Hamburgs Bausenatorin „hätte längst zurücktreten müssen”
Heike Sudmann, Expertin der Linken für Wohnungs- und Baupolitik, legt Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt im MOPO-Interview einen Rücktritt nahe. Außerdem zeichnet sie für den Fall des Baus des Elbtowers ein düsteres Bild für die Stadt und erklärt, wie sich Hamburgs Stadtentwicklungspolitik aus ihrer Sicht ändern müsste.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Windige Investoren für Prestige-Objekte und eine fallende Zahl neuer Wohnungen: Hamburgs Stadtentwicklungsbehörde muss sich derzeit einigen Baustellen widmen. Die MOPO hat mit Heike Sudmann, Expertin der Linken für Wohnungs- und Baupolitik, über den Stand zweier umstrittener Bauprojekte der Stadt gesprochen. Der Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) legt sie einen Rücktritt nahe.
MOPO: Der Elbtower und das Holsten-Areal sind zwei der umstrittensten Bauprojekte Hamburgs. Was hat die Stadt aus diesen Fällen gelernt?
Heike Sudmann: Es gibt einen kleinen Lerneffekt. Die Stadt hat sich jetzt mit der Volksinitiative „Keine Profite mit Boden & Miete“ darauf geeinigt, grundsätzlich keinen städtischen Grund und Boden mehr zu verkaufen. Aber ich sehe keinen Lerneffekt dahingehend, Abstand von Investoren zu halten, die nicht den besten Ruf haben und nur Profite machen wollen.
Der Investor des Holsten-Areals, die Adler Group, konnte der Stadt bisher nicht beweisen, dass er den Bau finanzieren kann. So lange will der Bezirk keinen Bauvertrag unterzeichnen. Verkaufen will Adler aber auch nicht. Was kann die Stadt noch tun?
Die Stadt müsste eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme starten, die auch eine Enteignung möglich macht. Die unverträglichen Planungen von Adler würden gestoppt. Aber die Behörden bestreiten, dass das geht. Das ist erstaunlich, denn beim Neuländer Quarree in Harburg wurde es genauso gemacht. Wenn Adler jetzt pleite geht, dann geht das Grundstück in die Insolvenzmasse – und das bedeutet nichts Gutes.
Umstritten ist auch der Bau des Elbtowers. Ein 245 Meter hoher Büro- und Hotelturm soll in der HafenCity entstehen. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Der Investor, die Signa, muss eine Vorvermietungsquote von 30 Prozent nachweisen können. Bis zum 30. November wird das von der Stadt geprüft. Wenn es grünes Licht gibt, ist der Grundstücksübergang so gut wie fertig. Dann wird es düster: Die Signa müsste nur noch die zweite Kaufpreisrate bis zum 23. Dezember vorlegen und das Grundstück gehört ihr.
Warum wird es düster?
Unter anderem wegen des Investors. Die Signa ist Eigentümerin von Galeria Karstadt Kaufhof, die gerade erneut pleite gehen. Gegen den Signa-Inhaber René Benko gibt es seit Jahren Korruptionsvorwürfe.
Dazu die fallenden Wohnungsbauzahlen und die lange Stille zur Machbarkeitsstudie um die energetische Sanierung. Hat Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt intern noch alles im Griff?
Stapelfeldt war bei der Machbarkeitsstudie nicht die Macherin, sie zaudert eher. Rot-Grün hatte sich in den Haaren gelegen, weil die SPD immer versucht, die Klimaforderungen der Grünen runterzukochen. In Sachen Wohnungsbau betont die SPD stets, sie tue so viel. Doch die Mieten steigen rasant, der soziale Wohnungsbau geht seit Jahren stark zurück. Bei so vielen Misserfolgen hätte Frau Stapelfeldt schon lange zurücktreten müssen.
Was müsste sich Ihrer Meinung nach in Hamburgs Stadtentwicklungspolitik ändern?
Es geht SPD und Grünen zu wenig um die sozialgerechte Entwicklung unserer Stadt und zu viel um das Wohl der Investor:innen. Gebaut werden muss für die Bürger und Bürgerinnen und nicht für den Profit. Wir brauchen kein Hochhaus wie den Elbtower, das auch noch die Silhouette der Stadt zerstört.
Um die größten Skandale der Hamburger Stadtentwicklungspolitik geht es auch am Mittwochabend, 23. November, um 18.30 Uhr im Kaisersaal des Rathauses. Hier diskutiert Heike Sudmann mit Journalist Christoph Twickel sowie dem Sprecher der Initiative „knallst am dollsten”, Theo Bruns, der Linken-Politikerin Gaby Gottwald und dem Autor Peter Schönberger.