Huch, was macht das Schaf in der Photovoltaik-Anlage?
Photovoltaik auf Dächern leuchtet ein, aber auf Wiesen oder anderen offenen Flächen mitten in der Natur? Diese viel kritisierten Pläne von Bund und Ländern sollen verstärkt umgesetzt werden, um schnell und viel günstigen Strom bereitzustellen. Einer der das schon lange auf viel sinnvollere Weise realisiert hat, ist Wendelin Schmücker. Was der Schäfer vor zehn Jahren begann, macht jetzt Schule. Auch Vattenfall startet ein Projekt.
Photovoltaik auf Dächern leuchtet ein, aber auf Wiesen oder anderen offenen Flächen mitten in der Natur? Diese viel kritisierten Pläne von Bund und Ländern sollen verstärkt umgesetzt werden, um schnell und viel günstigen Strom bereitzustellen. Einer, der das schon lange auf viel sinnvollere Weise realisiert hat, ist Wendelin Schmücker. Was der Schäfer vor zehn Jahren begann, macht jetzt Schule. Auch Vattenfall startet ein Projekt.
Ein Stück Natur direkt an der Autobahn A39 bei Winsen. Der Verkehr rauscht laut vorbei, doch die Schafe stört das nicht, sie grasen friedlich. Erstaunlich ist nur, dass sie ausgerechnet unter und zwischen riesigen Photovoltaik-Anlagen herumlaufen. Die Module sind dafür extra „aufgeständert“, wie es im Fachjargon heißt – auf Gerüste montiert, so dass selbst große Schafböcke sich den Kopf nicht stoßen.
Winsen: Schafe weiden unter Photovoltaik-Anlage
„Ich wollte einfach zwei gute Dinge miteinander verbinden: Schafe und emissionsfreie Energie“, sagt Wendelin Schmücker. Der Mann mit dem grünen Filzhut hat seine Idee bereits vor zehn Jahren umgesetzt, so lange schon fressen sich rund 130 seiner Schafe auf diesen Wiesen satt, während über ihnen auf einer 7,5 Hektar großen Fläche Energie gewonnen wird.

Irritiert oder verängstigt waren die wolligen Vierbeiner von Anfang an nicht von den ungewohnten Gerüsten auf ihrer Weide. „Da die Module sich ja anders als Windräder nicht bewegen und auch keine Geräusche machen, stören die Schafe sich nicht dran“, so Schmücker. Im Gegenteil: „Die Anlage bietet ja sogar Witterungsschutz vor Sonne, Wind und Regen.“ Auch das Gras wächst auf der Anlage nicht langsamer durch die Beschattung.
Solarparks auf der grünen Wiese sind umstritten
Die Tiere ersparen sogar noch Geld für Arbeiten, die sonst ein Gartendienst erledigen würde: Ohne sie müsste regelmäßig unter den Gestängen gemäht werden, damit diese nicht so groß werden und die Module verschatten. Mit der Anlage, die 3,6 Megawatt produziert, können 1100 Haushalte mit Strom versorgt werden.
Das hat vor zehn Jahren eine Investition von vier Millionen Euro nötig gemacht. Schmücker: „Damit sich das rechnet, muss die Anlage rund 30 Jahre laufen.“ Weil er als Schäfer niemals eine so große Summe hätte stemmen können, hat er ein Geschäftsmodell gewählt, bei dem er nur die Fläche verpachtet und ein Unternehmen die Anlage gebaut hat. So muss er sich auch nicht kümmern, wenn einmal etwas kaputt ist oder die Technik streikt.

Der Energieriese Vattenfall setzt aktuell in Kooperation mit einer Telekom-Tochter ein ähnliches Projekt in Mecklenburg-Vorpommern um. Dort wird auf den 93 Hektar Wiesen eines Landwirtes ein Solarpark gebaut, unter dem einmal Hühner scharren sollen.
Schäfer aus Winsen lässt Schafe unter PV-Anlage grasen
Schön wird das sicherlich nicht aussehen und die Kommunen werden von den Ländern angehalten, darauf zu achten, dass es nicht zu Natur-Verschandelungen kommt. Auch Schmücker hatte seine Anlage damals nur genehmigt bekommen, weil sie direkt an der Autobahn liegt und überhaupt nur aus dem Autofenster oder vom Zug aus zu sehen ist.
Besonders häufig wird es zu diesen Agri-PV-Kooperationen womöglich nicht kommen. Denn laut niedersächsischem Umweltministerium sind sie durch die nötige Aufständerung deutlich teurer und zudem können nicht so viele Module errichtet werden, wenn Tiere dort leben. Niedersachsen plant beim Ausbau der Photovoltaik mit insgesamt 65 Gigawatt (GW), davon sollen auf Freiflächen 15 GW entstehen, die Mehrheit aber auf Dächern und versiegelten Flächen.
Hamburg hat noch keine Ausbauziele für PV formuliert
In Hamburg sieht das Klimaschutzgesetz vor, dass ab diesem Jahr neu errichtete Gebäude eine Photovoltaikanlage haben müssen. Wer ein Dach ab 2024 saniert, muss auch eine Anlage installieren. Auf Nachfrage bei der Hamburger Umweltbehörde ist über konkrete Ausbauziele aber noch nichts festgesetzt.
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Der Landesjagdverband Schleswig-Holstein sieht die Solarparks auf der freien Fläche äußerst kritisch: „Tagtäglich entstehen schlecht geplante Solarparks in Schleswig-Holstein“, sagt LJV-Präsident Wolfgang Heins. „Der Ausbau regenerativer Energien geschieht in vielen Fällen ohne Rücksicht auf Wildtiere, Amphibien, Reptilien, Pflanzen und Insekten.“ Die Jäger haben deshalb jetzt ein Siegel für gute ökologisch, nachhaltig und wildtierfreundlich geplant PV-Anlagen entwickelt.