Gaspreis explodiert: Kfz-Betrieb soll statt 2100 Euro fast 20.000 Euro zahlen
Die Explosion der Gaspreise droht Unternehmen in den Ruin zu treiben. Ein Kfz-Betrieb aus Maschen (Landkreis Harburg) soll jetzt fast das Zehnfache zahlen. Der Familienbetrieb sieht seine Existenz bedroht, wenn nicht schnell von irgendwo Hilfe kommt.
- Deutsch (Deutschland)
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Die Explosion der Gaspreise droht Unternehmen in den Ruin zu treiben. Ein Kfz-Betrieb aus Maschen (Landkreis Harburg) soll jetzt fast das Zehnfache zahlen. Der Familienbetrieb sieht seine Existenz bedroht, wenn nicht schnell von irgendwo Hilfe kommt.
Das Familienunternehmen Pahl ist besonders von der Energiekrise betroffen, weil in den Firmenhallen vor allem Autos lackiert werden – für private Halter, aber vor allem auch für Mercedes-, VW- und BMW-Händler. Das ist sehr energieintensiv. Damit der Lack auf den Wagen richtig trocknet, kommen sie in sogenannte Trockenöfen. „Es passen zwei Wagen plus Teile hinein und sie laufen den ganzen Tag über bei einer Temperatur von 50 Grad Celsius“, schildert Chef Jürgen Pahl (72).
Eine Reduzierung der Temperaturen kommt nicht in Frage, dann würde der Trocknungsvorgang nicht einwandfrei funktionieren. Auch die Spritzkabinen, in denen die Farben aufgetragen werden, müssen konstant 20 bis 22 Grad haben und auch die Blechnerei braucht ständig mindestens 18 Grad Celsius, damit das Material vernünftig bearbeitet werden kann.
Kfz-Betrieb Pahl in Maschen: Gaspreis explodiert
„Diese Situation gefährdet unseren Betrieb“, sagt Pahl. Seit die Ankündigung ohne Vorwarnung am Freitag ins Haus geflattert sei, habe er keine ruhige Minute mehr. „An Schlafen war am Wochenende nicht zu denken.“ Auch die 18 Mitarbeiter machen sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze.
Entstanden ist die Misere dadurch, dass sein bisheriger Energieversorger e.optimum sich wegen der Krise aus dem Gasmarkt verabschiedet und die Kunden weitergereicht hat. Pahl und 8000 weitere Firmen wurden an einen anderen Versorger verwiesen. „Ich kenne die aber nicht und habe ja mit denen nicht einmal einen Vertrag abgeschlossen“, so der Chef.
Trotzdem fordert das neue Unternehmen von ihm statt der bisherigen 2100 Euro monatlich nun unglaubliche 19.629 Euro. „Wenn ich nicht innerhalb von drei Tagen zahle, drohte man mir an, das Gas gar nicht mehr zu liefern.“ So zahlte Pahl jetzt erst einmal. Seitdem habe er sich mehrfach an EWE gewandt – seinen Grundversorger, der nun eigentlich einspringen müsste. „Aber ich dringe da nicht durch und die melden sich auch nicht von selbst zurück.“
Das Problem des Kfz-Betriebs wäre allerdings auch mit einer Übernahme als Gaskunde von EWE nicht gelöst. „Weil wir so viel Energie brauchen und die Preise steigen, müssten wir auch bei EWE wohl mit 9000 bis 10.000 Euro monatlich rechnen.“ Also auch das vier- bis fünffache des bisherigen Preises. Und von einem ist Pahl überzeugt: Die so gravierend steigenden Kosten kann er auf keinen Fall komplett an seine Kunden weitergeben.
E.Optimum gibt Gasgeschäft auf – EWE ist Grundversorger
Wie kommt es zu dieser Preisexplosion? Pahl und andere Unternehmen haben von den sehr niedrigen Gaspreisen profitiert, die e.optimum ihnen lange geboten hatte. Denn das Unternehmen gab seine Einkaufspreise ohne Aufschläge an die Firmen weiter. So zahlte Pahl nach eigenen Aussagen nur drei Cent pro Kilowattstunde. Zum Vergleich: Private Haushalte haben etwa bei EWE vor den Erhöhungen um die 13 Cent pro Kilowattstunde gezahlt. Ab Januar sind es 18,38 Cent.
Durch die massive Preisexplosion am Gasmarkt zahlen vor allem die Kunden extrem viel mehr, die wie Pahl bisher von lange Zeit günstigen Marktpreisen an den Handelsplätzen profitiert hatten. „Ich weiß nicht, wo das hinführen soll“, sagt der Firmenchef kopfschüttelnd. „Die kleinen Betriebe gehen alle über Kopf, fürchte ich.“
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Bei der Handwerkskammer in Hamburg ist das Problem natürlich bekannt. „Es melden sich bei uns gar nicht einmal so viele Firmen“, sagt HWK-Sprecherin Christiane Engelhardt. „Aber die, die sich melden, haben gravierende Sorgen.“ Es treffe vor allem die energieintensiven Bereiche wie Bäckereien, Fleischer, Textilreinigungen und Lackierer. Enttäuscht ist die Handwerkskammer vom Hamburger Senat.
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Denn Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hat am Dienstag weitere Entlastungsmaßnahmen angekündigt. Doch das Handwerk ging leer aus. Handwerkskammer-Präsident Hjalmar Stemmann: „Bislang ist nicht ein Cent an Hamburger Handwerksbetriebe geflossen, die sich in Existenznot befinden. Es bleibt weiter unklar, wie eine angedachte Bundes-Härtefallhilfe für kleine und mittlere Betriebe ausgestaltet sein wird. Unsere Betriebe brauchen unbürokratische und schnelle Hilfe.“