Mord, Überfälle, tote Möwe als Waffe: Die zehn spektakulärsten Einsätze des Jahres
Auch in diesem Jahr waren Polizei und Feuerwehr in Hamburg im Dauereinsatz. Eine Sturmflut, die die HafenCity überschwemmte. Killer, die in einer Shisha-Bar ihren Drogenkrieg mit Blei austrugen. Ein Nackter, der mit einer toten Möwe auf eine Passantin losging. Die MOPO blickt auf die zehn spektakulärsten Verbrechen, Schicksalsschläge und Vorfälle aus 2022.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Auch in diesem Jahr waren Polizei und Feuerwehr in Hamburg im Dauereinsatz. Eine Sturmflut, die die HafenCity überschwemmte. Killer, die in einer Shisha-Bar ihren Drogenkrieg mit Blei austrugen. Ein Nackter, der mit einer toten Möwe auf eine Passantin losging. Die MOPO blickt auf die zehn spektakulärsten Verbrechen, Schicksalsschläge und Vorfälle aus 2022.
Die Sturmflut: „Ich hatte Angst, dass ich das nicht überlebe“
Orkantief „Zeynep“ hat im Februar für die größte Sturmflut seit Jahren gesorgt: Autos blieben im Wasser stecken, zahlreiche Menschen mussten von der Feuerwehr gerettet werden. Einer von ihnen: der Sicherheitsmann Irfan Rana (50).
Der Mann war auf dem Weg in die Speicherstadt, weil er einen Einbruchsalarm erhalten hatte. Er passierte eine Polizeisperre, fuhr sich dann aber fest. „Auf einmal war da Wasser, überall. Zwei Polizisten riefen, dass ich rausspringen sollte. Ich versuchte die Tür zu öffnen, aber der Druck war zu groß. Ich hatte Angst, dass ich das nicht überlebe.“
Er konnte sich schließlich doch aus dem Wagen retten, bis zur Brust sei ihm das Wasser gekommen, sagt er. Der Mann wird ins Krankenhaus gebracht. Insgesamt arbeitete die Feuerwehr innerhalb weniger Stunden knapp 700 wetterbedingte Einsätze ab.
Raubmord am Hamburger Michel – wegen 250 Euro
José R. ist bereits tot, als Passanten ihn am frühen Morgen des 28. März im Bereich des Michel finden. Mit einem Messerstich in den Hals wurde er ermordet. Der Täter, nach Erkenntnissen des Gerichts ein 47-jähriger Mann, hat R. wegen 250 Euro umgebracht, die das Opfer bei sich trug. Es sei ein klassischer Raubmord gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin bei der Verkündung des Urteils.
Laut Gericht habe der 47-Jährige die Tat wegen Geldsorgen begangen. Mit dem Geld soll er Schulden bezahlt und sich Drogen gekauft haben. Die Kammer verurteilte den gelernten Konditor zu einer lebenslangen Haftstrafe. Zuvor soll der Mann, der vor Gericht schilderte, es sei Notwehr gewesen, aber in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden. Beide Männer hatten sich vor der Tat in einer Bar im Portugiesenviertel (Neustadt) kennengelernt.
Vom Stalker erschossen: Sie träumte von der großen Bühne
Im Eingang ihrer Wohnung in Ottensen wird Anfang April Antonia H. gefunden. Die 22-Jährige ist tot. Erschossen von Kim W. (22) – ihrem Stalker.
Über Monate soll W. der 22-jährigen Schweizerin nachgestellt haben. Über ihren Bruder wird der Gleichaltrige auf Antonia aufmerksam, kurz bevor sie nach Hamburg zieht. Sie beginnt eine Ausbildung zur Musical-Darstellerin, träumt von der großen Bühne. Die junge Frau soll den Stalker immer wieder abgewiesen haben. Er schrieb laut Antonias Mutter seitenweise WhatsApp-Nachrichten. Mal liebevoll, aber auch immer wieder bedrohlich. „Wenn ich dich nicht bekomme, bringe ich mich um“, soll in einer dieser Nachrichten gestanden haben.
Der 22-Jährige ist offenbar gezielt nach Hamburg gereist, um Antonia H. zu töten. Ein Rückfahrticket hat er nicht gekauft. Er mietet sich ein Hotelzimmer direkt gegenüber dem Wohnhaus der Frau. Vor der Tat schreibt er: „Ich sehe dich.“ Wenige Stunden später klingelt er bei ihr. Als Antonia H. öffnet, erschießt er erst sie, dann sich selbst.
Radfahrer wird Richtung Bahngleise geschubst – und stirbt
Radfahrer Stephan L. wird Anfang Juni am S-Bahnhof Ohlsdorf von einem Mann in Richtung der Gleise geschubst – offenbar absichtlich, so lassen es zumindest Aufnahmen aus der Überwachungskamera vermuten. Der 56-Jährige wird zwischen Waggons eines anfahrenden Zuges eingeklemmt und tödlich verletzt. Der mutmaßliche Täter: Henry L. (62).
Der Mann – zweifacher Vater, Geschäftsmann, im IT-Bereich tätig – wird zwei Tage später am Hamburger Flughafen verhaftet. Später wird er aber „verschont“. Möglich macht das ein sogenannter Verschonungsbeschluss. Dieser wird eingeleitet, wenn klar ist, dass das Verfahren gesichert ist – auch bei „milderen Maßnahmen“, wie es juristisch heißt. Heißt: keine Haft nötig. Die Staatsanwaltschaft geht nicht davon aus, dass sich L. einem Prozess verwehren wird.
Doch was soll sein Motiv sein? Die Behörde gibt dazu bis heute keine Auskünfte. Mögliche Theorien: Der Mann fühlte sich durch den Radfahrer belästigt, als dieser, mit einem Fuß auf dem Pedal seines Fahrrads stehend, über den Bahnsteig rollte. Möglicherweise sorgte auch allgemeiner Hass auf Fahrradfahrer für eine Impulsreaktion. Dass sich Opfer und der 62-Jährige kannten, scheint dagegen unwahrscheinlich. Noch laufen die Ermittlungen in dem Fall.
Explosion in Schule: „Es hätte Tote geben können“
Es sei ein ohrenbetäubender Knall gewesen, „wie im Krieg“, erzählt eine Anwohnerin. Die Explosion in der Stadtteilschule Finkenwerder im Juli zerstörte große Teile des Schultraktes. „Ein paar Stunden später, und es hätte hier Tote gegeben“, so ein Lehrer.
Um kurz vor 4 Uhr kommt es zur Explosion, am Tag der Zeugnisausgabe und dem letzten Schultag vor den Sommerferien. Und nur wenige Stunden, bevor Kinder zum Unterricht erschienen wären. Dass keiner verletzt wurde, sei ein Wunder, sagten am Einsatz beteiligte Helfer. Schulsenator Ties Rabe (61, SPD): „Nicht auszumalen, was hätte passieren können.“
In einem Nebengebäude der Schule hatten zur Zeit der Explosion Kinder in einer Bibliothek übernachtet. Sie blieben unverletzt.
Für die Brandermittler gestalteten sich die Arbeiten zunächst schwierig: Der Rest, der vom Pavillonbau übrig blieb, galt als einsturzgefährdet. Zahlreiche Trümmerteile mussten erst entfernt werden. Als Ursache geht die Polizei von einer defekten Gasleitung aus.
Als der Killer die Uzi abfeuert, hat Terry keine Chance
Terry S. hatte keine Chance. Er sitzt Ende Juli in einer Shisha-Bar in Hohenfelde, raucht eine Pfeife. Zwei Männer betreten den Laden, kommen direkt auf ihn zu. Einer zieht eine Maschinenpistole, zielt und feuert. S. stirbt im Krankenhaus. Die Täter – dunkel gekleidet, maskiert, einer trägt eine Cap, der andere einen Fischerhut – verlassen die Bar, entledigen sich anschließend in Tatortnähe laut Erkenntnissen der Polizei noch ihrer kugelsicheren Westen.
Das Opfer gehörte vor seinem Tod einer Gruppe an, die äußerst lukrativ Drogen verkaufte, vorrangig Kokain. Terry S. war einer derjenigen, der mit anderen Handlagern den „Schnee“ aus Hafen-Containern holte. Auswertungen der „EncroChat“-Daten werden der Gruppe zum Verhängnis, die Polizei nimmt führende Mitglieder fest.
Anfang der Woche verhaften die Ermittler dann einen 24-Jährigen auf St. Pauli. Die Beamten glauben, dass er der Mörder ist, jener Schütze, der die Uzi abfeuerte. Und das Motiv? Streit im Drogenmilieu, mehr will die Staatsanwaltschaft nicht sagen. Nach MOPO-Informationen könnte ein Rachemotiv vorliegen. Im Milieu vermutet man auch interne Streitigkeiten der Gruppe. Die Ermittlungen dauern an.
Exhibitionist schlägt mit toter Möwe auf Frau ein
Es ist eine der absurdesten Meldungen des Jahres: Ende August soll ein Mann im Öjendorfer Park auf eine Frau mit einer toten Möwe eingeschlagen haben. Vorher hatte er sich die Möwe gegriffen und mit einem Messer erstochen, so die Polizei damals.
Das alles macht er auch noch splitterfasernackt: Er hatte sich vor dem Angriff bereits entblößt und der Frau sein Geschlechtsteil gezeigt. Auch auf den Hund der Frau soll der Mann eingetreten haben.
Um kurz nach 10 Uhr wird die Polizei informiert. Als erste Streifenwagen am Park halten, läuft der Mann in Richtung des Badesees und schwimmt bis zur Mitte des Gewässers. Die Feuerwehr rückt mit Löschfahrzeugen, Tauchern und einem Rettungshubschrauber an. Auch der Polizeihubschrauber „Libelle“ ist im Einsatz.
Polizisten lassen sich in einem Feuerwehrboot zu dem Mann bringen. Doch der weigert sich, an Bord zu gehen. Erst nach gut 30 Minuten, als ihn die Kräfte verlassen, lässt er sich in das Boot ziehen.
In Kiez-Hotel: Tödliches Drogen-Drama
Im Zimmer 716 des „Arcotel Onyx“ auf der Reeperbahn (St. Pauli) gerät Ende August eine Drogenparty aus dem Ruder: Vier junge Männer zwischen 19 und 22 Jahren hatten im obersten Stockwerk des Hotels eine Suite für mehrere Tage gebucht. Für den Abend planten sie eine Party – mit reichlich Alkohol und verschiedenen Drogen.
Auch dabei: eine 13-Jährige, die in einer betreuten Wohngruppe in Harburg wohnt. Am Morgen danach verlässt ein 20-Jähriger das Zimmer. Er will nicht bemerkt haben, dass die 13-Jährige und ein 22-Jähriger in einem schlechten Gesundheitszustand waren.
Gegen 18 Uhr kommt der 20-Jährige wieder – erst jetzt erkennt er den Ernst der Lage. Die drei sind nicht ansprechbar. Teils liegen sie in ihrem Erbrochenem. Der 22-Jährige weist, so Notarzt und Sanitäter kurz darauf, sichere Todeszeichen auf. Eine Reanimation ist zwecklos.
Die Polizei leitet mehrere Ermittlungsverfahren ein. Sie laufen noch. In dem Hotelzimmer waren Kokain, Marihuana, Tabletten und Alkohol gefunden worden.
Neue Spur im Fall Hilal: Erneute Suche im Volkspark
Es keimte Hoffnung auf in einem Fall, der Betroffene wie Polizisten und Außenstehende gleicherweise bewegt: Seit mehr als 20 Jahren ist Hilal Ercan verschwunden. Im Oktober wird erneut im Volkspark gesucht. Dort, wo einst einer der Verdächtigen zugab, Hilal getötet und verscharrt zu haben. Der Mann zog seine Geständnisse immer zurück.
Auslöser für die erneute Suche waren die Ergebnisse eines privaten Ermittlerteams – Familienfreunde und ein Anwalt. Sie hatten mit zwei Suchhunden ein Areal im Park abgesucht. Die Tiere schlugen an. Die Aktion wurde in einer NDR-Dokumentation veröffentlicht. An der Recherche war auch die MOPO beteiligt. In der Doku sagen die Hundeführer über das Anschlagen ihrer Tiere: „Hier liegen zu 1000 Prozent menschliche Knochen.“
In mehreren Schritten ließ die Polizei daraufhin die Fläche untersuchen, unter anderem von Geologen, die mit speziellen Sonargeräten vorgingen. Zwar fanden sie Anamolien im Boden, wo mit großer Wahrscheinlichkeit in der Vergangenheit gegraben worden war. Doch Knochen oder andere Hinweise, die auf Hilal bzw. auf ihren Verbleib hätten schließen lassen können, werden nicht gefunden. Die Ermittlungen dauern an, betont die Staatsanwaltschaft.
Millionen-Raub in der Hamburger Innenstadt
Es ist der spektakulärste Coup des Jahres: Kurz vor Weihnachten stürmen drei Männer einen Juwelier in der City, brechen mit Vorschlaghämmern Vitrinen auf, nehmen Uhren und Schmuck im Wert von rund zwei Millionen Euro mit.
Die Polizei stellt im Bereich Stadthausbrücke drei E-Scooter sicher, Zeugen wollen gesehen haben, wie die Männer auf ihnen geflüchtet sind. Ein Spürhund nimmt Fährte auf, doch die Spur verliert sich am Bahnhof Rödingsmarkt.
Die Beamten werten nun Videomaterial und Scooter-Daten aus dem Bereich aus. Und prüfen einen Zusammenhang mit einem versuchten Raub in Poppenbüttel: Zwei Wochen vor dem Coup waren dort ebenfalls drei Männer in einen Juwelierladen gestürmt, damals aber mit einer Axt bewaffnet. Sie bekamen die Vitrinen nicht kaputt.