Öko-Pionier fordert: „Bäumepflanzen für jeden Bürger zur Pflicht machen!“
Solarenergie, Windkraftanlagen und Wärmepumpen sind aktuell in aller Munde. Hätte Deutschland mal früher auf Erneuerbare gesetzt, hätten wir heute keine beispiellose Energiekrise. Heiko von Tschischwitz (54) hat vor mehr als 20 Jahren die Notwendigkeit von Ökostrom gesehen und mit LichtBlick einen der ersten deutschen Anbieter gegründet. Jetzt hat er einen Roman zur Klimakrise geschrieben, den Öko-Thriller „Die Welt kippt“.
MOPO: Herr von Tschischwitz, in Ihrem Roman werden gleich zu Beginn zwei Klima-Aktivisten von einem Querdenker erstochen. Fürchten Sie, dass wir in naher Zukunft solche Auseinandersetzungen bekommen?
Heiko von Tschischwitz: Ich fürchte vieles. Der Prolog soll wachrütteln und zeigen, wie verrückt die Welt geworden ist und wie völlig verschieden die Auffassungen zum Klimawandel in der Gesellschaft sind. Und ja, das kann auch unsere demokratischen Strukturen gefährden.
Eine Ihrer Figuren fordert autofreie Sonntage und zeitweise Fahrverbote für Autos mit Verbrennermotor. Was halten Sie selbst von solch plakativen Verboten und Aktionen?
Solarenergie, Windkraftanlagen und Wärmepumpen sind aktuell in aller Munde. Hätte Deutschland mal früher auf Erneuerbare gesetzt, hätten wir heute keine beispiellose Energiekrise. Heiko von Tschischwitz (54) hat vor mehr als 20 Jahren die Notwendigkeit von Ökostrom gesehen und mit LichtBlick einen der ersten deutschen Anbieter gegründet. Jetzt hat er einen Roman zur Klimakrise geschrieben, den Öko-Thriller „Die Welt kippt“.
MOPO: Herr von Tschischwitz, in Ihrem Roman werden gleich zu Beginn zwei Klima-Aktivisten von einem Querdenker erstochen. Fürchten Sie, dass wir in naher Zukunft solche Auseinandersetzungen bekommen?
Heiko von Tschischwitz: Ich fürchte vieles. Der Prolog soll wachrütteln und zeigen, wie verrückt die Welt geworden ist und wie völlig verschieden die Auffassungen zum Klimawandel in der Gesellschaft sind. Und ja, das kann auch unsere demokratischen Strukturen gefährden.
Eine Ihrer Figuren fordert autofreie Sonntage und zeitweise Fahrverbote für Autos mit Verbrennermotor. Was halten Sie selbst von solch plakativen Verboten und Aktionen?
Sie sind jedenfalls sehr aktuell. Wir sprechen derzeit ja über die Frage, ob man Sauna oder Schwimmbad noch heizen darf. Das entscheidende dabei ist das Signal, das von solchen Einschränkungen ausgeht. Wir befinden uns in einer Situation, in der wir nur noch das verbrauchen dürfen, was wirklich notwendig ist. Es geht bei solch plakativen Aktionen daher gar nicht um die konkrete Strom- oder Benzinersparnis in dem Moment. Die ist vielleicht gar nicht so groß. Es geht darum, was es in den Köpfen der Menschen bewirkt.

Was für Vorgaben wären denn zum Wohle des Klimas wichtig? Flugverbote?
Zunächst einmal muss klar sein, dass wir ein viel größeres Budget für den Klimaschutz brauchen. Und dazu müssen alle beitragen. Der Staatshaushalt finanziert schon jetzt die Innere Sicherheit, die Infrastruktur und den Gesundheitssektor über Steuern, aber der Klimaschutz kommt dabei viel zu kurz. Das muss sich ändern.
Was würden Sie denn höher besteuern, damit das Budget steigt?
Klimaverschlimmernde Produkte. Aber es geht gar nicht nur um höhere Steuern. Beginnen sollte man mit Subventions-Abbau. Flug- und Schiffstreibstoff wird viel geringer besteuert als Benzin für Autos. Das muss sich erst mal ändern. Wir müssen nicht über Flug-Verbote reden. Aber wieso kann die Politik den Fluggesellschaften nicht auferlegen, dass sie für alle ihre Flüge das emittierte CO2 kompensieren müssen?

Dann würden die Flüge automatisch für Reisende teurer werden.
Ja, stimmt. Aber nur geringfügig. Es wäre dann immer noch billiger als vor zehn Jahren. Und sowieso billiger als Zugfahren. Die Verbraucher können ihre Flüge auch jetzt schon freiwillig kompensieren, aber das machen viel zu wenige. Dabei kann man mit 50 Euro schon einen Flug über den Atlantik kompensieren.
Die Strompreise steigen. Meinen Sie, viele Bürger versuchen, ihren Verbrauch einzuschränken?
Sicherlich und das ist gut. Der Strompreis steigt in exorbitante Höhen, da sollte der Staat den Bürgern schon helfen. Aber Strom war lange viel zu billig. Wer seine Lampe die ganze Nacht hat brennen lassen, der hat das auf der Stromrechnung kaum bemerkt. Das ändert sich jetzt und das ist eigentlich gut, denn nur so entsteht sparsamerer Umgang mit Energie.
Aber durch Mehrwertsteuer-Senkungen beim Gas oder Bezinzuschüsse wie im Sommer geht dieser Lenkungs-Effekt ja eigentlich verloren …
Genau. Im Grunde müsste man nicht die Energiepreise reduzieren, sondern den Ausgleich für die Bürger – der sinnvoll und notwenig ist – über ein Einmal-Entgelt oder eine andere Form der Steuerentlastung schaffen. Und dann kann jeder selbst gucken, ob er sich die teure Energie trotzdem leisten will oder lieber sparsam ist.
Wir alle wünschen uns für das komplizierte Klimawandel-Problem auch einfache Lösungen. Gibt es die?
Ja, auch. Zum Beispiel müssen wir den CO2-Ausstoß nicht nur reduzieren, sondern auch aktiv CO2 aus der Atmosphäre holen. Und das geht am einfachsten durch das Pflanzen von Bäumen. Die Natur zeigt uns die beste Lösung. Wir müssen nicht nur die Regenwälder schützen, sondern auch bei uns in Europa Wälder neu pflanzen.
Soll jetzt jeder von uns ein Bäumchen pflanzen, auch wenn morgen die Welt untergeht?
Warum nicht? Das wäre ein effizienter Beitrag, um den Weltuntergang zu verhindern. Man könnte ja jeden Bürger verpflichten, zehn Bäume im Jahr zu pflanzen. Viele Hamburger haben natürlich keinen Garten, denen könnten dafür Wiesen zur Verfügung gestellt werden. In China gibt es solche Gesetze schon.

China als Vorbild? Dort wird doch der Umweltschutz genutzt, um ein System von Überwachung und Unterdrückung zu legitimieren.
Ja, ein spannendes Thema, darum geht es auch im Roman. Es stellt sich aber trotzdem die Frage: Sind Demokratien in der Lage, langfristige Probleme zu lösen? Unsere Volksvertreter wollen alle wiedergewählt werden und denken deshalb nicht langfristig genug. Sie werden heute niemandem etwas wegnehmen, nur damit es allen in vielen Jahren besser geht. Ich bin kein China-Freund, aber die tun mit ihren langfristigen Fünf-Jahres-Plänen viel mehr für den Klimaschutz, als die meisten im Westen wahrhaben wollen.
Naja, dazu ließe sich noch viel einwenden. Aber weiter im Thema. Hätten Sie sich vor mehr als 20 Jahren, als sie Lichtblick gegründet haben, vorstellen können, dass wir immer noch so wenig Ökostrom produzieren?
Nein. Ich kämpfe seit über 20 Jahren für mehr erneuerbare Energien im Markt. Die damit verbundenen etwas höheren Energiekosten wollte die Politik aber den Verbrauchern nie zumuten. Das hat uns in die Abhängigkeit von Russland gebracht und nun zahlen wir ein Vielfaches von dem, was das rechtzeitige Umsteuern gekostet hätte. Und investieren auch noch in LNG-Terminals statt alles auf die Energiewende zu setzen.

„Die Welt kippt“-Lesung beim Reeperbahn-Festival: Kostenloser Eintritt, auch kein Ticket fürs Reeperbahn-Festival nötig! Mittwoch, 21. September, 18.45 Uhr, Festival Village Neo House (Heiligengeistfeld). Veranstaltung rund ums Buch und die Diskussion zu den darin aufgegriffenen Themen (Was tun gegen die Klimawandel? sind Demokratien geeignet, um langfristige Probleme zu lösen? Ist China Vorbild oder Feindbild?)