Vor den Toren Hamburgs: Quälerei bei Tierversuchen – erster Mitarbeiter verurteilt
Videoaufnahmen zeigen, wie ein Mann neben einem Affen mit Wucht gegen einen Türrahmen schlägt, sodass das Tier völlig verängstigt schreit. Diese und andere Bilder aus dem Skandal-Labor LPT gingen um die Welt. In der Tierversuchseinrichtung vor den Toren Hamburgs wurden systematisch Affen, Hunde und andere Lebewesen gequält. Jetzt gibt es ein erstes Urteil.
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Die Bilder von gequälten Affen und Hunden gingen um die Welt, jetzt gibt es ein erstes Urteil im Fall des Skandal-Labors LPT: Ein Tierpflege-Assistent (53) muss 900 Euro Strafe zahlen. Er hatte einem Affen in zwei Fällen unnötig Todesangst eingejagt, was das Gericht als tierquälerische Misshandlung wertete. Die Kommentare von Tierschützern sind gespalten.
Videoaufnahmen zeigen, wie der Pfleger mit Wucht gegen den Türrahmen des Labors schlägt, sodass der Affe völlig verängstigt schreit. Der zweite Fall: Mit einer Metallstange geht der Mann drohend auf den Affen los. In Erwartung der Schläge zeigt der Affe, mit einem Metallring am Hals fixiert, nackte Panik. Das Amtsgericht Tostedt erließ auf Grund der Beweise nun einen Strafbefehl, also ein Urteil ohne Prozess: 900 Euro (30 Tagessätze à 30 Euro) wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.
Tierquälerei im Versuchslabor: Geldstrafe für Tierpfleger
„Viel zu wenig“, so die Kritik vieler Tierversuchsgegner, die das Urteil in den Sozialen Medien kommentierten. Urheber der heimlich gedrehten Videos ist ein Tierschützer, den die Organisation „SOKO Tierschutz“ 2019 in das Labor in Mienenbüttel (Landkreis Harburg) eingeschleust hatte und der über Monate schockierende Missstände dokumentierte.
Friedrich Mülln, Gründer der „SOKO Tierschutz“, sieht den Strafbefehl nicht so kritisch wie viele andere: „Das ist immerhin das erste Mal, dass Vergehen im Umfeld von Tierversuchen überhaupt verurteilt wurden. Bei Tierversuchen ist vieles erlaubt, was unter anderen Umständen in den Knast führen würde, deshalb werden Ermittlungen normalerweise eingestellt.“
Außerdem, so Mülln zur MOPO, sei der Verurteilte nur ein schlecht ausgebildeter Handlanger, der seine mangelnde Selbstbeherrschung auch immer wieder gegenüber den Teilnehmern der Mahnwache vor dem Labor gezeigt habe: „So jemand dürfte gar nicht mit Tieren arbeiten. Das ist aber in der Verantwortung der Laborleitung und des Firmeninhabers.“
LPT-Versuchslabor: Ermittlungen gegen Chefs dauern an
Gegen die Leiterin des Labors, den LPT-Firmenchef Jost Leuschner und eine weitere Führungskraft ermittelt seit inzwischen drei Jahren die Staatsanwaltschaft Stade. Warum wurde trotz der schockierenden Bilder, etwa von verblutenden Beagles, noch keine Anklage wegen Tierquälerei erhoben? „Es handelt sich um langwierige Ermittlungen“, erklärt Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas auf MOPO-Nachfrage: „Die Vorwürfe wiegen schwer und erfordern umfangreiche gutachterliche Stellungnahmen.“ Auch das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), das die Tierversuche genehmigt hatte, ist mit mehreren Gutachten eingebunden.
Im Fall der Versuchshunde, die in ihrem eigenen Blut in den Zwingern lagen, wird etwa geprüft, ob bestimmte „Abbruchkriterien“, die zum sofortigen Ende der Testreihen hätten führen müssen, nicht beachtet wurden.
LPT: Keine Rettung für die Affen
Das LPT-Labor in Mienenbüttel wurde 2020 wegen „Unzuverlässigkeit des Betreibers“ behördlich geschlossen. 96 Beagles konnten gerettet und vermittelt werden. Die Affen entkamen ihrem Schicksal nicht: Sie wurden an einen niederländischen Händler für Versuchstiere zurückgeschickt und sind in anderen Laboren gelandet.
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Der Standort des Unternehmens in Neugraben durfte noch einige Zeit länger Chemikalien an Versuchstieren testen. Kurzzeitig wurde das Unternehmen umbenannt, inzwischen befindet sich die Firma in Auflösung. Zum Jahresende werden alle Standorte geschlossen.