Single-Hochburg Hamburg: Ist ein Leben allein die bessere Wahl?
Fast fünf Millionen Deutsche sind Single aus Überzeugung. Die MOPO hat Hamburger nach dem Grund gefragt – und ist damit auch auf Sinnsuche gegangen: Braucht es eigentlich eine Beziehung?
Was Singlesein für ihn bedeutet, dafür reichen zwei Wörter. „Pure Freiheit“, sagt Dominik Trettauer (26) aus Groß Flottbek mit Begeisterung in den Augen. Er arbeitet am Spielbudenplatz in der Gastronomie.
- Deutsch (Deutschland)
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Fast fünf Millionen Deutsche sind Single aus Überzeugung. Die MOPO hat Hamburger nach dem Grund gefragt – und ist damit auch auf Sinnsuche gegangen: Braucht es eigentlich eine Beziehung?
Was Singlesein für ihn bedeutet, dafür reichen zwei Wörter. „Pure Freiheit“, sagt Dominik Trettauer (26) aus Groß Flottbek mit Begeisterung in den Augen. Er arbeitet am Spielbudenplatz in der Gastronomie.
2019 hat er seine Sachen gepackt und ist losgezogen, direkt nach dem Aus seiner Beziehung. Von Wien nach Tirol und schließlich nach Hamburg. „Ich bin glücklich, Single zu sein. Ich kann machen, was ich will“, sagt er.
„Empowerment ist ein großes Thema“
Damit bestätigt der 26-Jährige den Trend: Fast fünf Millionen Singles in Deutschland sind aus Überzeugung allein – so eine Studie vom Institut für Demografie Allensbach (Juni 2022). Und besonders Hamburg ist eine Single-Hochburg: Mit 54 Prozent alleinstehender Haushalte 2021 liegt die Stadt weit über dem Bundesdurchschnitt von 41 Prozent – und damit auf Platz drei in Deutschland.
Das Lebensmodell, bei dem es vor allem darum geht, mit einem festen Lebenspartner alt zu werden, wird infrage gestellt. Mögliche Gründe findet eine Umfrage des Dating-Portals „Parship“: Singles sind vor allem froh, Entscheidungen allein treffen zu können oder im Alltag keine Rücksicht auf andere nehmen zu müssen.
Die Sexualberaterin Mignon Kowollik sagt, viele ihrer Kunden hätten während der Pandemie gründlich Zeit gehabt, über ihr Leben nachzudenken und sich gefragt, was wirklich wichtig sei: „Empowerment ist ein großes Thema“. Es ist wichtig, bei sich selbst anzukommen und das Glück nicht von anderen abhängig zu machen, so die Beraterin der Plattform „Ashley Madison“. Jeder sollte sich erst einmal mit sich selbst auseinandersetzen – nicht anderen die Verantwortung für das eigene Glück übertragen.
„Manchmal fehlt Körperlichkeit und geistige Nähe“
Die Überzeugung, dass Glück nicht nur in einer Partnerschaft zu finden ist, teilen – entgegen der Erwartungen – nicht nur junge Menschen. „Nach meiner Trennung 2009 hatte ich kaum Selbstbewusstsein und bin über die Jahre wirklich gewachsen“, sagt Sabine W. (64) aus Sülldorf. Vor zwei Jahren hat sie eine Alpenüberquerung gemacht und war stolz wie Bolle.
Wenn die sportliche Frau jetzt beim Campen allein in den Nachthimmel guckt, ist sie unheimlich glücklich, das machen zu können, was sie will. „Manchmal fehlt mir etwas, wie Körperlichkeit oder auch die geistige Nähe zum Partner“, sagt sie. Aber es würde mit der Zeit auch nicht leichter werden, wieder jemanden in das eigene, selbst bestimmte Leben zu lassen.
Es gibt besonders viele jüngere Singles (bis 30 Jahren) und sehr viele ältere Singles (ab 50 Jahren), dazwischen sind die Deutschen deutlich häufiger in Beziehungen. „Die Entscheidung allein zu sein, ist zwar abhängig vom Typ, aber auch von der Lebensphase“ so die Sexualberaterin Mignon.
Vielleicht sogar vom Geschlecht: 43 Prozent der Männer haben in einer Parship-Studie angegeben, dass sie sehr viel glücklicher in einer Partnerschaft wären – aber nur 18 Prozent der Frauen.
„Ich will keine feste Beziehung“
Mit einem Becher Sangria in der Hand steht Thomas Z. (59) aus Sasel am Elbstrand von Övelgönne, inmitten einer Gruppe, die er aus dem Internetportal „Freizeit-Treffs“ kennt: Einsam ist er nicht. Er hat hier seine Freunde, einen Sportclub und die Familie.
„Ich will gar keine feste Beziehung haben – es gibt doch so viele tolle Frauen“, sagt er. Das Leben möchte er nach seiner 25 Jahre andauernden Ehe und der letzten Beziehung voll auskosten. Ein Jahr ist er erst wieder Single und genießt es: „Mit Ende 50 ist man ja auch froh, eine gewisse Freiheit zu haben.“
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Das bedeutet nicht, dass die Singles Beziehungen grundsätzlich ablehnen – doch zumindest gibt es keine große Eile. Dominik Trettauer vom Spielbudenplatz lacht: „Klar, gegen eine Bekanntschaft habe ich nichts.“ Sabine W. aus Sülldorf sagt: „Vielleicht fordert mich ja doch nochmal der Richtige zum Tanzen auf“. Und für Thomas Z. ist ganz klar: „Nur, wenn alles perfekt passt.“