Auch in Hamburg: Radio sendet russische Propaganda – EU prüft Verbot
Vielleicht ist Ihnen das Programm beim Zappen im Radio schon einmal aufgefallen: Bereits seit 2015 ist Mega Radio in Hamburg auf Sendung. Eigentlich soll dort aktuelle Popmusik laufen, seit einiger Zeit aber macht sich auch die russische Nachrichtenagentur Rossija Segodnja auf Mega Radio breit. Deren Sendungen kommen direkt vom russischen Staat – und nehmen es mit Tatsachen nicht immer so ganz genau.
- Deutsch (Deutschland)
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Vielleicht ist Ihnen das Programm beim Zappen im Radio schon einmal aufgefallen: Bereits seit 2015 ist Mega Radio in Hamburg auf Sendung. Eigentlich soll dort aktuelle Popmusik laufen, seit einiger Zeit aber macht sich auch die russische Nachrichtenagentur Rossija Segodnja auf Mega Radio breit. Deren Sendungen kommen direkt vom russischen Staat – und nehmen es mit Tatsachen nicht immer so ganz genau.
Auf den ersten Blick wirkt das Programm wie das einer handelsüblichen Nachrichten-Radiostation. Gespräche zum Ukraine-Krieg, zur Politik der Bundesregierung oder zu medizinischen Themen, alle 30 Minuten unterbrochen von Nachrichten – so ging am Montagvormittag die Sendung „Berlin Live“ bei Mega Radio über den Sender.
Auch „Basta Berlin“ war zu hören, ein Format, in dem die beiden Moderatoren in lockerer, teils polemischer Art und Weise Aktuelles kommentieren. Allein: Diese Sendungen dürften dort gar nicht laufen. Sie stehen sogar im Blickfeld eines möglichen Verbots durch die EU.
Wegen Kreml-Propaganda: EU prüft Sputnik-Verbot
Denn bei „Berlin Live“ und „Basta Berlin“ handelt es sich um Übernahmen aus dem deutschsprachigen Radioangebot der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Rossija Segodnja, die hierzulande auch als Sputnik oder SNA auftritt. „Sachlich, nah, ausgewogen“ lautet der Slogan des deutschen SNA-Programms. Die EU allerdings sieht in den Inhalten allerdings ein zentrales Propagandainstrument des Kreml. Verbreitet würden, genau wie bei dem TV-Sender RT, keine Nachrichten, sondern vor allem Verschwörungstheorien und Desinformationen.
Aktuell prüft die EU deshalb ein Verbot von RT und Sputnik/SNA, das noch von den Mitgliedsstaaten selbst umgesetzt werden müsste. Für Mega Radio könnte dies schwere Folgen bedeuten: SNA gilt als größter Geldgeber des Programms. Überhaupt ist Mega Radio bei der für Hamburg zuständigen Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) nur als Musiksender zugelassen.
Davon war am Montag jedoch wenig zu hören: Nur elektronische Instrumentalstücke unterbrachen immer mal wieder das Wortprogramm. Ein überwiegender Anteil an Nachrichten ist eigentlich nicht vorgesehen – so tritt Mega Radio fast schon als moderner „Piratensender“ auf.
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Erst im vergangenen Dezember hatte die MA HSH eine von SNA zugelieferte Meldung über „Nebenwirkungen und Todesfälle im Zusammenhang mit den COVID-19-Impfungen“ beanstandet. Dort hätten entscheidende Informationen gefehlt, was den journalistischen Grundsätzen widerspräche. Die MA HSH sah darin einen Verstoß gegen den Medienstaatsvertrag.
Einige der Inhalte, die am vergangenen Wochenende bei Mega Radio zu hören waren, boten durchaus Stoff für neue Prüfungen. Ob sich die Linkspartei nicht freuen würde, falls „Papa Putin“ die früheren deutschen Regierungschefs Gerhard Schröder (SPD) und Angela Merkel (CDU) in Russland festhalten würde, hieß es in einer Sendung. Und: Die Meinungsfreiheit werde offenbar bewusst für SNA-Angestellte eingegrenzt, mutmaßten die Moderatoren. Auch die Maskenpflicht, Impfungen und Corona-Demos waren Thema. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wurde offen damit angeworben, dass er bei SNA diejenigen Menschen erreiche, die über einen „nicht ausreichenden Impfstatus“ verfügten. Die Rechtfertigung der Moderatoren: Man würde nur Vermutungen äußern, Fragen stellen oder einfach Satire betreiben.
Wegen Sputnik: Berlin entzog Mega Radio Sendelizenz
Auch in anderen Bundesländern ist Mega Radio schon negativ aufgefallen. In Berlin musste das Programm 2019 sogar den Betrieb einstellen, weil die dortige Medienanstalt aufgrund der SNA-Inhalte die Sendelizenz entzog. Mega Radio sei zu stark von Rossija Segodnja abhängig, um als eigene Veranstalterin zu gelten – und für staatlichen Rundfunk werden in Deutschland keine Lizenzen erteilt.
In Hessen bekam Mega Radio dennoch die Erlaubnis, mit SNA-Inhalten im Digitalradio zu starten. Auch die Ableger Mega Radio Bayern, Mega Radio Mix und Mega 80’s dürfen ihr Programm offiziell in Deutschland verbreiten.