Der „Schneekönig“ ist tot: So wurde die berüchtigte Hamburger Kiez-Größe beerdigt
Kiez, Koks, Knast: Den größten Teil seines Lebens verbrachte Ronald Miehling wie im Rausch. Er handelte mit Tonnen von Kokain, wurde sogar mit dem weltberüchtigten Pablo Escobar verglichen. Ein Hamburger Jung. Ein Polizistensohn. Ein Krimineller, der vom Kiez aus operierte und zum „Schneekönig“ aufstieg. Anfang November starb Miehling. Am Freitag wurde er beigesetzt – doch wie wünscht sich ein Mensch, der andere in den Tod befördert hat, der Lude und Drogenhändler war, seine Beerdigung?
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Kiez, Koks, Knast: Den größten Teil seines Lebens verbrachte Ronald Miehling wie im Rausch. Er handelte mit Tonnen von Kokain, wurde sogar mit dem weltberüchtigten Pablo Escobar verglichen. Ein Hamburger Jung. Ein Polizistensohn. Ein Krimineller, der vom Kiez aus operierte und zum „Schneekönig“ aufstieg. Anfang November starb Miehling. Am Freitag wurde er beigesetzt – doch wie wünscht sich ein Mensch, der andere in den Tod befördert hat, der Lude und Drogenhändler war, seine Beerdigung?
Ein schaukelndes Schiff auf der Ostsee. 37 Trauergäste waren geladen, sie alle hatten ihr Kommen zugesichert. Letztlich kamen aber nur sechs Gäste zur Seebestattung. Damit habe „Blacky“, wie Ronald Miehling genannt wurde, aber gerechnet, wie seine Hinterbliebenen erzählen. Seiner Frau Ines soll er gesagt haben: „Wahrscheinlich stehst du mit unserer Tochter alleine da. Wenn man tot ist, interessiert sich keiner mehr.“
Ronald Miehling: Hamburger „Schneekönig“ beigesetzt
Das Schiff schippert vor der Küste Wismars in der gleichnamigen Bucht. Ein Bekannter Miehlings war hier bereits vor einigen Jahren beigesetzt worden. Das gefiel der Ex-Kiez-Größe offenbar. Eine ähnliche Trauerfeier hatte er sich gewünscht, „ohne viel Tamtam“.
Ein Plakat mit Fotos erinnert an sein Leben. Neben der Urne, in der „Blackys“ Asche liegt, steht ein Foto. Es zeigt den einstigen „Schneekönig“ beim Verspeisen eines Eisbechers. Über der Urne steht: „Spuren im Sand verwehen, Spuren im Herzen bleiben für immer.“
Mit 18 Jahren landete Miehling erstmals im Knast. Zehn Jahre später erschoss er als Kiez-Geldeintreiber einen Großschlachter. Kurzzeitig versuchte er sich als Lude, doch das sei nichts für ihn gewesen, wie er später mal sagte.
Miehling stieg lieber ins Drogengeschäft ein, ließ Kokain unter anderem über das karibische Curacao nach Hamburg schmuggeln, bot den Stoff hier zu „Discounterpreisen“ an, wie er erklärte. Persönlich flog er nach Mittel- und Südamerika, um mit Herstellern zu verhandeln – und machte hierzulande Millionengewinne. Das Geld verprasste er für Huren und Luxushotels. Im Rahlstedter „Club Aphrodite“ ließ er einmal 400 Flaschen Champagner in eine Wanne füllen und badete im Alkohol. Er verhöhnt die Ermittler: „Die kriegen mich nie!“ 1994 folgte die Festnahme in Venezuela.
Er verbrachte viele Jahre im Gefängnis, probierte, als er freikam, wieder, mit Kokain zu schmuggeln. Vor seinem Tod versuchte er sich als Theaterschauspieler, schrieb ein Buch, warnte Teenies vor den Gefahren von Drogen. Von dem Geld, das er einst verdient hatte, blieb nichts mehr übrig. Anfang November starb Miehling mit 72 Jahren im Beisein seiner Familie – er verlor einen kurzen Kampf gegen den Lungenkrebs.
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Der Kapitän hält nur eine kurze Rede, trägt dann die Urne zum Heck des Schiffes und lässt sie in die Ostsee. Gelbe Rosen werfen die Trauergäste ins Wasser. Der Kapitän kreist dreimal um die Stelle, wo er die Urne hineingelassen hat. Am Ende der dritten Runde ertönt dreimal das Schiffshorn. Still und langsam geht es zurück nach Wismar.
Das Ende des „Schneekönigs“ – gegensätzlicher als sein über Jahrzehnte lang gepflegten Lebensstill hätte es nicht sein können.