Mit der Bundespolizei am Hamburg Airport: Auf der Jagd nach Impfpass-Fälschern
14 Sekunden. So schnell kann es gehen. Oft dauert die Kontrolle aber länger. Die Menschen am Terminal 2 des Hamburger Flughafens stehen in Reih und Glied, viele so ungeduldig, wie in der Freibad-Schlange im Sommer. Nur wartet am Ende keine Abkühlung, sondern der Zutritt nach Deutschland. Für einige Heimat, für andere nur Zwischenstation. In jedem Fall ist es das Revier der Bundespolizei. Sie kontrolliert, überprüft, sichert. Sind die Pässe gültig? Wird nach der Person gefahndet? Neuerdings dreht es sich auch um die Frage: Ist der Impfpass echt oder gefälscht? Für die Beamten ist es ein Balanceakt zwischen genervten Blicken, Ärger und Akzeptanz.
Mittwoch, 2. März. Zwei Tage vor Beginn der Schulferien. „Die Ruhe vor dem Sturm“, sagt Marcus Henschel. Er ist Bundespolizist und Pressesprecher der Beamten am Hamburger Flughafen. 2019, im Jahr vor Corona, haben die Grenzschützer 4,1 Millionen kontrollpflichtige Menschen im Blick gehabt, die meisten davon auch überprüft. 2021 waren es 1,3 Millionen – dank Pandemie und Reise-Unsicherheit flogen weniger Menschen als sonst in den Urlaub.
Hamburg Airport: Auf der Jagd nach Impfpass-Fälschern
Dieses Jahr ändert sich das wieder, so zumindest die Prognosen. Die Airport-Leitung rechnet mit bis zu 30.000 an- und abreisenden Fluggästen in der kommenden Märzferien-Zeit. Eine Sprecherin: „Das entspricht im Durchschnitt bis zu 58 Prozent der Passagierzahlen von 2019.“ Bis zu 120 Mal werden Flieger abheben und landen. „Wir spüren, dass die Norddeutschen nach einem langen Winter wieder in die Sonne verreisen.“ Beliebt: die Kanaren, Mallorca.
- Deutsch (Deutschland)
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14 Sekunden. So schnell kann es gehen. Oft dauert die Kontrolle aber länger. Die Menschen am Terminal 2 des Hamburger Flughafens stehen in Reih und Glied, viele so ungeduldig, wie in der Freibad-Schlange im Sommer. Nur wartet am Ende keine Abkühlung, sondern der Zutritt nach Deutschland. Für einige Heimat, für andere nur Zwischenstation. In jedem Fall ist es das Revier der Bundespolizei. Sie kontrolliert, überprüft, sichert. Sind die Pässe gültig? Wird nach der Person gefahndet? Neuerdings dreht es sich auch um die Frage: Ist der Impfpass echt oder gefälscht? Für die Beamten ist es ein Balanceakt zwischen genervten Blicken, Ärger und Akzeptanz.
Mittwoch, 2. März. Zwei Tage vor Beginn der Schulferien. „Die Ruhe vor dem Sturm“, sagt Marcus Henschel. Er ist Bundespolizist und Pressesprecher der Beamten am Hamburger Flughafen. 2019, im Jahr vor Corona, haben die Grenzschützer 4,1 Millionen kontrollpflichtige Menschen im Blick gehabt, die meisten davon auch überprüft. 2021 waren es 1,3 Millionen – dank Pandemie und Reise-Unsicherheit flogen weniger Menschen als sonst in den Urlaub.
Hamburg Airport: Auf der Jagd nach Impfpass-Fälschern
Dieses Jahr ändert sich das wieder, so zumindest die Prognosen. Die Airport-Leitung rechnet mit bis zu 30.000 an- und abreisenden Fluggästen in der kommenden Märzferien-Zeit. Eine Sprecherin: „Das entspricht im Durchschnitt bis zu 58 Prozent der Passagierzahlen von 2019.“ Bis zu 120 Mal werden Flieger abheben und landen. „Wir spüren, dass die Norddeutschen nach einem langen Winter wieder in die Sonne verreisen.“ Beliebt: die Kanaren, Mallorca.
Terminal 2, 9.59 Uhr: Auf Bundespolizisten in der Kontrollbox scheint nur grelles, künstliches Licht, das Tageslicht leuchtet den ums Ecke gehenden Flur hinauf, dies haben nur die Reisenden im Rücken, die vom „Finger“ – so nennt sich der Tunnel, über den die Passagiere vom Flugzeug ans Gate gelangen – aus in Richtung der Boxen kommen. Es wird schnell voll. Nach der Abfertigung eines dünn besetzten Fliegers aus Dublin folgen nun zwei rappellvolle aus Istanbul. 300 Menschen, die meisten tragen FFP2-Masken und haben ihre Dokumente, Pässe bereit, stellen sich an.
„Grundsätzlich haben die Reisenden Verständnis für die Kontrolle, auch hinsichtlich der Corona-Regeln“, erklärt Henschel. Anfangs hätte es noch größeren Unmut gegeben, da sei „Ungeduld zu spüren gewesen“. Jetzt kämen die meisten gut vorbereitet an. „Große Probleme mit Corona-Verweigerern haben wir hier nicht. Die Kollegen sind aber natürlich sensibler geworden, schauen zweimal hin.“ Dass die Kontrolle im Zweifel wegen Corona länger dauert, da bitten die Beamten um Verständnis. „Umso wichtiger ist es, dass die Reisenden gut vorbereitet an die Box kommen.“
Gute Vorbereitung bedeutet: Einen der 3G-Nachweise und die digitale Einreiseanmeldung bereithalten. Zu der Zeit galt die Türkei noch als Hochrisikogebiet. Seit Donnerstag gibt es die Anmeldungspflicht nicht mehr. 3G bleibt aber.
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Hatten Reisende zu Corona-Regeln-Beginn die Einreiseanmeldung noch verzettelt, unbedacht in den Koffer gepackt oder verlegt, haben die allermeisten nun alles Nötige parat. Die zwei Box-Beamtinnen arbeiten auf Hochtouren; etwa wie an der Kasse im Supermarkt, scannen sie Dokumente ab, kontrollieren, sichten, vermitteln.
Sind Grenzschützer eigentlich zu einer eher verhaltenen und kühlen Art angehalten? Ein Beamter: „Nein. Aber es ist egal, wie freundlich man ist oder eben nicht. Oft sind wir der Prellbock; machen wir Smalltalk, geht es einigen nicht schnell genug.“ Er beobachtet die Lage vor der Box, schaut seinen Kolleginnen über die Schulter, hilft, wenn nötig.
„Was ist das?“, fragt ein Mann, der ziemlich ahnungslos aussieht. „Die Einreiseanmeldung“, antwortet die Beamtin. Er: „Ach, Sie meinen PCR?“ Die Bundespolizistin deutet auf den Zettel mit dem Hinweis. Der Mann versteht. Und trägt keine Maske. „Bitte aufsetzen“. Etwas widerwillig kommt der Mann dem dann nach. „Ja, ja. Is‘ ja gut.“ Ein anderer hat ein Visier um die gepunktete Glatze gebunden. Aber alles korrekt: „Ich hatte ’ne Haar- und Barttransplantation.“
Neben der 24-stündigen Sicherung des Flughafens, der Ein- und Ausreisekontrolle sind die Bundespolizisten auch eines: Vermittler: Sie helfen, weisen auf ablaufende Aufenthaltstitel oder veraltete Passfotos hin. Wer vor der Abreise merkt, dass sein Reisedokument abgelaufen ist, bekommt in vielen Fällen einen Ersatz ausgestellt.
Besondere Aufmerksamkeit müssen die Beamten dieser Tage aber auch auf die Kontrolle der Impfpässe richten: Es kommt, so die Erkenntnis der Bundespolizei, immer öfter zu Feststellungen von Fake-Pässen. Im vergangenen Jahr war es sogar das von den Beamten meist registrierte Vergehen am Airport. Wird Hilfe gebraucht, kann auf Personal aus Hannover zurückgegriffen werden. Henschel: „Wir erstellen hier nur eine Strafanzeige, die Endsachbearbeitung übernimmt die Landespolizei.“ Die gründete eine Soko mit dem Namen „Merkur“. Im vergangenen Jahr ermittelten die Beamten in mehr als 840 Verfahren. Seit Anfang dieses Jahres sind es nach MOPO-Informationen schon 489.
Zu den zwei Maschinen aus Istanbul kommen nun die Passagiere eines Fliegers aus London hinzu. Es ist 10.35 Uhr. Kein Ende in Sicht. Die Beamtinnen in der Box arbeiten weiter zuverlässig, schnell. Und sie bleiben freundlich. Auch als um kurz vor 11 Uhr ein älteres Paar an den Schalter kommt und einen Impfpass vorliegt, der sofort Auffälligkeiten zeigt. Nach einer kurzen Überprüfung das Ergebnis: Er ist wohl gefälscht. Die Pass-Besitzerin: „Das kann nicht sein. Ich reise immer damit.“
Die Box-Beamtin begleitet die Frau zum Gruppenleiter-Raum auf der anderen Seite des Raumes. Sie überprüft den Stempel und kontaktiert die Arztpraxis. Dort wird der Beamtin mitgeteilt, dass der Stempel vor etwa fünf Monaten gestohlen worden ist. Ein Scan der im Impfbuch getätigten Unterschrift wird an die Ärztin gesendet. Henschel: „Sie erkannte sofort, dass es sich nicht um ihre Unterschrift handelte. Das Impfbuch wurde sichergestellt.“ Kurios: Die Frau hatte einen gültigen Genesenennachweis, hätte diesen vorzeigen können. Nun erwartet sie ein Strafverfahren.
So viele Bundespolizisten arbeiten am Flughafen Hamburg
Für die Beamtin, eine von insgesamt 300 Bundespolizisten am Hamburger Flughafen, nur ein kurzer Zwischenstopp, es geht gleich weiter ans Kontrollieren. Einige Ukrainer, manche allein, andere mit Kindern, sind auch dabei, die über die Türkei ihre Heimat verlassen haben, nur Handgepäck in den Händen, vielleicht ein Teddybär. Der Krieg und seine Folgen. Auf der Anzeigetafel sind die nächsten Flüge aufgelistet. Keine Pause. Immer weiter. Am Ende der Schlange scheint nun immerhin die Sonne durchs Glas. Noch immer kein Freibad-Becken. Dafür die nächsten Passagiere.