Als Kriegsverbrecher Putin auf dem Kiez feierte und mit Udo Eierlikör trank
Hamburg, sagte Wladimir Putin einst, sei für ihn „die schönste Stadt Deutschlands“. Das war Mitte der 90er Jahre, als der heutige Diktator und Kriegsverbrecher gerade Vize-Bürgermeister von St. Petersburg geworden und häufig in der Partnerstadt zu Gast war. Hamburger, die ihn damals erlebten, erinnern sich an einen Mann, der charmant sein konnte, aber auch leicht kränkbar, der durch Travestiebars zog und für einen Eklat beim Jahrhunderte alten Matthiae-Mahl sorgte.
Putin, der mit seiner Entourage über den Kiez zieht und sich bei Travestieshows amüsierte? „Aus heutiger Sicht kaum vorstellbar“, sagt die Historikerin Eva Decker zur MOPO: „Aber es war tatsächlich so.“
Die frühere Leiterin des St. Pauli Museums hat herausgefunden, dass Putin in den 90er Jahren allein mindestens drei Mal in der Travestiebar „Rasputin“ in der Große Freiheit war, in jenen Räumen, die Olivia Jones 2007 für ihre Bar übernahm.
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Hamburg, sagte Wladimir Putin einst, sei für ihn „die schönste Stadt Deutschlands“. Das war Mitte der 90er Jahre, als der heutige Diktator und Kriegsverbrecher gerade Vize-Bürgermeister von St. Petersburg geworden und häufig in der Partnerstadt zu Gast war. Hamburger, die ihn damals erlebten, erinnern sich an einen Mann, der charmant sein konnte, aber auch leicht kränkbar, der durch Travestiebars zog und für einen Eklat beim Jahrhunderte alten Matthiae-Mahl sorgte.
Putin, der mit seiner Entourage über den Kiez zieht und sich bei Travestieshows amüsierte? „Aus heutiger Sicht kaum vorstellbar“, sagt die Historikerin Eva Decker zur MOPO: „Aber es war tatsächlich so.“
Die frühere Leiterin des St. Pauli Museums hat herausgefunden, dass Putin in den 90er Jahren allein mindestens drei Mal in der Travestiebar „Rasputin“ in der Große Freiheit war, in jenen Räumen, die Olivia Jones 2007 für ihre Bar übernahm.
„Putin und seine Begleiter wollten sich inspirieren lassen für ein Casinoviertel, das in St. Petersburg geplant war. Sie haben Wodka Lemon getrunken und sich manierlich benommen“, so Decker. Ausgerechnet jener Mann, der später Homosexuelle drakonisch verfolgen ließ, saß damals also in einer der plüschigen Sitzecken, die es heute noch in der Bar gibt. Ob er angesichts der Männer in großen Roben eine Miene verzog, sei nicht überliefert, so die Historikerin: „Leider.“
Putin und das „Hungerzelt“ auf dem Hamburger Rathausmarkt
Günter Arndt, stellvertretender Vorsitzender des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Hamburg-Mitte, erinnert sich daran, wie sich Wladimir Putin Mitte der 90er Jahre über ein ASB-Zelt auf dem Hamburger Rathausmarkt empörte: „Er nannte es Hungerzelt, sagte, das müsse weg“. Es wurden dort Spenden für St. Petersburg gesammelt, was der stellvertretende Bürgermeister als demütigend empfand. Russland brauche keine Almosen.
Einige Jahre zuvor, 1989, hatte das Engagement des ASB für die Partnerstadt mit einer beispiellosen Paketaktion begonnen: 490.000 Hilfspakete packten Hamburger Familien damals, mit Zucker, Mehl, Nudeln, Trockenmilch, für die Menschen in St. Petersburg, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Not litten.
Als eindrucksvollste Erinnerung an Wladimir Putin schildert Günter Arndt aber einen Vorfall in St. Petersburg, wo er selbst zum Empfang anlässlich der Eröffnung des ersten Lufthansabüros geladen war: „An jenem Tag hatte Putins Ehefrau morgens einen Verkehrsunfall gehabt, er war offenbar sehr aufgebracht, und als ein Journalist nicht schnell genug aus dem Weg ging, packte Putin den Mann, hob ihn hoch und stellte ihn zur Seite.“
In jenem Zeitraum, Putin war gerade Erster Vizebürgermeister von St. Petersburg geworden, kam es 1994 auch zum „großen Türenknall“ beim Matthiae-Mahl im Festsaal des Hamburger Rathauses: Der estnische Ministerpräsident Lennart Meri warnte in seiner Rede vor dem russischen Machtstreben, erklärte, die Esten fürchteten sich vor dem Nachbarn. Daraufhin, so schildert es Anna von Münchhausen, damals ZEIT–Redakteurin und Augenzeugin, sei Putin wütend aufgesprungen: „Verlässt mit durchgedrückten Knien den Saal, jeder Schritt begleitet vom Knarzen des Eichenparketts. Fünf. Vier. Drei. Zwei. Eins – wumms. Da donnert die Flügeltür ins Schloss.“
Putin in Hamburg: Eklat beim Matthiae-Mahl
So einen ungehobelten Abgang hatte es seit 1356 noch nie gegeben. „Ein Raunen folgt ihm“, schrieb Anna von Münchhausen damals: „Wer war’s? Was hat denn der?“
Putin war damals ein russischer Lokalpolitiker, den kaum jemand erkannte. Seine Art der Fortbewegung fiel jedoch auch bei anderen Gelegenheiten auf: „Er hätte auch fliegen können, so schnell raste er über die Gänge“, erinnert sich ein Hamburger Geschäftsmann 2017 in der Deutschen Welle.
1995, ein Jahr nach dem Eklat im Festsaal, lernte die Hamburger Bankiersgattin Irene Pietsch Wladimir Putin und seine damalige Ehefrau Ljudmila Putina bei einem Empfang im russischen Generalkonsulat an der Alster kennen. Über die enge Bekanntschaft hat sie 2001 ein Buch geschrieben: „Heikle Freundschaften“.
Putin, so plaudert Irene Pietsch darin aus dem Nähkästchen, habe zu ihr gesagt, dass sie „ein Denkmal verdient hätte, wenn sie es schaffen würde, drei Wochen mit Ljudmila zu verbringen“. Besonders der Sternzeichen-Tick seiner Gattin habe ihn genervt. Ljudmila wiederum habe ihr anvertraut, dass ihr Ehemann „leider ein Vampir“ sei und ihn mit einem Kühlschrank verglichen.
Pietschs Beschreibungen des damals steil aufstrebenden Lokalpolitikers fallen in dem Buch schmeichelhaft aus. Bei einer Einladung 1997 nach Moskau in die russische Staatsdatsche habe der Politiker „vor perlendem Esprit sprühenden Charme“ bewiesen. Geradezu lyrisch beschreibt die Hamburgerin Putins „von blau bis grün irisierenden Augen“, die er „wie zwei hungrige lauernde Raubtiere“ als Waffe einsetze.
Putin: Hamburgerin schreibt über „Heikle Freundschaft“
Die höchst privaten Enthüllungen über die „heikle Freundschaft“ soll Putin als Verrat empfunden haben. „Er hat uns später in Hamburg ständig bespitzeln lassen. Wir wurden von russischen Agenten beobachtet“, erzählte Pietsch kürzlich der Shz. Und heute? „Ich weiß nicht, ob ich ihn heute noch charmant finden würde“, schreibt die 77jährige auf MOPO-Nachfrage: „Er hatte dieses Lady Di- Lächeln, was ich speziell fand.“ Er sei aber auch „ein Lügner, ein charmanter Lügner“ gewesen.
Putin und der Eierlikör mit Udo Lindenberg
Zehn Jahre nach dem Türenknall gab es einen weiteren Putin-Eklat in Hamburg: 2004 sollte die Uni dem russischen Staatschef die Ehrendoktorwürde verleihen, so wie die Uni in St. Petersburg zuvor Putins Duz-Freund Gerhard Schröder zum Doktor ehrenhalber erhoben hatte. Der Protest von rund 60 Hamburger Professoren verhinderte die Auszeichnung an den Präsidenten, der gerade den zweiten Tschetschenienkrieg angezettelt hatte. Ein paar Monate nach dem Affront kam Putin im Dezember 2004 auf Einladung Schröders trotzdem nach Hamburg, nicht für akademische Ehren, sondern zu deutsch-russischen Konsultationen.
Die Stimmung: bestens. Putin wurde von Bürgermeister Ole von Beust im Rathaus empfangen, plauschte im Hotel Atlantic mit Dauergast Udo Lindenberg und sicherte dem Panikrocker Unterstützung für ein Konzert in St. Petersburg zu. „Anschließend wurde mit Eierlikör auf die Begegnung angestoßen“, heißt es auf Udos Homepage.
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Lange her. Inzwischen prangt Putins geschminktes Konterfei auf Protestplakaten bei Friedensdemos in Hamburg, eine Millionen-Yacht, die mutmaßlich ihm gehört, lief kurz vor dem Überfall auf die Ukraine eilig aus dem Hafen aus und sein einstiger Eierlikör-Süffelpartner Udo nennt ihn einen „irren Kamikaze-Piloten“.