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Helge Mangold (62) und Jan Fischer (43) leben seit Jahren in der ökologischen Siedlung in Neuallermöhe.
  • Helge Mangold (62) und Jan Fischer (43) leben seit Jahren in der ökologischen Siedlung in Neuallermöhe.
  • Foto: Patrick Sun

Älteste Öko-Siedlung: Wie es sich in Hamburgs Bullerbü lebt

Vogelgezwitscher, hohes Gras, blühender Schnittlauch auf den Dächern. Hier ein Baumhaus, dort ein helles Holzpferd. Wer auf den „Dschungelwegen“ durch die älteste ökologische Siedlung in Hamburgs Südosten streift, vergisst fast, dass er in einer Großstadt ist. „Bin ich in den Niederlanden?“, fragt man sich vielleicht, wenn man auf den kleinen Brücken die Fleete überquert. „Oder in Bullerbü?“

Nein, erinnert man sich dann, das kleine Wohnparadies liegt in Neuallermöhe. Doch von den 23.500 Einwohnern des Stadtteils im Bezirk Bergedorf hört man an diesem Freitagmittag Anfang Juni nur ein paar Kinderstimmen von der Schule nebenan. Für Helge Mangold sind die Ruhe und das viele Grün ganz normal. Vor 30 Jahren baute der 62-Jährige hier sein Haus und lebt seitdem mit seiner Familie in der Siedlung.

Ökologisches Wohnen in Hamburg: Siedlung in Neuallermöhe

Möglichst Ressourcen-schonend und gemeinschaftlich leben, das wünschten sich die Idealisten, als sie das Pionierprojekt in den 1980er Jahren gründeten. Und diese Grundideen funktionieren noch immer. Heute leben rund 90 Menschen in den 36 Reihen- und Doppelhäusern, die sich um drei „Höfe“ gruppieren, die eigentlich Wiesen sind. Autos sind an den Rand der Siedlung verbannt, die Häuser nur mit Grünflächen und Fußwegen verbunden. Kinder können so zur Grundschule gehen, ohne auch nur eine Straße überqueren zu müssen.

Die Gärten der einzelnen Bewohner sind klein – dafür gibt es noch größere Gemeinschaftsflächen. Patrick Sun
Die Gärten der einzelnen Bewohner sind klein – dafür gibt es noch größere Gemeinschaftsflächen.
Die Gärten der einzelnen Bewohner sind klein – dafür gibt es noch größere Gemeinschaftsflächen.

„Die Kinderfreundlichkeit und der Zusammenhalt sind die größten Vorteile der Siedlung“, findet Mangold. Denn sie ist gleichzeitig auch ein Verein. Die Gärten der Bewohner sind zwar relativ klein, dafür teilen sie sich noch Gemeinschaftsflächen.

Bullerbü–Feeling in Hamburg: Autos sind aus der Siedlung verbannt – stattdessen gibt es nur Grünflächen und Fußwege. Patrick Sun
Bullerbü–Feeling in Hamburg: Autos sind aus der Siedlung verbannt – stattdessen gibt es nur Grünflächen und Fußwege.
Bullerbü–Feeling in Hamburg: Autos sind aus der Siedlung verbannt – stattdessen gibt es nur Grünflächen und Fußwege.

Dächer sind begrünt oder haben Solaranlagen. Einige Bewohner waschen ihre Wäsche sogar mit Regenwasser. Die Häuser sind flächensparend in die Höhe und mit möglichst natürlichen Materialien gebaut. Wohn- und Schlafzimmer werden über vorgelagerte Wintergärten mit beheizt, die sich durch die Südausrichtung bei Sonne erwärmen.

Modellversuch im Umbruch: Wie geht es mit der Siedlung in Neuallermöhe weiter?

Am Mittag dieses Junitages sind in Mangolds Wintergarten schon fast 30 Grad – Fenster und Türen zu den Wohnräumen sind weit geöffnet. In seiner Freizeit gibt Mangold in der Siedlung Führungen. Internationale Studenten kommen regelmäßig her, aus Afghanistan etwa, aus Ghana oder Ecuador.

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Sie interessieren sich vor allem für das dezentrale Abwassersystem. Denn statt dem öffentlichen Netz gibt es hier Komposttoiletten und eine Pflanzenkläranlage, die das Grauwasser vom Duschen oder der Spülmaschine natürlich reinigt und ins Annenfleet leitet.

Viele der Häuser hier sind Holzständerbauen – und bestehen aus überwiegend natürlichen Materialien. Patrick Sun
Viele der Häuser hier sind Holzständerbauen – und bestehen aus überwiegend natürlichen Materialien.
Viele der Häuser hier sind Holzständerbauen – und bestehen aus überwiegend natürlichen Materialien.

„Eine Idee aus den 80er Jahren“, erklärt Jan Fischer, der im Vorstand des Vereins ist. Die Elbe war dreckig, die öffentlichen Klärwerke waren, was Energieverbrauch und Reinigungsleistung angeht, noch nicht auf heutigem Niveau. Heute ist die Anlage für deutsche Städte aber wohl nicht mehr zukunftsweisend. Mit rund 300 Quadratmetern braucht sie zu viel Platz, auch die Kompostbehälter der Toiletten nehmen die Hälfte der ohnehin schon kleinen Keller hier ein. Gerade für Länder mit weniger gut ausgebauter Abwasser-Infrastruktur ist das Prinzip aber noch spannend.

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Die Bewohner hier wollen dagegen ein bisschen optimieren – zumindest einige. „Wir sind ja eine von der Stadt initiierte Modellsiedlung, deshalb würden wir uns auch mehr Inspiration und Austausch mit der Stadt wünschen“, sagt Fischer. Doch die Vereinsmitglieder haben auch so viele Ideen: Eine Grauwasseraufbereitung etwa, bei der man via Wärmetäuscher auch die Abwärme nutzen könnte – oder andere Toilettenkonzepte. Jetzt beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit neuen Systemen, die man hier ausprobieren könnte.

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