Er fährt ganz von allein: Seniorinnen testen autonomen Blindenhund
„Oh, es geht ja schon los!“, sagt Waltraud Pulkenat lachend, während sie sich an dem digitalen Blindenführhund festhält und ihm langsam folgt. Die 95-Jährige testet zusammen mit zwei anderen Bewohnerinnen der Augustinum Seniorenresidenz (Ottensen) das autonome Fahrzeug, das von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) entwickelt wurde. Ein paar Schwachstellen hat das Gerät allerdings noch.
Schritt für Schritt bewegt sich Waltraud Pulkenat durch den Garten der Seniorenresidenz direkt an der Elbe. Dabei hält sie sich mit beiden Armen an dem „Shared Guide Dog“ fest. Dieser ist weiß, schwer – und sieht vor allem nicht aus wie ein Hund, sondern wie ein überdimensionierter Rollator. „Der ist aber langsam!“, beschwert sich die 95-Jährige. „Ich kann wirklich noch ein wenig schneller gehen!“
Ottensen: Seniorinnen testen digitalen Blindenführhund
- Deutsch (Deutschland)
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„Oh, es geht ja schon los!“, sagt Waltraud Pulkenat lachend, während sie sich an dem digitalen Blindenführhund festhält und ihm langsam folgt. Die 95-Jährige testet zusammen mit zwei anderen Bewohnerinnen der Augustinum Seniorenresidenz (Ottensen) das autonome Fahrzeug, das von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) entwickelt wurde. Ein paar Schwachstellen hat das Gerät allerdings noch.
Schritt für Schritt bewegt sich Waltraud Pulkenat durch den Garten der Seniorenresidenz direkt an der Elbe. Dabei hält sie sich mit beiden Armen an dem „Shared Guide Dog“ fest. Dieser ist weiß, schwer – und sieht vor allem nicht aus wie ein Hund, sondern wie ein überdimensionierter Rollator. „Der ist aber langsam!“, beschwert sich die 95-Jährige. „Ich kann wirklich noch ein wenig schneller gehen!“
Ottensen: Seniorinnen testen digitalen Blindenführhund
Henner Gärtner, HAW-Professor und Initiator des Projekts, muss schmunzeln. „Derzeit ist das Gerät in sehr langsamer Schrittgeschwindigkeit unterwegs, um Stolpergefahr absolut auszuschließen“, sagt er. „Unser digitaler Hund umfasst seine Umgebung mit Sensoren, sodass er zum Beispiel vor Hindernissen automatisch stoppt und eine Ausweichroute sucht.“
Die Idee: Sehbeeinträchtigte Menschen legen per App vorher fest, wo sie hinmöchten, der Blindenführhund holt sie dann ab und bringt sie sicher zum Ziel. Er bewegt sich autonom und kommuniziert unterwegs mit GPS-Trackern. Bleibt die Person stehen, stoppt auch das Fahrzeug.
Digitaler Blindenführhund soll das Alltagsleben erleichtern
„Vor allem für unsere Bewohner, die noch voll mobil sind, aber nicht mehr so gut sehen können, kann das eine Möglichkeit sein, am kulturellen Leben besser teilzunehmen“, sagt Christian Bendrath, Direktor des Hamburger Augustinum. „Nicht jeder Mensch mit Sehbeeinträchtigung möchte Hundehalter werden. Ein Tier aus guter Zucht inklusive Hundetrainig kostet zudem rund 30.000 Euro. Der digitale Blindenführhund wird hingegen als Leihfahrzeug viel erschwinglicher.“
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Bis es soweit ist, wird es noch dauern. Schließlich kann der digitale Hund nur Strecken ablaufen, die er kennt. Diese Karten müssen im Moment noch händisch eingespielt werden. „Für den Lohmühlenpark (St. Georg) haben wir dafür zum Beispiel zwei Stunden gebraucht“, erklärt Gärtner.
Wann kann der Blindenführhund in den Straßenverkehr?
Im richtigen Straßenverkehr könne das Fahrzeug allerdings erst zum Einsatz kommen, wenn der gesamte Raum mit GPS ausgestattet wäre. So würden Ampeln dem Gefährt digital mitteilen, wenn sie auf Grün springen und Autos würden genügend Abstand halten. Gärtner ist zuversichtlich, dass das in Zukunft auch der Fall sein wird. Immerhin habe Hamburg bereits eine zwölf Kilometer lange Teststrecke für autonomes Fahren entwickelt, die vom Dammtor bis zum Rödingsmarkt und wieder zurück führt.
Waltraud Pulkenat könnte sich jedenfalls gut vorstellen, so einen digitalen Hund zu benutzen. „Ich fahre jeden Tag mit dem Bus nach Altona“, erzählt die 95-Jährige, die seit 16 Jahren in der Seniorenresidenz wohnt und auf einen Rollator angewiesen ist. „Mit diesem Fahrzeug fühle ich mich viel sicherer, weil es schwerer ist und ich mich darauf abstützen kann“ Einen im Weg liegenden Stein könne der Hund auch viel schneller entdecken, als sie, sagt die 95-Jährige und lacht. „Aber beim richtigen Programmieren am Anfang bräuchte ich auf jeden Fall Hilfe.“