Klimawandel rückgängig machen? Eine Hamburgerin und ihr Risiko-Projekt
Als Schülerin hatte sie sogar eine 5 in Chemie und wählte das Fach nach der 10. Klasse ab. Heute ist das ganz anders: Maria-Elena Vorrath tüftelt daran, das klimaschädliche CO2 aus unserer Atmosphäre zu saugen. Das Ziel: Die Erderwärmung nicht nur abmildern, sondern rückgängig machen. Wenn‘s denn gut läuft – und die Forschung nicht von den Falschen missbraucht wird. Ein Projekt mit hohem Risiko. Und hoffentlich großem Gewinn.
Als Schülerin hatte sie sogar eine 5 in Chemie und wählte das Fach nach der 10. Klasse ab. Heute ist das ganz anders: Maria-Elena Vorrath tüftelt daran, das klimaschädliche CO2 aus unserer Atmosphäre zu saugen. Das Ziel: Die Erderwärmung nicht nur abmildern, sondern rückgängig machen. Wenn‘s denn gut läuft – und die Forschung nicht von den Falschen missbraucht wird. Ein Projekt mit hohem Risiko. Und hoffentlich großem Gewinn.
Den Klimasünder CO2 einfach einfangen – diese Idee macht Hoffnung im Kampf gegen den Klimawandel. Auch in Hamburg wird daran getüftelt. Zum Beispiel in einem kleinen Labor im Geomatikum der Uni Hamburg an der Bundesstraße (Rotherbaum). Hier forscht die Geowissenschaftlerin Maria-Elena Vorrath an einer Materialmischung, die nicht nur CO2 einfangen, sondern auch der Landwirtschaft nutzen soll.
Hamburg: So will Forscherin zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen
Hinter der Idee steckt ein uralter natürlicher Vorgang: Pflanzen nehmen CO2 aus der Atmosphäre auf. Sobald sie aber verotten oder verbrennen, wird der zuvor gespeicherte Kohlenstoff wieder mit Sauerstoff zu CO2. Um das zu verhindern, kann man sie ohne Sauerstoff verkohlen (Achtung, heiß: über 450 Grad!). So entsteht Pflanzenkohle, die auch noch den Boden fruchtbar macht.

Vorrath will diese Pflanzenkohle jetzt mit Nebenprodukten aus der Industrie wie Stahlschlacke oder Betonabfällen mischen, denn in ihnen gibt es bestimmte Minerale, die durch das Verwittern im Boden ebenfalls CO2 binden. „Stellen Sie sich vor, Atome sind auf einer Party und daten“, sagt sie und lacht. „Sie tanzen miteinander, trennen sich und am Ende gibt es neue Verbindungen. Einige der CO2-Molekühle gehen mit anderen Atomen eine Liebesbeziehung ein, die Jahrtausende hält. So gehen am Ende weniger CO2 Moleküle nach Hause zurück in die Atmosphäre.“ Auf Äckern und Feldern verteilt, kann die Mischung so gleich doppelt Gutes tun.
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Der Wermutstropfen: Die natürlichen Prozesse dauern lang und die Forschung, sie zu beschleunigen, steckt noch in den Kinderschuhen. „Wenn es funktioniert, hat das unmittelbar positive Auswirkungen auf Landwirtschaft und Klima. Aber es könnte auch sein, dass die Effekte nicht so groß sind wie erwartet und wir weiter forschen müssen“, so Vorrath. Ein echtes „high risk, high gain“-Projekt eben (hohes Risiko, hoher Gewinn).
Hamburger Wissenschaftlerin: Angst, dass die Forschung missbraucht wird
Doch noch etwas treibt Vorrath um: „Viele von uns fürchten, dass unsere Forschung missbraucht wird, und Politik und Unternehmen behaupten, dass wir so weitermachen können wie bisher, weil man CO2 entnehmen kann”, sagt sie. „Aber wir stoßen so unfassbar viel CO2 aus! Solang die Menschheit nicht 90 Prozent der Emissionen reduziert, können wir uns mit der CO2-Entnahme derzeit jährlich nur 20 bis 30 Minuten an Aufschub erkaufen, bis wir die 1,5-Grad überschreiten.” Ihre Botschaft: Die Emissionen müssen runter!
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Ihre Forschung lohnt sich trotzdem. Denn sie denkt schon viel weiter in die Zukunft, an ihre Kinder und Kindes-Kinder: An die zweite Hälfte des Jahrhunderts, wenn die Transformation hoffentlich erfolgreich war. Denn auch dann wird es unvermeidbare CO2-Emissionen geben – etwa in der Landwirtschaft, Tierhaltung oder Zementproduktion. Dann sollen die Technologien marktreif geforscht sein, um relevante Mengen aus der Atmosphäre entnehmen können. „Wenn es richtig gut läuft, kommen wir auf Netto-Negativ”, hofft Vorrath. „So könnten wir die Erderwärmung langfristig rückgängig machen.“