„Tausende können sich ihre Haustiere bald nicht mehr leisten“
„Ein Viertel der Tierheime wird diesen Winter nicht überleben, wenn keine Hilfe kommt.“ So dramatisch schildert Thomas Schröder, der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes (DTB), die Lage der bundesweit rund 550 Einrichtungen angesichts explodierender Kosten. Und auch die Halter sind unter Druck - viele können sich ihre Tiere womöglich bald nicht mehr leisten, mit dramatischen Folgen: Frank Weber vom Franziskus Tierheim in Stellingen erwartet im Winter „eine nie dagewesene Abgabewelle von Tieren“ – und fordert in einer Petition eine radikale Maßnahme.
- Deutsch (Deutschland)
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„Ein Viertel der Tierheime wird diesen Winter nicht überleben, wenn keine Hilfe kommt.“ So dramatisch schildert Thomas Schröder, der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes (DTB), die Lage der bundesweit rund 550 Einrichtungen angesichts explodierender Kosten. Und auch die Halter sind unter Druck – viele können sich ihre Tiere womöglich bald nicht mehr leisten, mit dramatischen Folgen: Frank Weber vom Franziskus Tierheim in Stellingen erwartet im Winter „eine nie dagewesene Abgabewelle von Tieren“ – und fordert in einer Petition eine radikale Maßnahme.
„Wenn wir jetzt nicht handeln, können sich tausende Menschen mit geringem Einkommen ihre Haustiere bald nicht mehr leisten“, sagt Frank Weber, der vielen durch die „Vox“-Sendung „Hund, Katze, Maus“ bekannt ist. „Denn ab Ende November steigen die Tierarzt-Gebühren kräftig, die Preise für Futter sind schon seit Monaten auf einem Rekordhoch und die Energiekosten gehen durch die Decke!“
Weber schildert, dass ihn täglich alte Menschen, Alleinlebende und Familien mit kleinem Einkommen anrufen und mit gebrochener Stimme erzählen, dass sie ihr Tier bald nicht mehr ernähren können oder die dringend notwendige Untersuchung einfach nicht mehr drin sei. Und auch die Tierheime selbst haben immer höhere Veterinärkosten, weil immer mehr kranke und alte Tiere abgegeben werden, die teure Behandlungen brauchen. Katzen mit Diabetes, Hunde mit angezüchteten Problemen wie Atemnot.
Frank Weber: Tierheimen droht Abgabewelle
Weber rechnet vor, dass die Unterbringung eines Hundes im Tierheim monatlich etwa 500 Euro kostet, die Kommunen übernähmen von diesen Kosten höchstens 20 Prozent. „Für einen Hund, der ein Jahr lang kein neues Zuhause findet, geben wir rund 6000 Euro aus!“
Gleichzeitig nimmt der Staat immer mehr Geld aus der Hundesteuer ein, im Jahr 2020 waren es 380 Millionen Euro. Dieses Geld nutzen die Kommunen allerdings nicht für Aufgaben wie die Hundekot-Beseitigung oder Hundewiesen und Co., es versickert einfach im städtischen Haushalt. Das Bundesfinanzministerium begründet das so: „Mit der Hundesteuer werden vornehmlich ordnungspolitische Ziele verfolgt. Sie soll etwa dazu beitragen, die Zahl der Hunde zu begrenzen.“
Frank Weber hat nun eine Petition gestartet, in der er von Bundeslandwirtschaftminister Cem Özdemir (Grüne) fordert, diese Steuereinnahmen für einen Rettungsschirm für Tierheime zu nutzen. „Dieses Geld wird von Tierhaltern seit Jahrzehnten gezahlt – es muss nur seinem eigentlichen Zweck zugeführt werden.“
Özdemir war am Samstag im Tierheim Stuttgart, um sich dort ein Bild von der dramatischen Lage zu machen. Der Minister hörte zu, konkrete Zusagen machte er nicht. „Wo wir helfen können, versuchen wir zu helfen“, so Özdemir. Er verweist aber auch darauf, dass es in erster Linie Sache der Kommunen ist, tätig zu werden.
Online-Petition aus Hamburg: Geld aus Hundesteuer für Tierheime
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, forderte von ihm vor Ort aber auch Gesetzesänderungen, die dabei helfen würden, die Tierheime zu entlasten. „Wir sehen uns zunehmend mit Tierhaltern konfrontiert, die ihre Haustiere unüberlegt angeschafft haben und überfordert sind.“
Zum Forderungskatalog gehören Sachkundenachweise für die Haltung bestimmter Tierarten, eine Einschränkung für Exoten, die nicht gehalten werden dürfen – und das Verbot vom Online-Handel. Özdemir betonte aber, dass vieles davon ein europäisches Problem sei.
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Der Tierschutzbund will sich damit nicht abspeisen lassen. Thomas Schröder: „Durch Ignoranz und Kalkül wurde der karitative Tierschutz in Deutschland sehenden Auges vor die Wand gefahren. Jahrelang haben sich Politik und Verwaltung darauf ausgeruht, dass private Vereine, tierliebe Spender und ehrenamtlich Engagierte mit ihrem Geld, ihrer Zeit und ihrem Einsatz den praktischen Tierschutz alleine stemmen – darunter auch Aufgaben der öffentlichen Hand. Bund, Länder und Kommunen müssen jetzt helfen.“