Schräges Ultimatum vom Bezirk: Diese Sitzecke muss in wenigen Stunden weg sein
Eine Holzbank, drei Stühle und ein Bistrotisch laden seit Sommer 2020 an der Schuhbackstraße/Ecke Erikastraße zum Verweilen ein. Klingt nett und harmlos? Ist es aber nicht: Das Bezirksamt Nord sieht in der Sitzgruppe nicht nur einen Verstoß gegen das Wegerecht, sondern gleich eine Gefahr. Am Freitag soll das Ensemble weg, aber die Eppendorfer wehren sich.
Die letzten Stunden der Bänke sind angebrochen. Vergangenen Dienstag trat die Staatsmacht in Form der „Abschnittsleitung für Ordnungswidrigkeiten und Wildplakatierung“ des Bezirksamt Nord auf den Plan und heftete die Forderung an die Holzbank. Diese Bank gehört zu einer kleinen Sitzgruppe, die bereits seit fast zwei Jahren auf einer Eppendorfer Freifläche zum Verweilen einlädt. Darin wurden die unbekannten Aufsteller:innen der Möbel „aufgefordert, bis zum 8.04.22 um 10 Uhr diesen Platz zu räumen“. Diesen Freitag.
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Eine Holzbank, drei Stühle und ein Bistrotisch laden seit Sommer 2020 an der Schuhbackstraße/Ecke Erikastraße zum Verweilen ein. Klingt nett und harmlos? Ist es aber nicht: Das Bezirksamt Nord sieht in der Sitzgruppe nicht nur einen Verstoß gegen das Wegerecht, sondern gleich eine Gefahr. Am Freitag soll das Ensemble weg, aber die Eppendorfer wehren sich.
Die letzten Stunden der Bänke sind angebrochen. Vergangenen Dienstag trat die Staatsmacht in Form der „Abschnittsleitung für Ordnungswidrigkeiten und Wildplakatierung“ des Bezirksamt Nord auf den Plan und heftete die Forderung an die Holzbank. Diese Bank gehört zu einer kleinen Sitzgruppe, die bereits seit fast zwei Jahren auf einer Eppendorfer Freifläche zum Verweilen einlädt. Darin wurden die unbekannten Aufsteller:innen der Möbel „aufgefordert, bis zum 8.04.22 um 10 Uhr diesen Platz zu räumen“. Diesen Freitag.
Ultimatum läuft ab: Die Sitzgruppe in Eppendorf muss weg
Konsequenzen wurden auch gleich angedroht: „Sollten Sie dieser Weisung nicht Folge leisten, werden gegen Sie unverzüglich nach Fristablauf Zwangsmaßnahmen eingeleitet.“ Denn schließlich, so belehrte das Schreiben mit dem Briefkopf des Bezirksamtes, werde „gegen geltendes Recht“ – und zwar gegen das Wegerecht – verstoßen. Das besagt, dass im öffentlichen Raum nichts ohne Genehmigung aufgestellt werden dürfe.
Die Sitzgruppe, zu der neben der Holzbank, ein Bistrotisch und drei passende Stühle gehören, steht dort seit Sommer 2020. Gestört hat sich daran bisher niemand. Im Gegenteil: Seit Anwohner:innen die Sitzecke an der Kreuzung Schuhbackstraße/Erikastraße eingerichtet haben, ist sie ein beliebter Treffpunkt im Stadtteil. Das Ensemble lädt ältere Menschen ein, auf ihrer Einkaufstour kurz zu verschnaufen und Nachbarn, ein wenig zusammensitzen.
Doch damit soll es nun nach dem Willen des Bezirksamts vorbei sein. Die Freiluftmöbel sind bereits mit einem Absperrband amtlich gesichert. Die Botschaft ist eindeutig: Hier ist Schluss mit dem kleinen Päuschen und Pläuschchen unter der im Sommer schattenspenden Kastanie.
CDU: „Die Stadt braucht mehr Parkbänke“
„Es gibt immer weniger Aufenthaltsplätze im öffentlichen Raum“, klagt der Eppendorfer Videograf Ralf K., der das Sitzensemble öfter nutzt, um sich mit seinen Nachbarn „zu schnacken“. Und mit dieser Wahrnehmung steht er nicht alleine dar: Erst im vergangenen Jahr hatte die Hamburger CDU in eine gar „Hamburger Banken-Krise“ ausgemacht und gefordert: „Die Stadt braucht mehr Parkbänke“ zum Ausruhen und Verweilen. Eigeninitiative ist dabei offenbar nicht gefragt.
Dass sich inzwischen diverse Anwohner:innen gegen die angekündigte Zwangsräumung des kleinen Treffpunkts aussprechen, stört im Bezirksamt, dass von dem Grünen Michael Werner-Boelz geleitet wird, bisher offenbar niemanden. Mindestens ein Dutzend Eppendorfer:innen schickten in den vergangenen zwei Tagen Werner-Boelz mit E-Mails und baten ihn, die Sitzecke doch bitte stehen zu lassen, bis eine gemeinsame Lösung gefunden ist.
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Auch Ralf K. hat an den Bezirksamtschef geschrieben: „Wir sollten uns alle zusammensetzen und beratschlagen, wie wir die Kuh vom Eis kriegen. Es kann doch nicht angehen, dass Hunderte von Eppendorfern diese charmante kleine Sitzecke lieben und dann grätscht die Abschnittsleitung für Ordnungswidrigkeiten und Wildplakatierung dazwischen.“
Eine Antwort des Bezirksamtschefs sollen weder Ralf K. noch andere empörte Anwohner:innen erhalten haben. Stattdessen schritt noch einmal die Abschnittsleitung ein und schrieb einen der Beschwerdeführer an. In unversöhnlichem Amtsdeutsch moniert der Beamte, „dass es sich um eine unerlaubte Sondernutzung des öffentlichen Grundes handelt. Zudem wurde festgestellt, dass von den Sitzgelegenheiten eine Gefahr ausgeht. Aufgrund der mangelnden Verkehrssicherheit müssen wir auf die Entfernung bestehen.“
Der Countdown läuft. Mit Spannung warten die Anwohner:innen nun darauf, ob das Bezirksamt, das für die MOPO gestern nicht zu erreichen war, am Freitag um zehn Uhr sofort zur Tat schreitet und Bank, Tisch und Stühle unverzüglich entfernt. Nach einer einvernehmlichen Lösung in letzter Minute sieht es bislang nicht aus.