„Rückt die Kohle raus!“ Die Wut von Hamburgs Hafenarbeitern
Trillerpfeifen, Fahnen, Blaumänner: Tausende von Hafenarbeitern sind am Donnerstagvormittag durch die Hamburger Innenstadt gezogen, um für höhere Löhne zu kämpfen. Damit folgten sie dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi zu einem 24-stündigen Warnstreik – Höhepunkt in dem seit Wochen schwelenden Tarifkonflikt. An der Elbe standen derweil die Kräne still.
Der Gegensatz konnte nicht größer sein: Hier die noblen Boutiquen am Jungfernstieg und Ballindamm. Dort die Hafenarbeiter, die in ihren ölverschmierten Neon-Westen um ihr Geld kämpften. Tausend Teilnehmer waren erwartet worden. Es kamen viel mehr. Nach Gewerkschaftsangaben nahmen mehr als 4000 Menschen an der Demo teil. Laut Polizei waren es 3000.
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Trillerpfeifen, Fahnen, Blaumänner: Tausende von Hafenarbeitern sind am Donnerstagvormittag durch die Hamburger Innenstadt gezogen, um für höhere Löhne zu kämpfen. Damit folgten sie dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi zu einem 24-stündigen Warnstreik – Höhepunkt in dem seit Wochen schwelenden Tarifkonflikt. An der Elbe standen derweil die Kräne still.
Der Gegensatz konnte nicht größer sein: Hier die noblen Boutiquen am Jungfernstieg und Ballindamm. Dort die Hafenarbeiter, die in ihren ölverschmierten Neon-Westen um ihr Geld kämpften. Tausend Teilnehmer waren erwartet worden. Es kamen viel mehr. Nach Gewerkschaftsangaben nahmen mehr als 4000 Menschen an der Demo teil. Laut Polizei waren es 3000.
Hafenarbeiter in Hamburg demonstrieren: „Rückt die Kohle raus!“
„Wir sind der Hafen!“, riefen die Arbeiter in lauten Sprechchören den Passanten zu. Und an die Arbeitgeber gerichtet: „Rückt die Kohle raus!“ Ein Transparent an der Spitze des Protestmarsches verkündete eine der Hauptforderungen: „Inflationsmonster stoppen!“
Am Dienstag war die vierte Verhandlungsrunde zwischen Verdi und dem Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Die Arbeitgeber haben ein „finales Angebot“ verkündet: unter anderem eine Lohnerhöhung von bis zu elf Prozent.
Streit um die Laufzeit des Tarifvertrags
Verdi fordert für die rund 12.000 Beschäftigten in den 58 tarifgebundenen Betrieben eine Anhebung der Stundenlöhne um 1,20 Euro sowie in den sogenannten Vollcontainer-Betrieben eine Erhöhung der jährlichen Zulage um 1200 Euro. Angesichts des im Mai auf 7,9 Prozent gekletterten Preisanstiegs soll es zudem einen Inflationsausgleich geben. Bei Löhnen von knapp unter 15 Euro bis gut 28 Euro pro Stunde bedeuten die Verdi-Forderungen eine Gehaltssteigerung von bis zu 14 Prozent.
Mit der Anhebung der Zulage um 1200 Euro sind die Arbeitgeber einverstanden. Streit gibt es vor allem um die Laufzeit des Tarifvertrags. Während Verdi auf die bisher üblichen 12 Monate pocht, will der ZDS die Einigung für 18 Monate abschließen. „Wenn man das Angebot auf 12 Monate rechnet, gibt es überhaupt keine Verbesserung“, erklärte Verdi-Verhandlungsführerin Maya Schwiegershausen-Güth. ZDS-Verhandlungsführerin Ulrike Riedel meint dagegen, das Angebot liege „deutlich über vergleichbaren Tarifabschlüssen“ und bedeute eine echte Reallohnsicherung.
Überall in Norddeutschland standen die Kräne still
Die Auswirkungen des Konflikts sind mittlerweile erheblich. Nicht nur in Hamburg. Auch in Bremen, Bremerhaven, Wilhelmshaven, Emden und Brake wurde am Donnerstag gestreikt. Das Be- und Entladen der Schiffe kam völlig zum Erliegen. Und in der Deutschen Bucht warten 15 Containerschiffe auf ihre Abfertigung.
Entsprechend gereizt ist die Stimmung bei den Reedereien: „Jeder Tag, den ein Schiff steht, kostet uns natürlich Geld, verärgert Kunden, Konsumenten, Seeleute und auch unser Landpersonal“, so ein Hapag-Lloyd Sprecher. Er warnte, die Warnstreiks würden der Reputation des Hamburger Hafens schaden.
Eine Einigung scheint nicht in Sicht: „Die Leute meinen es ernst!“
Ganz anders sieht es Norbert Hackbusch, hafenpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft: „Die Reeder weisen in den letzten Jahren unvorstellbar hohe Gewinne aus – die sie noch nicht mal versteuern. Angesichts dessen ist der Hinweis an die Beschäftigten im Hafen, bitte bescheiden zu sein, eine reine Provokation.“
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Eine Einigung scheint in weiter Ferne: Nach dem Vorschlag des ZDS, einen Vermittler einzuschalten, erklärte die Verdi-Verhandlungsführerin: „Wir brauchen keinen Vermittler, wir wollen verhandeln!“ Maya Schwiegershausen-Güth betonte: „Ein Streik ist immer das letzte Mittel. Der heutige Tag zeigt aber: Die Leute meinen es sehr ernst!“