Drei Monate ohne Auto – geht das? Experiment kommt zu ernüchterndem Ergebnis
Alltag ohne eigenes Auto: Wie ist es, drei Monate lang auf alternative Verkehrsmittel auszuweichen? Das hat die Uni Hamburg in einem Experiment mit zwölf Haushalten getestet. Das Ergebnis ist positiv, eine Hoffnung hat sich aber nicht erfüllt.
- Deutsch (Deutschland)
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Alltag ohne eigenes Auto: Wie ist es, drei Monate lang auf alternative Verkehrsmittel auszuweichen? Das hat die Uni Hamburg in einem Experiment mit zwölf Haushalten getestet. Das Ergebnis ist positiv, eine Hoffnung hat sich aber nicht erfüllt.
Das Reallabor-Experiment „Klimafreundliches Lokstedt“ der Universität Hamburg hat den Versuch gewagt: Im Teilprojekt „autofreie Mobilität“ verzichteten zwölf Haushalte freiwillig für drei Monate auf das eigene Auto. Sie durften stattdessen das Fahrrad und außerdem ÖPNV, Car-Sharing-Auto und E-Scooter kostenfrei benutzen. Das Ergebnis: positiv.
Umstellung: Alltagsorganisation ohne eigenes Auto
Ursprüngliche Vorbehalte wurden erst einmal entkräftet: Zum Beispiel war das Radfahren bei schlechtem Wetter für die Teilnehmer ein deutlich geringeres Problem als gedacht. Stattdessen sei von vielen das HVV-Netz neu erkundet worden, berichtet der wissenschaftliche Mitarbeiter Fabian Zimmer. Mit freudiger Überraschung sei festgestellt worden, wie weit Busse und Bahnen in Hamburg eigentlich fahren.
Doch das Experiment zeigt auch die Herausforderungen, die das Benutzern alternativer Verkehrsmittel mit sich bringt: Das Auto einfach durch andere Verkehrsmittel zu ersetzen, ohne dabei auch den Alltag zu ändern, sei nur sehr schwer möglich. Die Projektleiterin und Soziologin Prof. Dr. Manderscheid betont: „Um Menschen dazu zu bewegen, ohne eigenes Auto mobil zu sein, müssen die Schnittstellen zu anderen Verkehrsmitteln teils weiter verbessert und ausgebaut werden.“
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Denn das Familienauto ist nicht nur dazu da, Menschen von A nach B zu bringen – es ist meist komplett in die Alltagsorganisation eingebunden: Dinge, die man im Tagesverlauf braucht, werden hier manchmal zwischengelagert. Teilnehmern des Experiments mit kleinen Kindern fehlten Gegenstände wie beispielsweise der zweite Kindersitz im Car-Sharing Auto oder die Anhängerkupplung beim Leih-E-Bike.
Appell an die Politik: Ausbau und Aufklärung
Am Ende der Versuchszeit hat wie zu erwarten keiner der Teilnehmer sein Auto verkauft, um sofort dauerhaft auf die anderen Verkehrsmittel umzusteigen. Laut Projektteam sei es ohnehin nicht wahrscheinlich, dass Haushalte von heute auf morgen einfach auf ihr Auto verzichten – stattdessen sollten neben dem Ausbau und der Verbesserung der bestehenden Angebote vor allem dann genügend Angebote für alternative Verkehrsmittel vorhanden sein, wenn Umbruchsmomente für Autobesitzer anstehen: Wenn es beispielsweise das alte Auto nicht mehr macht, Menschen umziehen oder einen neuen Arbeitsplatz haben. Gibt es dann ein attraktives alternatives Angebot, kann die Umstellung funktionieren.
Es sei wichtig, früh zu erlernen, wie man sich in der Stadt ohne Pkw fortbewegen kann, so Manderscheid. Außerdem sei es wichtig, die Selbstverständlichkeit der Autonutzung aufzubrechen. „Appelle an das Umweltbewusstsein der Menschen reichen nicht aus“, so Manderscheid. (sku)