Nach jahrelangem Hickhack: Hamburger Traditionscafé verschimmelt
Was wird aus dem leerstehenden, fast 70 Jahren alten „Café Seeterrassen“ in Planten un Blomen? Mitte 2020 erklärte Messe-Chef Bernd Aufderheide zum Entsetzen vieler Hamburger, dass man das in die Jahre gekommene Gebäude am liebsten durch einen Neubau ersetzen würde. Bisher rückten aber weder Abrissbagger noch Renovierungstrupps an. Seit zwei Jahren geschieht: nichts.
Der Zustand des einst eleganten 50er-Jahre-Pavillons, in dem Generationen von Hamburgern Kaffee getrunken und später wilde Partys gefeiert haben, wird immer dramatischer. Lesen Sie mehr mit MOPO+ – jetzt vier Wochen lang testen für nur 99 Cent!
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Das „Café Seeterrassen“ in Planten un Blomen (St. Pauli) ist so verschimmelt, dass nun doch der Abriss droht: Der einst elegante 50er-Jahre-Pavillon, in dem Generationen von Hamburgern Kaffee getrunken und später wilde Partys gefeiert haben, darf inzwischen nur noch in Schutzanzügen betreten werden, wie der Senat mitteilt.
Was wird aus dem leerstehenden, fast 70 Jahren alten Café am Parksee? Mitte 2020 erklärte Messe-Chef Bernd Aufderheide zum Entsetzen vieler Hamburger, dass man das in die Jahre gekommene Gebäude am liebsten durch einen Neubau ersetzen würde. Bisher rückten aber weder Abrissbagger noch Renovierungstrupps an. Seit zwei Jahren geschieht: nichts.
Hamburg: „Café Seeterrassen“ in Planten un Blomen verschimmelt
Was Hamburg tut, um die „Seeterrassen“ vor weiterem Verfall zu retten, wollte die CDU nun in einer Senatsanfrage wissen. Knappe Antwort: Als einzige Maßnahme wurde ein Bauzaun aufgestellt und das Gebäude wird täglich kontrolliert, aber nur von außen, wegen des Schimmels.
Dr. Anke Frieling, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, wittert Methode: „Schon 2020 wollte die Stadt beziehungsweise die Messe das ,Café Seeterrassen‘ aufgrund des schlechten Zustands abreißen, nun hat man zwei weitere Jahre dem Verfall zugesehen. So besorgt man sich durch einfaches Nichtstun die nötigen Argumente für die eigenen Pläne – Abriss und Neubau. Diese Ignoranz gegenüber der eigenen Bau- und Architekturgeschichte ist einfach nur ein Trauerspiel!“
Dabei wurde im Oktober 2021 bei einem Runden Tisch mit Bezirksamt Mitte, Messe, Architektenkammer und Denkmalschutzverein wenigstens eine „kreative Zwischennutzung“ beschlossen. Die „Hamburg Kreativ Gesellschaft“, die einziehen sollte, bekam dann aber doch eine Absage. „Das Gebäude kann nur noch mit Schutzkleidung betreten werden. Eine Zwischennutzung ist aus gesundheitlichen Gründen daher nicht möglich“, heißt es in der Senatsantwort an die CDU.
Kristina Sassenscheidt vom Denkmalschutzverein zeigt sich entsetzt über den fortschreitenden Verfall: „Das ,Café Seeterrassen‘ sollte dringend saniert werden, denn mit seiner eleganten Architektur der Nachkriegszeit ist es unverzichtbar für das Parkdenkmal Planten un Blomen. Der Schimmelbefall steigert die Kosten für die Steuerzahlenden – unabhängig davon, ob das Gebäude abgerissen oder saniert würde.“
Seit Jahren wird gestritten um den Flachbau mit dem geschwungenen gelben Schriftzug, der – wie ganz Planten un Blomen – der Hamburg Messe und Congress GmbH gehört. Tatsächlich ist der einstige Glanz verblasst, zuletzt fanden in den Räumen 80er-Jahre-Feten und „Fisch sucht Fahrrad“-Singlepartys statt. Diverse Umbauten verhinderten, dass der Pavillon – so wie der umgebende Park – unter Denkmalschutz gestellt wurde.
„Café Seeterrassen“: Hamburger verbinden emotionale Erinnerungen mit dem dem Café
Trotzdem: Viele Hamburger verbinden emotionale Erinnerungen mit dem „Café Seeterrassen“. Der Sprecher der Hamburger Architektenkammer startete 2020 eine Petition zur Rettung des Nachkriegsbaus, der ehemalige Leiter des Denkmalschutzamtes sprach damals von einem „wichtigen Zeitzeugnis der Nachkriegsmoderne“.
Es wurde geargwöhnt, dass die Messe dort etwas bauen würde, was nur noch geladenen Messegästen offenstehen würde und nicht wie einst das „Café Seeterrassen“ allen Parkbesuchern. Von Seiten der Messe wurde allerdings stets beteuert, dass man die Öffentlichkeit keinesfalls ausschließen wolle.
Ob das alte „Café Seeterrassen“ überhaupt noch eine Chance hat? Seit Juli 2021 erstelle die Stadtentwicklungsgesellschaft Steg eine „Machbarkeitsstudie“, erklärt der Senat, dabei seien „neue Fragestellungen“ aufgetaucht. Ende des Sommer 2022 könne man mit Ergebnissen rechnen. Neben Erhalt und Teil-Neubau sei weiterhin auch der Abriss des Pavillons denkbar.
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Das „Café Seeterrassen“ wurde im Rahmen der Internationalen Gartenbauausstellung 1953 in Planten un Blomen errichtet. Entworfen hat den Pavillon mit der hellen Steinfassade, den große Glasflächen und den geschwungene Treppen der Architekt Ferdinand Streb, der nach dem Krieg auch den Alsterpavillon und das Springer-Verlagshaus schuf und an den Grindelhochhäusern beteiligt war. Derzeit fällt sein Werk dem Schimmelpilz anheim.