnahmen zu Einsparungen laufen auf Hochtouren.