Großer Abschied für gefeuerten Schultz? Das sagen die St. Pauli-Bosse
Ruhe ist noch nicht eingekehrt, allenfalls eine Beruhigung der Lage. Auch knapp zwei Wochen nach der Freistellung von Trainer Timo Schultz bewegt die umstrittene Entscheidung der Vereinsführung die Gemüter in der braun-weißen Welt, was auf der Mitgliederversammlung deutlich wurde. Mit dem 45-Jährigen wurde nicht einfach ein Coach von seinen Aufgaben entbunden, sondern auch ein Ur-St. Paulianer und Publikumsliebling. Einer, der nach Meinung vieler Fans nicht so einfach von einem Tag auf den anderen weg sein kann – und das war es dann.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Ruhe ist noch nicht eingekehrt, allenfalls eine Beruhigung der Lage. Auch knapp zwei Wochen nach der Freistellung von Trainer Timo Schultz bewegt die umstrittene Entscheidung der Vereinsführung die Gemüter in der braun-weißen Welt, was auf der Mitgliederversammlung deutlich wurde. Mit dem 45-Jährigen wurde nicht einfach ein Coach von seinen Aufgaben entbunden, sondern auch ein Ur-St. Paulianer und Publikumsliebling. Einer, der nach Meinung vieler Fans nicht so einfach von einem Tag auf den anderen weg sein kann – und das war es dann.
Es ist ein heikles Thema, kein Wunder, bei einer derart emotional aufgeladenen Lage. Während der Versammlung am Samstag im CCH fragte ein aufgewühltes Mitglied, ob der abgesetzte Chefcoach denn noch eine „würdige“ Verabschiedung bekomme.
Am 25. März verabschiedet St. Pauli Ex-Profi Kalla
„Selbstverständlich werden wir mit Timo darüber sprechen“, versicherte Präsident Oke Göttlich und verwies auf das Abschiedsspiel von St. Pauli-Urgestein Jan-Philipp Kalla am 25. März. „Das könnte ein gegebener Rahmen sein.“ Unklar blieb zunächst, ob Göttlich damit meinte, eine Schultz-Verabschiedung bei Kallas Event zu integrieren, weil „Schulle“ als langjähriger Mitspieler ohnehin von Kalla eingeladen werden dürfte, oder ob Schultz einen eigenen Rahmen bekommt.
Aus MOPO-Nachfrage erklärte Göttlich zwei Tage nach der Mitgliederversammlung zu dem Thema: „Wir wollen erst mit allen Beteiligten besprechen, wie eine gebührende Verabschiedung aussehen könnte.“
Sportchef Bornemann steht einem Schultz-Abschied positiv gegenüber
Sportchef Andreas Bornemann, der die Empfehlung zur Freistellung von Schultz abgegeben hatte und dem teilweise persönliche Motive vorgeworfen werden, was er auf der Mitgliederversammlung vehement von sich wies, steht einer offiziellen Verabschiedung von Schultz positiv gegenüber, sagte zur MOPO: „Ich bin absolut dafür und würde so etwas zu 100 Prozent mittragen.“ Er verwies darauf, dass so etwas nicht zu seinem Aufgabenbereich gehöre: „Grundsätzlich sind Verabschiedungen ein Vereinsthema.“
Die entscheidendere Frage ist ohnehin eine andere: Will Schultz überhaupt einen großen Abschied am Millerntor? Die Enttäuschung über die Freistellung und die Art und Weise der Kommunikation war groß beim Coach. Ob sie sich mit der Zeit legt, Wunden heilen, ob Unstimmigkeiten zu klären und Risse zu kitten sind oder sich für einen Tag ignorieren lassen, ist schwer zu prognostizieren.
Nur Stanislawski und Lienen waren ähnlich populär wie Schultz
Nur zwei St. Pauli-Trainer in diesem Jahrtausend waren so populär wie Schultz. Holger Stanislawski und Ewald Lienen. Beide hatten die Gelegenheit, sich von den Fans am Millerntor zu verabschieden. Urgestein Stanislawski sagte nach dem letzten Heimspiel der Bundesligasaison – einem sportlichen unwürdigen Rahmen (1:8 gegen Bayern) – mit einer Ehrenrunde unter Standing Ovations tschüss und wechselte nach Hoffenheim. Lienen, sieben Jahre Trainer, Technischer Direktor und zuletzt Wertebotschafter, wurde vor dem ersten Heimspiel der laufenden Saison gegen Nürnberg verabschiedet, hielt eine Ansprache an das Publikum, wurde mit Sprechchören gefeiert.
Auch Schultz hätte einen Abschied vor vollen Rängen im Millerntorstadion nach 17 Jahren als Spieler, Nachwuchstrainer und Chefcoach der Profis absolut verdient, da sind sich alle einig. Der Unterschied zu Stanislawski und Lienen ist, dass Schultz‘ Ende bei St. Pauli plötzlich, unfreiwillig und in der Winterpause kam. Gut möglich, dass er schon bald oder spätestens im Sommer bei einem anderen Verein Trainer ist, was Rahmen und Charakter einer Verabschiedung einschränken dürfte.
Schultz-Abschied bleibt ein schwieriges Thema
Schwierig ist das Thema Schultz-Abschied so oder so. Er könnte zu einer Stimmungs-Demo für den Coach und gegen die Vereinsführung geraten – ein Risiko für den Klub. Schultz wiederum könnte überlegen, ob eine Verabschiedung durch den Verein nicht auch jenen nützt, die seinen Abschied beschlossen haben.
Einfach war das Thema Verabschiedungen beim FC St. Pauli noch nie, das gilt übrigens auch für die Zeit vor Göttlichs Präsidentschaft. Vielleicht ist das mal eine Aufgabe für den neuen Aufsichtsrat und Ehrenrat. Wichtig ist das Thema bei einem werteorientierten Verein allemal.