Wie ein Ehrenamtler fast scheiterte, einem verletzten Wohnungslosen zu helfen
Die gesundheitliche Situation der Obdachlosen in Hamburg hat sich in den letzten zwei Jahren deutlich verschlechtert. Während Corona gab es weniger Anlaufstellen und auch weniger Möglichkeiten, an etwas Geld für die eigene Versorgung zu kommen. Ein Ehrenamtlicher beschreibt der MOPO den fast ausweglosen Versuch, einem verletzen Wohnungslosen zu helfen.
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Die gesundheitliche Situation der Obdachlosen in Hamburg hat sich in den letzten zwei Jahren deutlich verschlechtert. Während Corona gab es weniger Anlaufstellen und auch weniger Möglichkeiten, an etwas Geld für die eigene Versorgung zu kommen. Ein Ehrenamtlicher beschreibt der MOPO den fast ausweglosen Versuch, einem verletzen Wohnungslosen zu helfen.
Tagelang habe der Obdachlose verletzt am Heidi-Kabel-Platz gelegen. Barfuß, mit blutigen Wunden an den Beinen und mit einer Hernie – einer Ausstülpung seines Bauches – die bis zu den Knien gereicht habe, beschreibt es Ronald Kelm, medizinischer Koordinator des Gesundheitsmobils, der MOPO. Bis eine Frau die Mitarbeiter des Gesundheitsmobils auf den verletzten Bulgaren aufmerksam machte.
Keine Transportmöglichkeit für den Verletzten in Hamburg
„Der Mann war nicht lebensgefährlich verletzt, aber er brauchte unbedingt Hilfe“, sagt Kelm. Also übernahmen die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Gesundheitsmobils eine erste Versorgung: Die Wunden wurden gereinigt und Schmerzmittel verabreicht. Das sei das einzige gewesen, was sie für den Verletzten tun konnten – der Kranke sei wieder auf die Straße entlassen worden.
Der Transport sei der Knackpunkt gewesen, sagt Kelm: „Die Krankenwagen sind nur für lebensbedrohliche Fälle“. Also habe er gemeinsam mit einem Mitarbeiter von „Plata“, einer Anlaufstelle für osteuropäische Obdachlose, drei Tage nach einer Möglichkeit für Transport, Behandlung und Unterkunft gesucht.
Schließlich habe Kelm einen Bus ausgeliehen, um den Kranken ins Pik As in der Neustadt zu bringen. Das ist eine der beiden Schwerpunktpraxen in Hamburg, in der Obdachlose ohne Krankenversicherung behandelt werden – so wie jetzt der Bulgare. Dann werde er in einer Obdachlosenunterkunft in der Friesenstraße untergebracht.
„Wir brauchen mehr Hilfe für Obdachlose“
Ronald Kelm meint, dass der Verletzte ein Beispiel für eine notwendige Veränderung sei: „Es muss ein Bus mit Sozialarbeitern und medizinischen Fachkräften eingesetzt werden, um die Verelendung in der Innenstadt zu bekämpfen.“
Doch Timo Spiewak, Sprecher der Caritas, rät zur Vorsicht: „Wenn die Notwendigkeit besteht, kann ein Rettungswagen gerufen werden. Wir wollen keine Parallelstruktur schaffen.“ Für Verletzte, die es nicht in eine der Praxen schaffen, seien die mobilen Angebote in der Hamburger Innenstadt ausreichend ausgestattet. Zusätzlich gebe es eine Station mit 20 Plätzen für Obdachlose im Hafenkrankenhaus. Trotzdem sei das zu wenig, sagt auch der Sprecher der Caritas: „Es muss viel mehr geschehen.“
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Auf Wohnungslose in der Hamburger Innenstadt mit besonderen Bedürfnissen – wie zum Beispiel Verletzungen – soll in Zukunft in einem Modellprojekt der Stadt eingegangen werden. Das wurde am Mittwoch in einem Krisengipfel zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit im Bezirk Mitte beschlossen.